Mammutsitzung der Bürgerschaft

Frauke Fassbinder

Die gestrige Bürgerschaftssitzung dauerte über fünf Stunden. Über 44 Anträge und Beschlussvorlagen wurde diskutiert und beschlossen.

Am Anfang stand die Fragestunde der Einwohner_innen, die dominiert wurde von Bürger_innen, die sich für den Erhalt der Brinke 16/17 einsetzen. Sie machten deutlich, dass die Bürger_inneninitiative weiterhin auf den Investor zugehen möchte und eine konfliktfreie Lösung sucht.
Unsere Fraktion unterstützt dieses Anliegen, jedoch hat der politische Raum nur begrenzt Einfluss.

Danach folgte die von der CDU beantragte Aktuelle Stunde „Menschen mit Handicap“. Frau Kindt, Behindertenbeauftragte der Stadt, und Frau Baller, Behindertenforum, berichteten eindrücklich über Erfolge, aber auch noch bestehende Missstände in unserer Stadt. Die folgende Aussprache war eher kurz. Die Bürgerschaft ist bei diesem Thema doch sehr einträchtig. Das zeigte sich auch zu späterer Stunde, als unser Antrag zu Grundsätzen der Arbeit der AG Barrierefreie Stadt beschlossen wurde. Vor der Sitzung hatten lediglich SPD, Linke und wir Mitglieder benannt. Doch erstaunlicherweise waren auch alle anderen Fraktionen vorbereitet und konnten noch vor Beschlussfassung ihre Vertreter_innen benennen. Der Antrag wurde beschlossen, wodurch die AG jetzt voll arbeitsfähig ist.

Danach sollte eigentlich die Vorstellung der Haushaltssatzung für den Doppelhaushalt 2015/2016 folgen. OB Dr. König nutzte jedoch die Gelegenheit, sich mit schönen bunten Bildern und den Erfolgen der letzten Jahre schon einmal selbst zu feiern. Wir empfanden das zu diesem Zeitpunkt als unpassend. Denn es hatte nichts mit dem Haushalt zu tun, wir wussten, dass die Sitzung noch lange werden würde und eine Abschiedsrede ist zu einem späteren Zeitpunkt angebrachter.

Der Kämmerer Herr Wille konnte dann nach einer Viertelstunde endlich die ersten Zahlen zum Doppelhaushalt 2015/2016 vorstellen. Der eigentliche Haushaltsplan liegt aber erst in den nächsten Tagen vor. Er ist dann im Greifswalder Ratsinformationssystem der Öffentlichkeit zugänglich. Die eigentliche Haushaltsdiskussion folgt dann in der nächsten Ausschussrunde und der Bürgerschaftssitzung im Dezember.

Aus unserer Sicht war wichtig, dass wir gestern alle unsere Anträge durch bekamen. Selbst die Rückverweisung des Jahresabschlusses des See- und Tauchsportzentrums in die Ausschüsse, in denen er noch nicht vorgestellt worden war, wurde mit 16 zu 15 Stimmen beschlossen.

Eine längere Diskussion gab es zu unserem Änderungsantrag zur Baulichen Aufwertung des Schulstandorts Integrierte Gesamtschule „Erwin Fischer“. Uns ist wichtig, dass bei den Planungen die Lebenszykluskosten berücksichtigt werden und so energiesparend wie möglich gebaut wird. Die SPD erweitertete unseren Antrag noch dadurch, dass die Unterschiede der Kosten von Bau und Betrieb zwischen Passivhausstandard und Standard nach ENEV 2016 dargestellt und danach über die Bauweise entschieden werden soll. Gegen die Stimmen von CDU und Teilen der FDP sowie bei Enthaltung der AfD wurde dieser Antrag angenommen.
Danach beschloss die Bürgerschaft einstimmig die gesamte Vorlage. Ein toller Tag für die Schule. Ein Jahre langes Ringen um den Neubau findet hoffentlich ein gutes Ende – zumindest ist der Anfang dafür jetzt gemacht.

Zur Beantragung der Fördermittel für das Zentrum für Life Science und Plasmatechnologie sprach der Generalplaner und es gab eine kurze, aber heftige Diskussion, bei der die SPD insbesondere die fehlenden Parkplätze in den Vordergrund rückte. Doch das sollte zum gegenwärtigen Zeitpunkt eigentlich nicht den Ausschlag über Zustimmung oder Ablehnung zur Beantragung von Fördermitteln für dieses Projekt geben. So sahen es dann auch die meisten Mitglieder der Bürgerschaft. Es gab große Zustimmung bei einigen Enthaltungen – zwei davon aus unserer Fraktion. Das Projekt bleibt auch in unserer Fraktion umstritten.

Neben der AG Barrierefreie Stadt wurde auch die AG KUS auf unseren Antrag hin gestern legitimiert. Wider Erwarten gab es keine Gegenrede, sondern alle Fraktionen hatten ihre Vertreter_innen parat, so dass der Antrag, dem sich auch SPD, Linke und KfV-Piraten als Einbringer angeschlossen hatten, in großer Einigkeit durch ging und die AG jetzt ihre Arbeit hoffentlich in voller Besetzung wieder effektiver aufnehmen kann.

