Die Führungskader der selbst ernannten nationalen Achse Dresden –
Schwerin hatten alles so schön eingefädelt. Hinter dem Rücken von
NPD-Bundeschef Voigt verständigten sich die beiden Fraktionschefs
Apfel und Pastörs und ihr Adlatus Peter Marx darauf, den ehemaligen
Waldorflehrer Andreas Molau auf dem kommenden Bundesparteitag gegen
Udo Voigt antreten und für den Bundesvorsitz kandidieren zu lassen.
Molau der Hoffnung anhängend, als Fraktionschef in den
niedersächsischen Landtag einziehen zu können, schließlich war als
Wahlziel „6 % +“ ausgegeben, verdingte sich, nachdem er bei der
Niedersachsenwahl mit 1,5 Prozent der Wählerstimmen furios
scheiterte, zuletzt als Pressesprecher von Pastörs Gnaden bei dessen
Schweriner Fraktion.
Im Vorfeld der Niedersachsenwahl hatte NPD-Bundeschef Voigt seinen
späteren Brutus noch als Mann gepriesen, „der auf der Straße den
Bürger ansprechen kann“.
Ähnlich wie Voigt pflegte Molau den Volksfrontgedanken. „Wir müssen als
Nationale aber lernen, eine Mannschaft zu sein“ war einer der
Slogans, die Molau verlauten ließ.
Der ehemalige Deutsch- und Geschichtslehrer an einer Braunschweiger
Waldorfschule hatte auch keine Berührungsängste gegenüber
gewaltbereiten und rechtskräftig verurteilten rechtsextremistischen
Straftätern. Gemeinsam mit Voigt sprach er bei einer Pressekonferenz
2007 von der „Chance auf Resozialisierung“ für die kriminellen
Kameraden. Die rechtsextreme NPD als Hort integrierender
Sozialarbeit, denn „jeder hat eine Position, aber alle spielen auf
ein Tor“ wie Molau sagte. Ob als Rechtsintellektueller – wie Molau
selbst – beim Kampf um die Köpfe oder als gewaltbereite Kader beim
Kampf um die Straße. Das ganze Spektrum sollte eingebunden werden
und wurde gebraucht.
Molau, der neue „Wählerpotentiale aus dem konservativ-bürgerlichen
Lager“ requirieren wollte, hatte plötzlich keine Verwendung mehr
für den aktionistischen und militanten Teil der von Voigt und ihm
apostrophierten Volksfront von Rechts. Passè auch die rechte
Sozialarbeit und die Einbindung des gewaltbereiten Spektrums.
Als die Revolte publik wurde, welche Ironie, wollte doch gerade Molau das
Internet verstärkt für Propaganda und Agitation der rechtsextremen
Truppe nutzen, überschlugen sich in den einschlägigen Internetforen
die Kommentare. Der Vorsitzende der Berliner NPD und Mitglied des
Bundesvorstandes Eckhard Bräuniger, einer der bekanntesten Vertreter
des NS-Flügels der rechtsextremistischen Partei, sprang als erster
seinem Vorsitzenden bei. Als Molaus „Mittelsmänner in Sachsen
haben sich nunmehr Holger Apfel und Sascha Roßmüller zu erkennen
gegeben. In Mecklenburg nehmen diese Rolle Udo Pastörs und Stefan
Köster ein und in der Parteizentrale in Berlin vertritt Manfred Börm
die Interessen dieser Gruppierung. Im Saarland ist es der dortige
Landesvorsitzende Frank Franz aber bundesweit sind weitere Mitmacher
und Mitläufer in hohen und höheren Funktionen der Landesverbände”
outete der ehemalige Söldner die innerparteilichen Frondeure.
Bräuninger mutmaßte, Molau, Apfel, Marx und Pastörs seien Marionetten des
Schweden Patrick Brinkmann, dem Initiators der „Kontinent Europa
Stiftung“, der angeblich „20 Millionen Euro Unterstützung
angeboten“ haben soll, „wenn Andreas Molau Parteivorsitzender
wird“.
Zuletzt warf Bräuniger den Beteiligten „rattenhaftes Verhalten“ vor und
solidarisierte sich, „angesichts der Heimtücke mit aller Kraft“
und „obwohl selbst schon wütend und ein Stück von Udo Voigt
entfernt“ mit dem Bundeschef.
Als Voigt seine Felle davonschwimmen sah, mahnte er in einer auf dem
Videoportal Youtube veröffentlichten Botschaft das
rechtsextremistische Lager zu Besonnen-und Geschlossenheit.
Gleichzeitig hoffte er auf „völlige Enthaltsamkeit“ bei
„Beiträgen, welche über die Systemmedien oder über Weltnetzforen
verbreitet werden“.
