Beratung sieht anders aus

„Die Sache hat eine rechtliche, eine finanzielle und eine moralische Seite. Natürlich ist die Bundesagentur für Arbeit formal im Recht, wenn sie von Hartz-IV-Empfängern zu viel gezahltes Geld zurückverlangt.“ So beginnt ein Kommentar in der OZ von heute zu Berichten, Familien, Allein Erziehende und Studenten mit Kindern mit Sozialgeldansprüchen müssten mit Rückforderungsbescheiden rechnen. Grund ist das erhöhte Kindergeld zum 01.01.10, das auf ALG II bzw. Sozialgeld voll angerechnet wird und von der Bundesagentur für Arbeit zum Januar 2010 nicht berücksichtigt wurde.

Natürlich ist die Bundesagentur für Arbeit nicht im Recht. Sie muss müsste die Betroffenen umfassend beraten und die Angelegenheit von Amts wegen untersuchen, wobei sie auch für Betroffene günstige Umstände zu berücksichtigen hat hätte, so das Gesetz.

Dem kommt sie aber anscheinend nicht nach, wenn sie nicht auch darauf verweist, dass die Betroffenen Vertrauensschutz genießen. Aus einer Pressemitteilung des Diakonischen Werkes Vorpommern:

„Greifswald 25.01.10 Das Diakonische Werk – Landesverband – in der Pommerschen Evangelischen Kirche e.V. weist darauf hin, dass eventuelle Rückforderungsbescheide der Bundesagentur für Arbeit nicht widerspruchslos geduldet werden müssen. Überzahlungen beim ALG II, die aufgrund des erhöhten Kindergeldes erfolgt sind, müssen unter den gesetzlichen Bedingungen nicht generell zurückgezahlt werden.

„Erwerbsfähige Hilfebedürftige, die Rückforderungsbescheide der Bundesagentur für Arbeit bzw. der für sie zuständigen ARGE oder Sozialagentur erhalten, sollten gegen die Entscheidung Widerspruch einlegen“, sagte Bernd Röll, Geschäftsführer des Diakonischen Werkes.

Solche Bescheide dürfen nicht einfach zurückgenommen werden, mit der Folge, dass darauf erfolgte Zahlungen auch nicht erstattet werden müssen,…

Eine entsprechende Regelung im SGB X schütze das Vertrauen des Bürgers an Entscheidungen der Verwaltung, wenn wie hier die Betroffenen die Überzahlungen nicht selbst herbei geführt haben und das Geld ausgegeben wurde. Allen ALG II-Berechtigten müsse deshalb empfohlen werden, gegen die Rückforderung Widerspruch einzulegen. Die Behörden hätten dann jeden Einzelfall zu prüfen.

Im Übrigen schütze auch das Bürgerliche Gesetzbuch die Empfänger der Leistung, Darin heißt es: „Die Verpflichtung zur Herausgabe des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.“ Wer das Geld nicht mehr habe und darauf vertraut habe, dass es ihm gehöre, der müsse nicht zurückzahlen.“

Auch eine Aufrechnung des angeblich überzahlten Betrages mit laufenden Leistungen ist nicht gestattet.

2 Kommentare bei „Beratung sieht anders aus“

  1. Eine wichtige Ergänzung zu meinem Eintrag, der in der Aufforderung gipfelt, keinen Cent zurückzuzahlen. Gut erklärt!

    Ich meine, Alg 2-Betrüger sind jene, die das Durcheinander zu verantworten haben, denn sie betrügen alle Steuerzahler durch die in doppelter Hinsicht sinnlosen Kosten für die Geldrückholaktion, die die Verantwortlichen ganz selbstverständlich auf die Steuerzahler abwälzen. Die Steuerzahler – unter ihnen auch OZ-Redakteure – wiederum lassen sich das einfach so gefallen – weil sei keine Ahnung haben, weil es grundsätzlich die Alg 2-Berechtigten sind, die in Medien wie der OZ als Betrüger dargestellt werden.

  2. Vielen Dank für die ausgezeichneten Erklärungen. „Sie muss müsste die Betroffenen umfassend beraten und die Angelegenheit von Amts wegen untersuchen, wobei sie auch für Betroffene günstige Umstände zu berücksichtigen hat hätte, so das Gesetz.“ Ja, sie müsste, aber… 🙂

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