Wer gehofft hatte, der grüne Wahlkampf würde durch die Wahlen in vier Bundesländern am 30.8. gebremst werden können, wurde enttäuscht. Die Ergebnisse liegen überall im oberen Drittel des Erwartungshorizontes.
Aus unserer Sicht besonders erfreulich ist das Abschneiden in Thüringen. Der stärkste grüne Zuwachs von 1,7 Prozentpunkten erfolgte in dem Bundesland, das von den vier betroffenen Mecklenburg-Vorpommern strukturell am ähnlichsten ist. Als Spitzenwerte ragen das mit der Stadt Greifswald am ehesten vergleichbare Weimar und Jena-West mit jeweils 15% heraus. Als besonderes Bonbon ergab sich eine Sitzverteilung, in der grüne Stimmen seitens Rot-Rot nicht gebraucht werden, was einige schwierige Debatten erspart. Außerdem zeigte sich, dass höhere Wahlbeteiligungen sich nicht negativ für Grün auswirken.
Auch in Sachsen ist der Zuwachs mit 1,3 Prozentpunkten sehr ordentlich, nur fällt hier der erneute Einzug der NPD in den Landtag negativ ins Gewicht. Hier gibt es also noch einiges zu tun, damit die Mecklenburger und Pommern das 2011 besser hinbekommen als die Sachsen. Im Wahlkreis Dresden 3 erreichte der grüne Kandidat Johannes Lichdi (übrigens ein gelernter Wessi) 22,3% der Erststimmen und immerhin Platz 2. Die in Thüringen nicht angetretenen Piraten kamen in Sachsen auf 1,9%, so dass man annehmen kann, dass etwa ein Viertel von diesen Stimmen ansonsten auf Grün entfallen wäre. Auch die Hochburgenstruktur ist nahezu deckungsgleich.
Bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen ergibt sich naturgemäß ein differenziertes Bild, das landesweite Resultat von 12% ist jedoch eine Menge und gibt berechtigten Anlass zur Hoffnung, dass das grüne Bundesergebnis am 27.9. eine ähnliche Größenordnung erreichen wird (NRW liegt in der Regel nahe am grünen Durchschnitt). Vor allem die Zentren werden immer grüner. In der Kölner Innenstadt liegen Grüne in allen sechs Wahlbezirken vorne. Und unser Moritz darf sich über einen Zuwachs von drei Prozentpunkten in Wuppertal freuen, wo es selbst in einer für Grüne strukturell nicht einfachen Stadt für 15% gereicht hat.
Problematisch ist allerdings das Saarland. Der eher bescheidene Zuwachs ist in einem Land, das sowieso schon häufig deutlich vom Bundestrend abgewichen ist, noch hinnehmbar. Die Schlüsselposition bei der Regierungsbildung stellt jedoch eine knifflige Aufgabe dar. Soll man Rot-Rot unterstützen und damit nicht nur zwei Kohleparteien, sondern auch den erwiesenen Destruktivling und Grünenhasser Lafontaine? Oder soll man es mal mit Jamaika probieren, was vor allem in der landespolitisch besonders bedeutenden Bildungspolitik kaum gutgehen wird? Hoffentlich wird Hubert Ulrich, den ich durchaus mit einiger Skepsis beurteile, keine einsame Entscheidung fällen, sondern wie angekündigt den Abwägungsprozess möglichst transparent machen. Und weil hier ein gänzlich neues Koalitionsmodell herauskommen wird, müssen dabei auch die Interessen der gesamten Partei berücksichtigt werden.
Im Saarland werden wir sehen, ob die Grünen lieber mit zwei Kohleparteien oder mit zwei Atomparteien koalieren wollen.
Also besser in die Opposition gehen und entweder zwei Kohleparteien oder zwei Atomparteien alleine das Ruder überlassen?
Wenn man das hier liest könnte man glauben die Grünen wollen Schwarz-Grün.