Schleswig-Holstein: Amtsordnung nicht verfassungsgemäß

Viele der mittelmäßigen Gesetze Mecklenburg-Vorpommerns gehen auf Vorbilder unseres westlichen Nachbarn zurück. Die konsequente Einhaltung von Murphy’s Law führte dabei in vielen Fällen zur Reproduktion von Fehlentwicklungen.
In der vergangenen Woche sprach das Landesverfassungsgericht in Schleswig-Holstein ein Urteil zu einer Klage der alten grünen Landtagsfraktion in Kiel. Es stellte dabei die Verfassungswidrigkeit der Amtsordnung fest.
Die Frage nach der Zukunft der Ämterebene wird im Zusammenhang mit der in unserem Bundesland aktuellen Debatte zur Verwaltungsreform fast nie gestellt. Eine Ausnahme bildet die Beschlusslage des grünen KV Greifswald-Uecker-Peene vom August 2009. Wir halten die Existenz einer Verwaltungsebene ohne direkt gewähltes Vertretungs- und Kontrollorgan für bedenklich und falsch, weil diese Konstruktion zu einem Mangel an demokratischer Mitbestimmung und zu intransparenten Verwaltungsabläufen führt. Genau das haben auch die Richter in Schleswig beanstandet. Amtsausschüssen fehlt es durch ihre nicht repräsentative Zusammensetzung an ausreichender Legitimation, weitreichende Entscheidungen zu treffen.
In kleineren Gemeinden ist die Wahl der Gemeindevertretung de facto eine Alibiveranstaltung. Die entscheidende Ebene des Verwaltungshandelns liegt für die Kleingemeinden in den Amtsverwaltungen. Verwaltungen haben von sich aus nur wenig Interesse daran , besser kontrolliert zu werden, was natürlich auch erklärt, dass eine Reform der Ämter, bis hin zu ihrer Abschaffung, in Referentenentwürfen nie auftaucht.
Sollten jedenfalls auch in Mecklenburg-Vorpommern die Ämter auf einen ähnlichen verfassungsgerichtlichen Prüfstand kommen wie in Schleswig-Holstein, so ist mit einem ähnlichen Urteil zu rechnen. Damit sind auch die Klagen der Klein- und Kleinstgemeinden über ihre unzureichende Finanzausstattung in einem anderen Lichte zu sehen. Würde man hier leistungsfähigere Verwaltungsstrukturen schaffen, könnte man sicher weitaus mehr gewinnen als durch den Versuch, mittels einer kopflosen Zusammenlegung von Kreisen irgendwo Kosten zu sparen.
Auch Robert Habeck, Vorsitzender der grünen Landtagsfraktion in Kiel, stellt die Notwendigkeit in den Vordergrund, die Gemeinden zu stärken. Darüber hinaus seien vier Verwaltungsebenen eine zuviel. Die überzählige Ebene kann nach Lage der Dinge nur die der Ämter sein.

Ein Kommentar bei „Schleswig-Holstein: Amtsordnung nicht verfassungsgemäß“

  1. Die Erkenntnis des Autors ‚Irgendwas stinkt hier.‘ führt im vorliegenden Beitrag – wie von Parteistrategen und Medienexperten gewohnt – mal wieder nicht zu einer Analyse von Ursache und Wirkung, stattdessen werden Fehlentwicklungen lokalisiert, als wenn es ein Richtiges im Falschen gäbe, als wenn es gute und böse Herrschaft gäbe; der Gedanke, dass die Herrschaft an sich schon das eigentlich unmenschliche Moment dieses Systems ist, will ihm dabei nicht in den Sinn kommen.