Die CDU stellte einen Antrag zur Erweiterung des Ratsinformationssystems. Sogar von Peter Multhauf (Linke) wurde sie für ihren Vorschlag gelobt, zukünftig alle Kleinen Anfragen ins Ratsinformationssystem stellen zu lassen. Leider mussten wir beiden die seltene gemeinsame Freude verderben. Denn offenbar hatten weder CDU noch die Linke mitbekommen, dass wir gerade in der letzten Bürgerschaftssitzung bereits die Geschäftsordnung der Bürgerschaft genau dahingehend geändert hatten. Darin steht seitdem, dass alle Kleinen Anfragen und deren Antworten der Öffentlichkeit über das Ratsinformationssystem zugänglich gemacht werden sollen – übrigens auf Antrag unserer Fraktion…
Nachdem Alexander Krüger die Bürgerschaftskolleg_innen mit der Nase auf die bereits geänderte Geschäftsordnung gestoßen hatte, blieb der CDU nichts anderes mehr übrig, als ihren Antrag kleinlaut zurück zu ziehen…

Heftige Diskussionen gab es wie erwartet zur Vorlage der Fraktionen der „Kita-Freunde“. Vor allem die Verwaltung mit dem OB an der Spitze versuchte ihr Handeln – oder besser Nicht-Handeln? – zu rechtfertigen. CDU und Bürgerliste stimmten natürlich gegen den Antrag. AL und AfD enthielten sich. Dennoch stand die Mehrheit hinter dem Auftrag an die Verwaltung, zwei Varianten für die Zukunft der Kita-Immobilien bis Dezember durchzurechnen und vorzustellen.

Unsere Resolution gegen TTIP, TiSA und CETA wurde von der Linken unterstützt und gegen Teile der CDU, der KfV und FDP beschlossen. Schade, dass man sich nicht mit einer gemeinsamen Stimme gegen die intransparenten Verhandlungen zu den Freihandelsabkommen und die möglichen Schäden für die kommunale Selbstverwaltung stellen konnte.

Beschlossen wurde dann noch, dass die Verwaltung vom Bildungsministerium das gesamte Gutachten zum Theater und den Abschlussbericht anfordern möge.
Außerdem bekundete die Bürgerschaft ihre Solidarität mit den kommenden Bildungsstreiks in Greifswald – allerdings gegen die Stimmen von CDU und AfD.
Ebenso waren diese Fraktionen gegen den Prüfauftrag für ein Willkommenszentrum für Flüchtlinge. Dennoch wurde er beschlossen.

Bildquellen

  • Frauke Fassbinder – Porträt: Bildrechte beim Kreisverband

8 Kommentare bei „Mammutsitzung der Bürgerschaft“

  1. Gute Zusammenfassung.

  2. Alle Achtung, gute Information nach so kurzer Zeitspanne!

  3. Hat man die Bürgerschaft denn auch über den geplanten Chinatourismus informiert?

    Pressemitteilung: 28.10.2014

    Greifswalder beraten Chinesen in Sachen Gesundheitswirtschaft

    Die chinesische Stadt Benxi ist an einer engeren Zusammenarbeit mit der Universitäts- und Hansestadt Greifswald interessiert. Eine hochkarätige Greifswalder Delegation reist darum vom 2 bis 8. November in die Millionenmetropole. Ihr gehören neben Oberbürgermeister Dr. Arthur König und dem Amtsleiter für Wirtschaft- und Finanzen, Dietger Wille, Bürgerschaftspräsidentin Birgit Socher sowie der Geschäftsführer der IPO GmbH, Norbert Hagemann, die Geschäftsführerin der neoplas GmbH, Renate Schönebeck, der Geschäftsführer der CHEPLAPHARM Arzneimittel GmbH, Sebastian Braun, sowie der Leiter der Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der Unimedizin, Prof. Dr. Axel Ekkernkamp, an.

    Benxi in der nordostchinesischen Provinz Liaoning will sich als Medizinstadt etablieren. Mit 5 Universitäten, 3 davon im Bereich Medizin, 85 biopharmazeutischen Unternehmen und 38 biopharmazeutischen Forschungsinstituten weist die chinesische Stadt ein enormes Wachstumspotential auf und ist daher an weiteren Kooperationen interessiert. Seit einigen Jahren bestehen bereits enge Kontakte mit der Ingenieurplanung-Ost GmbH. Für die Chinesen ist Greifswald vor allem als Wissenschafts- und Forschungsstandort sowie als attraktiver Standort der Gesundheitswirtschaft interessant. Während ihres Aufenthaltes werden die Greifswalder mit Vertretern der dortigen Provinz- und Stadtführung, der Medizinstadt sowie Unternehmen der Gesundheitswirtschaft über Möglichkeiten der Zusammenarbeit sprechen. In der Vergangenheit waren bereits mehrere Delegationen aus Benxi, darunter der Oberbürgermeister sowie der Bau- und Verkehrsminister der Provinz Liaoning, zu Gast in Greifswald.

