ALG II: Bürokratieirrsinn

Ex-Studentin Nanni N. (Name der Redaktion bekannt) beantragte am 16.04.13 unmittelbar im Anschluss an die Exmatrikulation Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Jobcenter Vorpommern-Greifswald Nord. Kurz nach Antragstellung bekam sie einen vorläufigen Bewilligungsbescheid und auch die erste Zahlung. Nur wenig später dann dieser Bescheid vom 11.06.13:

Ablehnungsbescheid

Sehr geehrte Frau N.N.,

leider muss Ihr Antrag vom 16.04.2013 ablehnt werden. Sie haben keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, weil Sie in Ausbildung sind und …

In einem persönlichen Gespräch wurde diese Posse mit einer Änderung des § 37 SGB II begründet und der Widerspruch „aufgeklärt“. Im Zuge einer der zahlreichen Änderungen des SGB II ist § 37 SGB II vor einiger Zeit in der Tat geändert worden.Galt bis dahin, dass Leistungen erst ab Antragstellung bewilligt wurden (in diesem Fall ab dem 16.04.13), ist es aufgrund von § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II in der neuen Fassung so, dass die Antragstellung auf den Ersten des Monats der Antragstellung zurück wirkt. Deshalb sei ein gesonderter Ablehnungsbescheid für die Zeit vom 01.04.13 bis zum 15.04.13 notwendig, da sie in diesem Zeitraum noch eingeschrieben war. Für Nanni N. bedeutet dies, dass sie Leistungen für eine Zeit, für die sie keine Leistungen beantragt hat, auch keine Leistungen bekommt. So weit, so absonderlich…

Warum aber dies nicht im Bescheid durch den kleinen Zusatz „für die Zeit vom…bis…“ ausgewiesen wurde, sondern nach dem oben zitierten Bescheid der Anspruch insgesamt abgelehnt wurde, ist schlicht nicht nachvollziehbar. An keiner Stelle des Bescheides wird diese Einschränkung ersichtlich. Das Programm der Bundesagentur für Arbeit gäbe das nicht her, so die Erklärung. Für mich nicht nachvollziehbar. Sollte das so sein, müsste das Programm mit der automatischen Bescheiderstellung sofort in die Tonne. Ich kann mir aber nicht denken, dass solche einfachen Korrekturen, manuell einzugeben, nicht möglich sein sollen.

Noch ein Gedanke zur Gesetzesänderung: Auf den ersten Blick stellt sich diese Änderung als Wohltat des Gesetzgebers dar, und wird von diesem auch so begründet. Eine verspätete Antragstellung im ersten Monat der Arbeitslosigkeit soll nicht zum Verlust des Anspruchs auf ALG II für den ganzen Monat führen. Gewollt und umgesetzt wurde aber eine weitere Verschlechterung der ALG II-Berechtigten. War es bisher so, dass dann, wenn noch z.B. am 15. eines Monats die letzte Gehaltszahlung für den Vormonat kam, der Betroffene seinen ALG II-Antrag am 16. des Monats stellen konnte. Die Zahlung erfolgte vor Antragstellung und konnte nicht als Einkommen berücksichtigt werden. Jetzt, durch die Fiktion der Rückwirkung, ist diese Zahlung selbstverständlich Einkommen im ersten Monat des Bezuges von ALG II und kann, je nach Höhe, zur Verwirkung des Anspruchs auf ALG II für diesen Monat führen.

Ein Kommentar bei „ALG II: Bürokratieirrsinn“

  1. Ob Rostock, Greifswald oder Prenzlau: in den Stadtzentren steigen die Mieten teilweise so stark, dass die Wohnungen für bestimmte Einkommensgruppen nicht mehr bezahlbar sind. Das ist Ergebnis einer Erhebung, die der Nordkurier mit Hilfe des Verbands deutscher Pfandbriefbanken realisierte. Demnach stiegen die Mietpreise im Vergleich der Jahre 2009 und 2012 moderat an. Besonders stark fielen die Steigerungen in Greifswald (8,1 Prozent) und in Wolgast aus (6 Prozent).

    http://www.nordkurier.de/cmlink/nordkurier/nachrichten/mv/mieten-in-stadtzentren-sind-immer-ofter-unbezahlbar-1.584477

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