Gentechnik und Demokratie

Am Dienstag stand unser Antrag auf Schaffung einer gentechnikfreien Region Greifswald auf den Tagesordnungen der Ausschüsse für Bauen und Umwelt (BU) sowie Wirtschaft und Kultur (WK).

Der Ablauf der Sitzungen und der Diskussionen zeigte wieder einmal deutlich, wie bürgerschaftliche Arbeit in weiten Teilen aussieht.

Im Vorfeld hatte die Bürgerschaftsfraktion Bündnis90/Grüne/ok aus sitzungsökonomischen Gründen eine gemeinsame Sitzung der beiden Ausschüsse zu diesem Tagesordnungspunkt gefordert. Dieses Ansinnen wurde abgelehnt. Anders als im WK-Ausschuss wurde dem Agrar-Experten Burkhard Rohloff (BUND) und Herrn Schulz, der auf etwa 650 ha städtischer Flächen den ökologisch ausgerichteten Landwerthof Stalbrode betreibt, das Rederecht im BU-Ausschuss verweigert. Für Axel Hochschild, CDU-Fraktionsvorsitzender, einen ganz normaler demokratischen Vorgang. Das dem Gentechniklobbyisten Dr. Heinrich Cuypers vom Biocon Valley Verein im Biotechnikum vor einem Jahr bei der Behandlung unseres ersten Antrages – ganz ohne Abstimmung – Rederecht eingeräumt wurde, daran wollte oder konnte sich der Fraktionschef nicht erinnern.

Es war also wie immer!

Passen Redner oder Themen der CDU in ihr Konzept der Konzeptlosigkeit, sorgt man für das Rederecht. Wenn nicht, droht der Ausschluss von der Debatte.

Eigentlich soll in den Ausschüssen inhaltlich diskutiert werden, gelesen hatte die Vorlage zur Gentechnik aber fast niemand. Eine wirkliche Diskussion konnte daher nicht aufkommen. Was zwangsläufig folgte, war eine teilweise hitzige, aber Dr. Ralf Döring, Mitglied d. Bürgerschaftvorzugsweise platte Gesprächsrunde mit nicht zum Thema gehörenden Statements. Besonders hervor tat sich dabei der Ausschussvorsitzende Jürgen Liedtke. Mit erhobener Stimme geißelte er den Antrag als Forschungsverhinderung für das Biotechnikum. Nach einem solchen Beschluss, orakelte Liedtke, würden junge Wissenschaftler abgeschreckt einen großen Bogen um Greifswald machen.

Sein Beitrag, nichts weiter als pure Polemik. Denn keines der im Biotechnikum ansässigen Unternehmen forscht im Bereich der grünen Gentechnik.

War Ausschussvorsitzender Liedtke überfordert oder redete er absichtlich am Thema vorbei? In dieser Diskussion schien er jedenfalls überfordert und fehl am Platze.

Auch das Immobilienverwaltungsamt hatte eine Stellungnahme beigesteuert. Die las sich, als hätte ein Lobbyist der Gentechnikindustrie die Feder geführt. Der Text strotzt vor nicht belegten Behauptungen und Pauschalierungen.

Ungläubiges Erstaunen rief dann die Aussage einiger CDU-Vertreter hervor, man müsste mehr Informationen haben, um etwas zum Antrag sagen zu können. Vorher haben sie denen das Rederecht verweigert, die ihnen Auskunft hätten geben können. Dem ganzen die Krone setzten dann im WK-Ausschuss Wilfried Zink und Matthias Horn auf. Sie beklagten die Einseitigkeit der Redebeiträge. Vor einem Jahr als Herr Cuypers geredet hat, habe ich diese Aussage von ihnen nicht gehört. Dafür nutzte JU-Bundesvorständler Horn die Gelegenheit einmal mehr, sich als neoliberalen Marktfetischisten zu outen.

So ist das eben mit der Greifswalder Demokratie….

Ein Kommentar bei „Gentechnik und Demokratie“

  1. Daß Dr. Cuypers damals geredet hat, kann ich nur bestätigen. Jürgen Liedtke leitete den Tagesordnungspunkt „Gentechnikfreie Zone“ damit ein, daß zuallererst ein Vertreter „aus der Forschung“ das objektiv Richtige und Wahre zum Thema sage. Ich mußte seinerzeit darauf bestehen, daß zunächst der Beschlußvorschlag eingebracht werden müsse und der Antragsteller Rederecht habe – also daß nach Satzung und Geschäftsordnung verfahren werde. Nur widerwillig ließ Jürgen, dem von Rainer, der sich immer drückt, der Vorsitz des gemeinsamen Auschusses überlassen worden war, die satzungsgemäße Einbringung zu, dann mußte aber sofort Dr. Cuypers reden, ohne daß der Ausschuß über das Rederecht vorher abgestimmt hätte.

    Kein Wunder, daß sich Axel nicht erinnern will: Es war ein zweimaliger, eklatanter, bewußter Verstoß gegen die Regeln der Bürgerschaft! Jürgen Liedtke bewies damit, daß er derselben Partei angehört wie der Präsident der Bürgerschaft…

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