Zwei Tage zuvor hatte sich der Intimfeind von Fraktionschef Pastörs und
seinem Pressesprecher Molau, der Hamburger Anwalt,
NPD-Landesvorsitzende und Bundesvorständler Jürgen Rieger ebenfalls
in einer Videobotschaft an die rechtsextremen Kameraden gewandt und
sich mit Voigt solidarisiert. Rieger nannte Molau einen Achteljuden,
der Stauffenberg verehre und im Dritten Reich nicht einmal Blockwart
hätte werden können. Für den Fall der Wahl Molaus zum
Parteivorsitzenden, drohte Rieger, der den „Verschwörern“ nur
den eigenen finanziellen Vorteil unterstellte, indirekt mit der
Abspaltung seines Landesverbandes von der Bundespartei.
Sascha Roßmüller, der bayrische NPD-Multifunktionär und wie Rieger
Mitglied im Bundesvorstand erteilte wenige Tage später am 12.
Februar dem „Wirtschaftsliberalismus a la Rieger“ ein Abfuhr und
solidarisierte sich mit Molau. Sollte der Hamburger Rieger in einem
künftigen Bundesvorstand „maßgeblichen Einfluß“ haben,
kündigte Roßmüller seinen Rückzug aus dem Gremium an.
Einen Tag später wandte sich der ehemalige Schmuckhändler Pastörs mit
einer Videobotschaft an die rechtsextremistische Klientel und
kritisierte heftig Voigt und Rieger. Gleichzeitig versicherte er
Molau seine Unterstützung bei der Wahl zum Bundesvorsitzenden. Denn
Molau würde über die Fähigkeiten verfügen, die für einen
NPD-Bundesvorsitzenden unabdingbar seien. Dazu zählten für Pastörs
gute Kontakte zur freien Szene, profunde Kenntnisse der deutschen
Geschichte und eine sehr positive Ausstrahlung.
Doch nachdem Wochenende sah alles anders aus und die Solidaritätsadresse
war ein Relikt der Vergangenheit. Der Vorstand des Landesverbandes
Mecklenburg-Vorpommern beschloß einstimmig Pastörs als
NPD-Bundesvorsitzenden dem Parteitag vorzuschlagen, da „niemand
anderes für die Führung der Bundespartei in Frage kommt“.
Am Mittwoch ging Molau mit einer persönlichen Erklärung an die
Öffentlichkeit.Für ihn ist Voigt nur eine „willfährige Marionette des
Börsenspekulanten Rieger“ und beide hätten „in den letzten
Wochen eine planmäßige Rufmordkampagne“ gegen ihn betrieben,
schreibt der ehemalige Kandidat.
Nun, nachdem Beschluss des Landesverbandes M-V sieht Molau keine
Möglichkeit mehr, den Bundesvorsitz übernehmen zu können. Es geht
ihm nur noch darum, „daß Udo Voigt als Parteivorsitzender abgelöst
und Jürgen Rieger als Vorsitzender oder Einflüsterer verhindert
wird“.
Denn Voigt hat für Molau jegliche Legitimation zur Führung der Partei
verloren. „Weder der Finanzskandal in Thüringen veranlaßten ihn
zu Konsequenzen, die Affäre Kemna, noch die jetzt notwendig
gewordene Selbstanzeige der Partei beim Deutschen Bundestag. Ein
Parteivorsitzender, der nicht merkt, daß Beträge in
hunderttausender Größe aus den Parteikassen verschwindet, hat die
Legitimation zur Führung der Partei verloren. Ein Vorsitzender, der
noch beim letzten Parteitag die Hand vor einen Schatzmeister gehalten
hat, dessen Schuld zu 80 % klar war, ist nicht mehr glaubwürdig.“
Der stellvertretende Parteivorsitzende Roßmüller zeigt sich
desillusioniert und will nicht mehr für ein Amt im Bundesvorstand
kandidieren. Zudem wird er „in der Parteivorsitzendenfrage keinen
Schwenk vollziehen, jedoch auch Udo Pastörs meine Stimme nicht
geben“ und sich politisch ganz auf den bayrischen Landesverband
konzentrieren.
Derweil pflegen die beiden NS-Anhänger Rieger und Pastörs ihre Privatfehde
und werfen sich gegenseitig unlautere Methoden und Raffgier vor.
„In diesem Zustand benötigt die deutsche Rechte keinen Staat, der sie
zerstört. Das besorgen solche Leute von ganz allein“, endet Molaus
persönliche Erklärung. Ob die Weissagung zutrifft und die Partei
geschwächt aus dem Richtungsstreit hervorgeht, wird sich frühesten
beim für Ende März geplanten Bundesparteitag zeigen.
Vorsorglich, damit die Querelen nicht öffentlich werden, hat der
NPD-Landesvorstand M-V „ beschlossen einen Antrag auf
Nichtzulassung der Presse zu stellen“.