Klarstellung zum Abbruch der Kreistagssitzung letzten Montag *Update*

Nach diversen Presseberichten, zuletzt im Webmoritz, die ein verkehrtes Bild zeichnen, sind einige Erläuterungen nötig:

Im Webmoritz heißt es (und ähnlichlautend auch in anderen Berichten der letzten Tage): Jedoch musste diese Sitzung vorzeitig abgebrochen werden, da mindestens 70 Personen im Kreistag gegen die rechtsextreme NPD demonstrierten. Nach mehrmaligen Aufforderungen seitens des Kreistagspräsidenten Michael Sack (CDU), den Saal zu verlassen, wurde die Sitzung vorzeitig beendet.

Der Ablauf stellt sich ein wenig anders dar:

Kreistagspräsidenten Michael Sack forderte die Störer_innen (ich spreche lieber von Gegner_innen der Nazis) dreimal auf, die (geplante) Rede des NPD-Kreistagsmitglieds nicht durch Pfeifen und Buh-Rufe zu unterbrechen oder zu verhindern. Nachdem dies nicht fruchtete, sollten die Tribüne und der Zuschauerraum hinter den Tischen der Kreistagsmitglieder geräumt werden. Dem kamen die Zuschauer auch nach. Einer irgendwie gearteten Polizeigewalt bedurfte es nicht. Lediglich einige drohende, schlagende und pöbelnde Nazis verhinderten eine schnellere Räumung. Die Aufforderung an die gesamte Zuschauerschaft zur Räumung ist als sitzungspolizeiliche Maßnahme wohl in Ordnung, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass zunächst versucht worden wäre, zwischen „störenden“ und „ruhigen“ Zuschauer_innen zu differenzieren. Angesichts der Unübersichtlichkeit kann dem Sitzungspräsidenten aber nicht der Vorwurf der Unverhältnismäßigkeit gemacht werden.

Nach 15 Minuten wurde die unterbrochene Sitzung fortgesetzt. Unklar war aber, ob es sich um eine öffentliche Sitzung handelt, da zwar der Zuschauerraum geleert, aber die Presse anwesend war. Vorsorglich habe ich einen Antrag auf Wiederherstellung der Öffentlichkeit gestellt. Dieser Antrag ginge ins Leere, hieß es seitens der Präsidiums, da die Öffentlichkeit NICHT ausgeschlossen sei. Allerdings müssten die Zuschauer draußen bleiben, die Presse sei aber zugelassen. Ich habe dann noch darauf hingewiesen, dass es sich faktisch um eine nichtöffentliche Sitzung handeln dürfte, halb öffentlich gibt es genau so wenig wie ein bisschen schwanger. Beschlüsse dieses Abends wären bei diesem Ablauf rechtswidrig bzw. nichtig gewesen. Im Übrigen hätte über die Nichtöffentlichkeit einer Sitzung der Kreistag selber, nicht aber der Kreistagspräsident entscheiden müssen.

Da es sich nach Aussage des Präsidiums um eine öffentliche Sitzung handelte, habe ich die Saaltür geöffnet. Zwischen 20 und 30 Personen kamen wieder in den Sitzungssaal. An dieser Stelle hätte normal weiter getagt werden können, irgendwelche „Störer“ waren augenscheinlich nicht (mehr) da. Hierzu war das Präsidium augenscheinlich nicht willens oder nicht in der Lage, da es bei seiner Auffassung bleiben wollte, Zuschauer ausgeschlossen zu lassen, die Presse jedoch nicht.

Es ist keineswegs so, dass irgendwelche Tumulte zum Abbruch der Sitzung geführt haben. Die Pfiffe und Buh-Rufe waren eine einmalige symbolische Aktion gegen die menschenverachtende Ideologie der Nazis und die schleichende Normalisierung im Umgang mit ihnen, sie waren aus meiner Sicht richtig und gut. Aber diese Aktion war mit der Räumung beendet, und damit auch die sitzungspolizeiliche Maßnahme des Präsidenten. Danach gab es nur noch die Wahl zwischen einer öffentlichen oder nichtöffentlichen Sitzung, über die der Kreistag selber hätte entscheiden müssen.