    Reicht es nicht, wenn der OB die Delegation begleitet? Was treibt der Stadtkämmerer in China – sollte der nicht lieber seine Haushaltspläne auf die Reihe bringen? Und was kann Frau Socher qualitativ zur Verbesserung der Gesundheitssituation beitragen? Angesichts knappster Kassen sieht das nicht gut aus.

    1. Hallo Peter Panther,
      die Bürgerschaft wurde bereits in der Septembersitzung über die Chinafahrt informiert, zu finden im Protokoll der Sitzung, TOP 5 (sorry, der vorher eingestellte link scheint nicht zu funktionieren, deshalb hier nur der Hinweis auf die Internetseite: Ratsinformationssystem Greifswald – http://www.greifswald.de/politik/buergerschaft/ratsinformationssystem.html – vielleicht klappt es darüber)

    2. Hallo Herr Panther,
      hier sind die fertigen Entwürfe für die kommende Haushaltsplanung:
      http://www.greifswald.de/politik/haushalt/haushalt-20152016-entwurf.html
      Versuchen Sie bitte mal herauszufinden, welche andere Stadt in unserem Land zum jetzigen Zeitpunkt die Planentwürfe fertig hat und im Netz zur breiten Diskussion bereitstellt. Nach unserer Rückkehr lade ich Sie gerne zu mir ins Rathaus ein, um mit Ihnen darüber zu sprechen, was ich in China getrieben habe und warum es vielleicht nicht völlig abwegig ist, wenn der Amtsleiter für den Bereich Wirtschaftsförderung bei der Anbahnung von Wirtschaftsbeziehungen beteiligt ist. Sie finden mich in R. 33 im Rathaus.

  4. @ ”Zur Beantragung der Fördermittel für das Zentrum für Life Science und Plasmatechnologie sprach der Generalplaner … Es gab große Zustimmung bei einigen Enthaltungen – zwei davon aus unserer Fraktion. Das Projekt bleibt auch in unserer Fraktion umstritten.
    Könnte mal jemand hier etwas zu den “umstrittene Argumenten” sagen? Es ist ja schön, dass ich endlich mal Bedenken vernehme.
    Ich hätte eine Menge, die ich vorerst nicht ausführen will, nur so viel: Wenn ein Kapitalist einen Profit wittert und sei es auf einer Klitsche wie in der Brinkstraße, schlägt er erbarmungslos zu.
    Für das eigentlich privatwirtschaftliche Wolkenkuckucksprojek mit dem schönen neuen Namen „Zentrum für Life Science und Plasmatechnologie“ besteht offensichtlich kein Interesse?
    30/14,3 Mio € aus Steuerzahlermittel für das ehemalige Prestigeobjekt „Bio-Plasmatechnikum“!
    Wenn Gott will und hilft, nach 56 Jahren das Geld der Stadt/Bürger ohne irgendeinen Gewinn zurück.
    @ Herr Wille
    Geld ist also plötzlich irgendwo im Stadtsäckel im Überfluss vorhanden. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern – sie sind gar nicht so lange her – da haben Sie alle zwei Wochen in der OZ gejammert und Steuererhöhungen gefordert.
    Darf ich auch mal zur Audienz bei Ihnen vorbeikommen?

    1. Hallo Herr Peters,
      Sie können auch gerne vorbeikommen. Geld ist im Stadtsäckel nicht vorhanden, deshalb soll der Eigenanteil ja über Kredite finanziert werden, deren Belastungen für den Haushalt aus den Pachteinnahmen des Technikums finanziert werden sollen. Ziel des Zentrums ist es übrigens vordergründig den Unternehmen auf den Weg zu helfen, die eine gute Idee, aber noch nicht genug Kapital für eigenen Labore und technische Ausrüstung haben. Es dauert oft lange, bevor diese Unternehmen profitabel werden. Uns geht es vor allem darum, wirtschaftliche Tätigkeit nach Greifswald zu holen. Da ist die wissenschaftliche Brillanz und Kreativität in Greifswald eine Chance, die momentan nur so genutzt werden kann. Wir haben wenig davon, wenn die gute Idee aus Greifswald in München zur Serienreife gebracht wird. Dazu gerne mehr im persönlichen Gespräch.

      1. Hallo Herr Wille,
        die “Propagandaziele” des „Zentrum für Life Science und Plasmatechnologie“ sind mir, soweit sie Normalsterblichen zugänglich gemacht werden, bekannt. Da beginnt auch die Crux, die einem effektiven Meinungsaustausch bisher im Wege stehen.
        Das “Betreiberkonzept … vom 22.02.2012” ist bisher offensichtlich das einzige Dokument mit verwertbarem Inhalt. Weder die Recherche auf der Hompage der UHGW (Ratsinformationsystem) noch die freie Suche im Netz bringen da mehr.
        Da für die Beantragung von Fördermitteln so ein veraltetes Konzept sicherlich nicht “förderlich” sein wird, gibt es sicher ein Update.
        Da wir hier aber offensichtlich die Leser nur langweilen, demnächst mehr direkt an Ihre Mailadresse in der Verwaltung

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