Stern- und Lehrstunde(n) – die CDU im Abschwung

Der erste Teil der letzten Bürgerschaftssitzung hatte es – nicht nur inhaltlich – in sich. Schon im nichtöffentlichen Teil kündigte Bürgerschaftspräsident Liskow an, hart durchgreifen zu wollen. Was wundert es da, dass das enfant terrible der Lokalpolitik

Michael Steiger, Mitglied d. Bürgerschaft
Michael Steiger, Mitglied d. Bürgerschaft

dann auch vom, wie fast immer überforderten und leicht reizbaren Liskow, CDU, zwei Ordnungsrufe erhielt.  Der ehemalige Versicherungsverkäufer meinte Beleidigungen erkannt zu haben, wo es lediglich eine Tatsachenbehauptungen gab und dem Sozialdezernenten, dem selbst der sozialdemokratische Nachwuchs nachsagt, er würde in Teilen nur „heiße Luft“ produzieren, den Rücktritt nahelegte .

Aber der Reihe nach. Der Antrag zur Rettung des Theaters ging mit einer Gegenstimme durch. Ebenso wurde der Antrag zum Vergleich mit den Beratern zum WVG-Anteilskauf angenommen. Während Sebastian Rathjen, FDP, erklärte, seine Zustimmung zum Verkauf sei ein Fehler gewesen, redete der Malermeister und CDU-Fraktionsvorsitzende Axel Hochschild weiter einem Verkauf das Wort. Hochschild – mit puterroten Kopf – durfte in der Folge seine Demontage als Fraktionsvorsitzender der Mehrheitsfraktion erleben. Es scheint verdammt einsam um den einst vermeintlich mächtigen Mann der örtlichen CDU, der sich, einem bockigen Kind gleich, seinem Schicksal entgegenstemmen wollte, geworden zu sein.

Eine erste Niederlage erlebte er bei der Beschlussfassung zur Änderung der Abfallgebührensatzung. Die sonst geschlossene abstimmende Fraktion, verweigerte ihm in Teilen die Gefolgschaft. So wurde die Vorlage von Grüne/ok, Linke und SPD – wenn auch denkbar knapp – in namentlicher Abstimmung angenommen.  Eine Sternsekunde der Demokratie erschien am bürgerschaftlichen Firmament, als der ehemalige Versicherungsvertreter Egbert Liskow auf die Forderung nach namentlicher Abstimmung mit dem Verweis reagierte, dass es sich nicht ziemen würde, den Bürgerschaftspräsidenten zu kritisieren. Ähnliches wäre wohl vom längst verblichen Erich Honecker zu vernehmen gewesen, welcher der Partei vorstand, die immer Recht hatte. Dabei fiel gerade dieser Bürgerschaftspräsident in der Vergangenheit – nicht nur einmal – dadurch auf, dass er des Zählens im Bereich bis 42 nur eingeschränkt mächtig scheint. Doch es ist Wahlkampf – gottlob – und es zeigt sich, dass der Kitt der die CDU-Fraktion zusammenhielt im Laufe der Zeit porös geworden ist. Denn dies sollte  nicht die einzige Niederlage, des sonst so erfolgsverwöhnten Malermeisters werden. Wenn es denn – in gewissen Kreisen – nicht verpönt wäre, könnte man sagen, die Nagetiere mit dem langen, unbehaarten Schwanz würden das sinkende Schiff verlassen.

Während der Guttenberg der Greifswalder CDU Matze Horn, der wie der Bundeswirtschaftsminister vornehmlich durch seine Kleidung auffällt, ansonsten eher durch inhaltsleeres Gerede in Erscheinung tritt, gegen die Umwidmung des Ladebower Hafens polemisierte, fiel ihm sein Fraktionskollege, der Wiecker Fischhändler Kruse, der noch in der vergangenen Woche gegen das von der BI Ladebower Hafe vorgestellte Projekt votierte, in den sprichwörtlichen Rücken. Die Einheitsfront der Christdemokraten war neuerlich gebrochen – und der oberste Wirtschaftsförderer Nordvorpommerns einmal mehr seiner Unkenntnis überführt.

Ähnliches geschah bei der Abstimmung zur Kindertagesbetreuungskonzeption. Der marktradikale Hardliner Hochschild  lehnte die Vorlage, die auch das 5-Punkte-Programm von Bündnis90/Grüne enthielt, rundweg ab.  Denn es sind nicht unsere Kinder, allenfalls ihre und meine, entgegnete er dem sozialdemokratischen Fraktionsvorsitzenden, der sich ebenfalls für den Antrag einsetzte. Soviel zum solidarischen Verständnis des Malermeisters. Auch hier verweigerten zahlreiche seiner Fraktionsmitglieder die Gefolgschaft.

Während die Abstimmung zur Bestellung eines Ombudsmannes der ARGE in die Ausschüsse vewiesen wurde, fielen die Christdemokraten in Sachen Betreiberkonzept zur Stadthalle wieder in alte Verhaltensmuster zurück und stimmten geschlossen gegen die Vorlage konkreter, belastbarer Zahlen. So kurz vor dem Wahltermin wäre es auch ein schlechtes Signal gewesen, hätte man denn doch erstmals eingestehen müssen, auch das Vertrauen in den OB verloren zu haben. Aber wie Rom, welches bekanntlich auch nicht an einem Tag erbaut wurde, ist der Weg vom nibelungentreuen Vasallen zum Demokraten nicht innerhalb kürzester Zeit zu bewerkstelligen.

