Der tägliche Grund, GRÜN zu wählen (20)

Diesmal: Prestigeprojekt Fahrplan
In diesen Tagen ist viel die Rede davon, wie man hierzulande Knotenbahnhöfe oder dergleichen plant oder besser nicht planen sollte oder besser planen sollte. Dabei stehen sich zwei grundverschiedene Herangehensweisen gegenüber.
In Modell eins ist der Ausgangspunkt irgendeine zunächst unbestimmte Idee. Daraus wird dann ein Projekt, Hauptsache groß genug. Ziel: Prunk und Prestige, unterstützt von einigen potentiellen Auftragnehmern. Wenn sich zwischendurch ergibt, dass im Projekt irgendwas nicht passt, werden die Variablen solange ins Absurde verschoben, bis die Planeten aus ihren keplerschen Bahnen fallen. Ist das Projekt ein Bahnprojekt, so bleibt der „Betriebsablauf“ unbefriedigend, oder, wie man heutzutage zu sagen pflegt, „verzögert“. Das ist das Modell “Beton“.
Modell zwei nimmt einen anderen Ausgangspunkt. Im Zentrum des Personenverkehrs steht dabei der Fahrplan. Dieses Modell orientiert sich an dem, was in der Schweiz schon seit geraumer Zeit praktiziert wird und lässt sich grob so (und ausführlicher so) beschreiben:
Zuerst wird das Gerüst eines Integralen Taktfahrplans entworfen, dann wird geschaut, an welchen Stellen dazu Beschleunigungen oder andere Baumaßnahmen erforderlich sind. Dann wird an den richtigen Stellen gebaut. Baumaßnahmen im Bahnnetz sind also nie Selbstzweck, sondern haben Verbesserungen im Betrieb zu ermöglichen. Taktabweichungen, die die Betriebssicherheit gefährden, werden nur in ganz wenigen Ausnahmen geduldet.
Auffallend ist im Schienennetz der Schweiz etwa, dass wichtige Einmündungen an verkehrsreichen Strecken fast überall niveaufrei ausgeführt sind, um so Engpässe zu vermeiden. An Knotenbahnhöfen sind die Gleisanlagen oft sogar so konzipiert, dass kurze Übergangszeiten ohne Stress für die Fahrgäste eingerichtet werden können. Auf albernen Schnickschnack wird verzichtet.

Prestigeprojekt mit Bahnhofsneubau an unerwarteter Stelle: Lalendorfer Kreuz

Angewendet auf Mecklenburg und insbesondere Vorpommern könnte diese Herangehensweise etwa folgendes bedeuten:
Der Streckenabschnitt Stralsund–Züssow wird um sechs Minuten beschleunigt, so dass die Fahrzeit für den RE 28 Minuten beträgt. Dazu ist eine Modernisierung des südlichen Gleisvorfeldes vor Stralsund und eventuell der Wegfall des Haltes Groß Kiesow erforderlich. Letzteres wird durch eine dichtere Zugfolge der UBB kompensiert. Zwischen Stralsund und Neubrandenburg wird die Induktive Zugsicherung eingeführt und der Abschnitt Grimmen–Demmin auf 160 km/h ausgebaut und so eine Fahrzeit von knapp einer Stunde ermöglicht. Vergleichbare Maßnahmen im Abschnitt Lübeck–Stralsund lassen den bisherigen Nullerknoten Stralsund zu einem Dreißgerknoten werden, der aus allen Richtungen eine halbe Stunde schneller erreicht werden kann. Zwischen Lübeck und Pasewalk ist sogar noch mehr möglich. Hier ist das Problem, dass die Knotenpunkte Bützow (Treffpunkt der Züge zur Minute 30) und Güstrow (Treffpunkt zur vollen Stunde) einander zu nah sind. Wird aber statt in Güstrow der entsprechende Knoten auf einen neu zu bauenden Turmbahnhof „Lalendorfer Kreuz“ verlegt, so lässt sich bei entsprechender Linienverlegung der Züge Rostock–Berlin die Fahrzeit von Lübeck nach Pasewalk um eine Stunde verkürzen.
Ob es genau so kommen wird, oder ob auch andere Fahrplanentwürfe zu spürbaren Verbesserungen führen können, darf gerne diskutiert werden. Solange am Ende ein Fahrplan steht, mit dem es mit Bahn (und Bus!) endlich mal schneller in unserem Land vorangeht, ist unser Prestigeprojekt gefunden.
Zum Weiterlesen zum Beispiel hier entlang.

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