    Bei dem Satz „Wir halten die Existenz einer Verwaltungsebene ohne direkt gewähltes Vertretungs- und Kontrollorgan für bedenklich und falsch, weil diese Konstruktion zu einem Mangel an demokratischer Mitbestimmung und zu intransparenten Verwaltungsabläufen führt.“ ist mensch beim einfachen Lesen fast verführt, sich an die Volksweisheit zu erinnern ‚Einsicht ist der Anfang der Erkenntnis.‘, doch es geht dem Autor nicht um die Einsicht an sich und so ist dieses Zitat ja auch kein Zitat, welches Rückschlüsse auf seinen Erkenntnisprozess zulässt, sondern es ist lediglich das Produkt eines Meinungsbildungsprozesses im grünen KV, also eines Bauchgefühls („wir halten [es] … für bedenklich…“), welches selbst schon einer Legitimation bedarf, nämlich der einer Mehrheitsentscheidung im KV, so dass diese Aussage als allgemein gültige Stellungsnahme des KV zu gelten hat. Die Frage ob diese Aussage das Produkt einer Analyse ist, stellt sich gar nicht, genauso wie eventuelle Minderheitenmeinungen dabei völlig ausgeblendet werden. Jetzt wird mir manche(r) entgegnen ‚Na und? Das ist eben so.‘, aber genau diese Unreflektiertheit, diese mangelnde Fähigkeit etwas a’priori Gesetzes zu hinterfagen, ist symptomatisch für die in diesem System lebenden und durch das System konditionierten Menschen und sichert dadurch auch dessen Fortbestand.

    Dieses zeigt sich auch gleich im zweiten Teilsatz, der das eigentlich Positive nämlich das Urteil des ersten Halbsatzes im gleichen Atemzug erschlägt: da entblöden sich die grünen Systemrezipienten nicht ihr höchstes Totschlagargument in die Waagschale zu werfen, die heilige Kuh der Demokratie – den Fetisch des bürgerlichen Staatsbürgers -, denn ein Verdauungsendprodukt ist natürlich halb so schlimm, wenn mensch mitentscheiden darf, ob die Kanalisationsrohre schwarz-gelb oder rot-grün gestrichen werden, dass jenes aber die Konsequenz der Nahrungsaufnahme ist, wird völlig verdrängt. Um bei dem Metapher zu bleiben, so ist sie eben nicht die Folge der Existenz des Blinddarms, sondern jenes was wir jeden Tag immer wieder unüberlegt reproduzieren und so auch zu uns nehmen, des Fatalismus, unseres Glaubens an das Schicksal aus Mangel an Phantasie, dass alles so sein muss, wie wir es wahrnehmen und zu erkennen glauben. Denn genau das ist es, was uns tagtäglich als Hirnnahrung eingetrichtert wird, das ist es worauf sich der Realismus als Rechtfertigung des Opportunismus beruft: auf die Existenz des Faktischen, auf die Sachzwänge, die den Rahmen für die Politik gestalten. Keinesfalls beruft sie sich auf naturgesetzliche Notwendigkeiten sondern auf systemgesetzte Bedingungen, die in Folge der Aufklärung die Affirmation der Tranzendenz substituierten und deren einzige Funktion es ist, die Maschinerie von Ausbeutung (Kapital) und Unterdrückung (Staat) zu verschleiern (Fetischcharakter der Demokratie) und am Laufen zu halten.

    Der Autor führt weiter aus „In kleineren Gemeinden ist die Wahl der Gemeindevertretung de facto eine Alibiveranstaltung.“, damit unterstellt er, dass dies auf anderen Verwaltungsebenen des Staates anders wäre. Was auch sehr schön deutlich wird in „Darüber hinaus seien vier Verwaltungsebenen eine zuviel.“. Mensch ist geneigt, ihm ins Gesicht zu schreien, dass vier Verwaltungsebenen vier zu viel sind, was aber wohl zwecklos wäre, denn so lange die Naturgegebenheit von Herrschaft nicht hinterfragt wird, an dem Irrglauben festgehalten wird, dass der Souverän Herrscher braucht, um seinen Status als Souverän zu deligieren und dabei unterschlagen wird, dass wenn der Volkssouverän nicht in der Lage ist selbst zu entscheiden, weil er offensichtlich einen Herrscher braucht, wie kann dann eine Wahl eine Legitimation sein, da der Volkssouverän doch wohl kaum beurteilen kann, was er angeblich ohnehin nicht versteht.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.