*Update*

Wenn es noch eines Beweises für die schleichende Normalisierung im Umgang mit den Nazis bedurft hätte:

Auszüge aus einem Leserbrief auf OZ-online: Man braucht ja kein Freund der NPD zu werden und deren falsche Ansichten zu teilen. Sinnvoller wäre es aber, wenn man vor Ort gut zusammen arbeitet und ihnen zeigt, wie gute Demokratie und Arbeit in der Kommune für die Bürger funktionieren kann. […] Einerseits sollen die Rechten keine Gewalt ausüben, aber andererseits behindert man sie beim Versuch friedlicher Mitarbeit.

Aber Hauptsache, die Tagesordnung des „Hohen Hauses“ Kreistag gerät nicht durcheinander…

4 Kommentare bei „Klarstellung zum Abbruch der Kreistagssitzung letzten Montag *Update*“

  1. Man kann Ursache und Wirkung unnötig komplizieren. Eines steht allerdings fest. Hätte es diesen Aufruf von Herrn Rose nicht gegeben, hätte man seitens der Grünen nicht von Vornherein mut einer Räumung des Saales gerechnet, hätte, hätte, hätte…

    Warum sprechen die Grünen von: „Nazifäuste gegen Luftballons“ obwohl es wohl gar keinen Faustschlag gegeben hat? Dazu gibt es interessante Informationen in der Kommentarspalte des Fleischervorstadtblogs.

    Sie schreiben weiterhin : „Es ist keineswegs so, dass irgendwelche Tumulte zum Abbruch der Sitzung geführt haben. Die Pfiffe und Buh-Rufe waren eine einmalige symbolische Aktion gegen die menschenverachtende Ideologie der Nazis und die schleichende Normalität im Umgang mit ihnen, sie waren aus meiner Sicht richtig und gut. Aber diese Aktion war mit der Räumung beendet, und damit auch die sitzungspolizeiliche Maßnahme des Präsidenten.“

    Die Saalräumung war das letzte Mittel. Nach dreimaliger Aufforderung durch den Präsidenten musste die Räumung durchgesetzt werden weil sich niemand an die Aufforderung hielt.
    Wenn das nicht der Tumult war, der letztendlich zum Sitzungsabbruch geführt hat weiss ich auch nicht weiter.

    Schade, dass die Grünen es nötig haben durch bewusste Falschinformation ein falsches Bild der Situation zu zeichnen. Aber der Wähler merkt ja so langsam was bei den Parteien insgesamt nicht stimmt.

  2. @Martin
    ich glaube nicht, dass es eine bewusste Falschinformation ist. Eher eine unbewusste. denn sie nehmen die Sache tatsächlich so einseitig wahr.

  3. 1. Die Gewalt ging von den Nazis aus. Ich selbst wurde bereits lange vor der Sitzung im Treppenhaus von Michael Gielnik bewußt und gezielt angerempelt und mit „Arschloch“ angesprochen, als ich auf seine Provokation nicht entsprechend, also mit körperlicher Gewalt, einging. Wenn es zu „Schubsereien“ (Falkenberg) kam, wurden sie in jedem einzelnen Fall durch die Nazis ausgelöst.
    2. Die von den Nazis und denen, die diese tolerieren, so genannten „Störer“ waren nach der ersten viertelstündigen Unterbrechung der Kreistagssitzung nicht mehr im Saal und nicht mehr auf der Empore. Eine dauerhafte Unterbrechung oder Vertagung der Sitzung war völlig unnötig. @Axel Hochschild: Wenn einer hier Rechnungen zu bezahlen hat, dann Herr Sack.

  4. Es kann nicht sein was nicht sein darf… Herr Rose hat immer Recht!

    “ Wenn es zu “Schubsereien” (Falkenberg) kam, wurden sie in jedem einzelnen Fall durch die Nazis ausgelöst.“

    So einfach ist das. Gewalt kann nämlich gar nicht von linker Seite ausgeübt werden…

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