Am Ende der Sitzung stand Malermeister Hochschild ziemlich düpiert da. Vielleicht haben ja doch weite Teile der CDU-Fraktion endlich bemerkt, dass ihr bisheriges Handeln in der Bürgerschaft und ihre Unterwerfung unter den Fraktionszwang der Entwicklung der Stadt eher geschadet, denn genützt hat. Vielleicht haben die Abtrünnigen aber auch nur den Wahlkampfslogan der CDU verinnerlicht und wollen nun tatsächlich mit „Herz und Verstand für Greifswald “ agieren.

Spätestens am 8.Juni, wenn die Bürgerschaftssitzung, die nach fast 7,5 stündiger Sitzungsdauer unterbrochen wurde, fortgesetzt wird, ist zu erfahren, ob die gestrige Bürgerschaftssitzung nur ein kleines demokratisches Strohfeuer einiger weniger CDU-Abgeordneter war.

3 Kommentare bei „Stern- und Lehrstunde(n) – die CDU im Abschwung“

  1. Sehr geehrter Herr Steiger,

    wie immer beleidigend und polemisch. Etwas anderes bin ich von Ihnenauch die letzten Jahre nicht gewohnt.
    Das Sie sich aber ausgerechnet das Abfallgebührenkonzept auf die Fahnen schreiben wollen, grenzt schon an Frechheit. Als langjähriger Vorsitzender der Ortsteilvertretung Schönwalde I / Südstadt habe ich mich seit 10 Jahren für eine gerechtere Verteilung der Abfallgebühren eingesetzt (nachzulesen in zahlreichen Bürgerschaftsprotokollen und Zeitungsartikeln). Torpediert wurde das jahrelang unter anderem von Ihrer Fraktion, weil diese die Abfallvermeidung fördern wollte und deshalb jahrelang in Kauf genommen hat, daß gerade die Bürger der Neubaugebiete ungerecht behandelt wurden.
    Aber jetzt so kurz vor der Kommunalwahl sieht die Sache natürlich anders aus – da ist Ihnen jedes Mittel recht, um beim Wäler zu punkten – da wirft man auch mal schnell die eigenen jahrelang gewachsenen Überzeugungen über Bord.
    Ich jedenfalls bin nicht meinem Fraktionsvorsitzenden in den Rücken gefallen, sondern habe so abgestimmt, wie ich es von Anfang an in dieser Frage getan habe – für ein gerechteres Müllsystem!!!

    Markus Jülich

  2. Sehr geehrter Herr Jülich,
    es ist ja unbestritten, dass Sie in Sachen Abfallgebühren der Stachel im Fleische ihrer Fraktion waren und häufig, wenn es um die gerechte Verteilung der Gebühren ging, in dieser Frage gegen ihre Fraktion stimmten. Insoweit müssen Sie sich diesbezüglich auch nicht gemeint fühlen. Es war aber eben auch nicht ihre Fraktion, die den entsprechenden Beschluss, wie jedermann im Ratsinformationssystem auf der Homepage der Stadt nachlesen kann, eingebracht hat. Dies waren nun einmal SPD, Grüne/ok und Die Linke.
    Ihr nicht minder polemischer Kommentar, der hinsichtlich der Darstellung der Haltung der Fraktion Grüne/ok nicht unbedingt der Realität entspricht, sei Ihnen nachgesehen. Schließlich ist Wahlkampf, und was wäre dieser ohne Polemik?
    Es grüßt Sie ganz kollegial
    Ihr Michael Steiger

    http://ratsinfo.greifswald.de/ratsinfo/pdf15727.pdf?b=15727&m=443&n=Vm9ybGFnZW5kb2t1bWVudF8ob2VmZmVudGxpY2gpXw==&t=14

  3. Sehr geehrter Herr Steiger,

    mein Kommentar, was die Haltung Ihrer Fraktion zu den Abfallgebühren betrifft ist leider nicht polemisch, sondern über Jahre erlebte Realität – auch nachzulesen in den zahlreichen Bürgerschaftsprotokollen, die sich mit diesem Thema beschäftigen.
    Selbst als Thomas Meyer noch ein Grüner war, habe ich mit diesem schon Streitgespräche geführt, genauso wie Herr Bittner sich oft genug zu diesem Thema geäußert hat. Immer wurde seitens Ihrer Fraktion (wie im übrigen auch meiner 🙂 ) kritisiert, daß diejenigen, die viel Müll produzieren (und auch das gehört zur Wahrheit mit dazu – in den Neubaugebieten fällt pro Kopf mehr als doppelt soviel Müll an wie in Eigenheimen) durch eine Änderung entlastet werden und damit sich das Ziel der Müllvermeidung nicht in der Gebührenkalkulation wiederspiegelt.
    Im Übrigen sollte es sich herumgesprochen haben, daß ich meine politische Laufbahn beendet habe – deshalb muß ich keinem Wahlkampf stellen. Ich störe mich vielmehr daran, daß im Wahlkampf schnell mal jahrelange Überzeugungen über Bord geworfen werden, und das hat nichts mit Polemik zu tun, sondern ist doch durchaus belegbar!
    Allen Wahlkämpfern viel Erfolg.

    Markus Jülich

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