Nach der Chemiekatastrophe im Peenetal: Fragen an die Landrätin

Kristin Wegner
Kristin Wegner

Folgende Fragen haben wir am Montag, 5. Oktober 2015 im Kreistag, öffentlich an die Landrätin gestellt. Nach und nach veröffentlichen wir hier die Antworten.

Frage 1: Hätte mit dem aktuellen Messregime von 6 Proben im Jahr, die Havarie überhaupt zeitnah erkannt werden können?

Antwort 1: Nein. Die Behörden testeten 2x im Monat bei Niederschlagsereignissen an den Einleitestellen, allerdings nicht an der Kläranlage/Schönungsteich. Das StALU Stralsund testet die Peene 6x im Jahr, allerdings nur im ca. 500 Meter entfernten Anklamer Hafen. Eine aktuelle Verfügung seitens der Behörden an die Betreiberin der Ethanolanlage, die Sugar Uni GmbH, soll jetzt die Beprobung der Einleitestellen in die Peene verbessern.


Frage 2: In der Zuckerrübenkampagne 2014/2015 ist aufgrund von Rekorderntemengen das Entwässerungssystem der Fabrik an seine Grenzen gestoßen. Wie sieht es für dieses Jahr aus? Gibt es einen schlüssigen Entwässerungsplan für das Gelände? Sowohl für Regenwasser als auch für Industrieabwässer?

Antwort
Frageteil1
Genaue Informationen über die Zuckerrübenmenge 2015 liegen dem Umweltamt nicht vor. Proberodungen im September 2015 haben ergeben, dass eine etwa durchschnittliche Erntemenge zu erwarten ist.
Frageteil2
Seit September 2014 arbeitet die Zuckerfabrik Anklam an der Erstellung eines plausiblen Entwässerungsplanes, einschließlich der Bemessung von Sedimentationsanlagen/Vorbehandlungsanlagen für Niederschlagswasser, die den jeweiligen Einleitstellen vorgeschaltet werden. Aufgrund bestehender Nachforderungen durch die untere Wasserbehörde gibt es keine aktuellen wasserrechtlichen Einleitgenehmigungen von Niederschlagswasser in die Peene bzw. den Galgenberggraben.
Frageteil3
Für Industrieabwasser liegt dem Umweltamt kein Entwässerungsplan vor. Antrags- und Verfahrensunterlagen befinden sich beim StALU Vorpommern.
Kommentar: Die Suger Uni GmbH produziert  ohne plausiblen Entwässerungsplan.


Frage 3: Gibt es für alle Teiche auf dem Gelände der Zuckerfabrik eine Genehmigung?

In der wasserrechtlichen Erlaubnis aus dem Jahr 2008 werden die wasserwirtschaftlichen Anlagen wie folgt beschrieben:
Mechanische Reinigung
Schlammteich zur Sedimentation
Biologische Reinigung
Hydrolysetank – Hydrolyse zum Abbau hochmolekularer Stoffe (Zuckermoleküle) in einfache Molekulare Säuren)
Methanreaktor – Zersetzung einfacher Moleküle zu Methan und Kohlendioxid (entstehendes Biogas wird im Kesselhaus verbrannt)
Lammelleneindicker – Freisetzung des gelösten Biogases und Weiterleitung zur Nitrifikationsstufe sowie Abscheidung des Schlammes durch Sedimentation und Rückführung zum Methanreaktor
Denitrifikationsbecken – Denitrifizierung
Nitrifikationsbecken – Nitrifizierung (beide Becken stehen miteinander in Verbindung, Denitrifikationsbecken in der Mitte des Nitrifikationsbeckens )
Nachklärung
Nachklärbecken
Schönungsteich mit Ableitung in die Peene (über den Neuen Kanal) bzw. Rückführung in
den Produktionsprozess

Informationen über den Genehmigungsstatus weiterer auf dem Gelände bzw. außerhalb des Betriebsgeländes bestehender Becken (z.B. Kondensatspeicher am Schanzenberg) erhalten Sie beim fachlich zuständigen StALU Vorpommern.

Kommentar: Warum werden Genehmigungen und deren Überwachung über verschiedene Behörden verteilt?


Frage 4: Wurde von Seiten des Kreiskatastrophenschutzes mit der Möglichkeit eines Ethanolaustritts gerechnet und ein solcher Fall jemals geprobt?

Antwort
Grundsätzlich handelt es sich hierbei um einen Betrieb, der im Rahmen eines
Genehmigungsverfahrens nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz eine entsprechende
Genehmigung erhielt. Es wird dabei auf den sicheren Betrieb des Unternehmens abgestellt. Mit der Möglichkeit eines Ethanolaustritts konnte demzufolge nicht gerechnet werden. Dieser Fall wurde auch nicht erprobt. Durch die untere Katastrophenschutzbehörde wurden aus diesem Grunde im Rahmen eines Sonderschutzplanes ausschließlich 2 Szenarien betrachtet:
 1. Brand
 2. Explosion
Kommentar: Das Management der Suger Uni GmbH macht das also selbst.


Frage 5: Liegt der Unteren Wasserbehörde eine Liste der auf dem Gelände vorliegenden Gefahrenstoffe vor? Wenn ja, wurde anhand dieser Liste das Probeentnahmeregime festgelegt, dass vorsieht, dass lediglich 6 Proben im Jahr — also jeden 2. Monat im Jahr — aus der Peene entnommen werden? Wenn nein, warum nicht?

Antwort
Frageteil1
Der UWB liegt keine Gesamtübersicht zu allen Gefahrstoffen bzw. Chemikalien vor, die im Produktionsprozess der Bioethanolanlage, der Biomethananlage und der Zuckerproduktion verwendet werden. Zuständig für die Überwachung der Gefahrstoffverordnung ist das StALU Vorpommern.
Frageteil 2
Die Festlegungen zum Umfang der behördlichen Überwachung ergeben sich aus den §§57-60 WHG l.V.rn. § 92 LWaG sowie dem Erlass „Behördliche Überwachung von Abwassereinleitungen in Gewässer und in öffentliche Abwasseranlagen“ vom 12.05.2009.
KoDer UWB liegt keine Gesamtübersicht zu allen Gefahrstoffen bzw. Chemikalien.

Kommentar: Wie soll dann eine stringente Überwachung von gewolltem und ungewolltem Abwassers seitens der Behörden möglich sein?


Frage 6: Mit der Kreisgebietsreform 2012 sind der Unteren Wasserbehörde (UWB) Aufgaben seitens des StALU Stralsund (Obere Wasserbehörde) übertragen worden, die es im Rahmen einer beidseitigen Kooperationsvereinbarung umzusetzen gilt. Dazu gehören u.a.IMG_20150916_090207 Genehmigungen von Abwassereinleitung, Kontrollen der Grenzwerte uvm. z.B. auch in die Peene: welche Auswirkungen im Kreishaushalt hatte diese Aufgabenübertragung? Wie viel Personal stand vorher der UWB zur Verfügung, wie viele jetzt? Wie viel Personal stand im StALU vorher und nach der Aufgabenübertragung zur Verfügung, welche Auswirkungen auf den Landeshaushalt hatte die Aufgabenübertragung für das Land?

Welche HH Auswirkungen hatte diese Aufgabenüberlragung?
Der Landkreis erhält Zuwendungen für gesetzlich übertragene Aufgaben. Sie setzen sich jährlich zusammen aus einem Grundbetrag von 1,5 Mio. € je Landkreis sowie weiteren Mitteln entsprechend der Einwohnerzahl und der Fläche. In den Jahren 2012 und 2013 erhielt der Landkreis Vorpommern-Greifswald jeweils ca. 16,3 -16,4 Mio. €, 2014 und 2015 waren es jeweils ca. 18,9 Mio. €.
Kommentar: Gefragt war nach dem HH der UWB, Schade.

Wieviel Personal stand vorher der UWB zur Verfügung, wie viele jetzt?
Zum 04.09.2011 wurden 13 Planstellen von der Universitäts- und Hansestadt Greifswald und den Altkreisen Uecker-Randow und Ostvorpommern in die untere Wasserbehörde des Landkreises Vorpommern-Greifswald übergeleitet. Aus dem Altkreis Demmin wurde kein
Personal übernommen.
 —  2 Planstellen von HGW
 — 3 Planstellen von UER
 — 8 Planstellen von OVP
In den Stellenplan 2012 wurden 3 zusätzliche Stellen mit dem Vermerk „NN Stellenmehrbedarf Fallübernahme Demmin + HGW ohne Personalübergang“  aufgenommen. Im Stellenplan 2013 wurde eine der zusätzlichen Stellen wieder gestrichen. Die Stellenanzahl beläuft sich seither unverändert auf 15 Planstellen.
Kommentar: Die Kreisgebietsreform hatte einen Personalabbau in der Unteren Wasserbehörde zur Folge. Das Personal aus dem Altkreis Demmin wurde nicht übernommen.  Der Bedarf wurde angemeldet, aber nicht mit  Leuten versorgt. So haben Sie sich das also gedacht, Herr Caffier (CDU).


Frage 7: Gibt es eine Arbeitsbelastungsbewertung der Mitarbeiter_innen insbsd. auch in der UWB? Wenn ja, zu welchen Ergebnisse gelangt die Bewertung? Wenn nein, wann wird es diese geben?

Antwort
Die Überprüfung der Organisationsstruktur und die Stellenbemessung erfolgte in der
jüngeren Vergangenheit durch mehrere Wirtschaftsprüfer. In den Jahren 2006 bis 2008 überprüften die WIBERA Wirtschaftsberatung AG und die KGSt den Personalbedarf.
Die VEBERAS Consulting GmbH (Verwaltungs- und Unternehmensberatung) untersuchte im Zuge der Erarbeitung eines .Rahmenkonzeptes zur Haushaltssicherung“ den Personalbedarf im Umweltamt. Darauf aufbauend erfolgte im Jahr 2014 eine erneute Überprüfung des Personalbedarfes im Landkreis Vorpommern – Greifswald durch die Rödl& Partner GbR. Der Personalbedarf entspricht den im Stellenplan abgebildeten Personalbestand.
Kommentar:  Wenn ich Betriebswirtschaftler_innen die Bewertung der Arbeitsbelastung meiner Mitarbeiter_innen überlasse, statt Mediziner_innen und Arbeitspsycholog_innen, was lässt sich da auch anderes erwarten? „NN“.

Hier finden Sie das Dokument mit den Antworten.

Alle Kommentare von Torsten Wierschin.


Abwasser für die Peene
Abwasser für die Peene

Bildquellen

  • f2: Bildrechte beim Kreisverband

2 Kommentare bei „Nach der Chemiekatastrophe im Peenetal: Fragen an die Landrätin“

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