Die Zusammenstellung schwarzgelber Kabinette genügt nicht unbedingt sachlogischen und nachvollziehbaren Kriterien, das wurde allen interessierten Beobachtern spätestens nach der mit Bravour nicht bestandenen Eignungsprüfung von Guido Westerwave als künftigem Außenminister nochmal in Erinnerung gerufen. Nicht minder interessant ist die Kabinettsarithmetik unter regionalen Gesichtspunkten. Die Charts:
Platz 6: Die Stadtstaaten und überhaupt alles Urbane
Okay, die Kanzlerin wohnt seit Urzeiten mitten in Berlin, aber genau das spielt bei ihr erwiesenermaßen keine Rolle. Sonst ist aus den Stadtstaaten niemand vertreten, und auch alle anderen Metropolen sucht man vergeblich. Die FDP hat schlicht keine vorzeigbaren Leute mit urbaner Sozialisation. Die CDU hat ein paar, aber Armin Laschet, Wolfgang Schuster oder Ole von Beust sind innerparteiliche Außenseiter, von denen sich die Mehrheit nicht ihren Spaß verderben lassen möchte.
Platz 5: Der Osten
Auch hier muss man vermutlich eigens in Erinnerung rufen, dass Angela Merkel seit 1990 ein Direktmandat im Wahlkreis Stralsund zu erringen pflegt. Sonst muss der Osten wie die Städte dafür büßen, die geliebte neue Regierung bei der Wahl nur unterdurchschnittlich unterstützt zu haben. Nur die braven Sachsen haben ordentlich geliefert und werden dafür immerhin mit dem Innenministerium abgefunden, schließlich kann man von dort aus gerade keine Entscheidungen von regionalpolitischer Bedeutung treffen.
Platz 4: Der Norden
Aus Richtung Schleswig-Holstein war nichts zu erwarten, die Niedersachsen kommen immerhin mit von der Leyen und Rösler vor. Eine Super-Nanny und das Ausbremsen eines Hoffnungsträgers durch das allseits berüchtigte Ministerium für allgemeine Unbeliebtheit – das soll reichen.
Platz 3: Der Westen
Pofalla hatte sich mehr erhofft, dafür bekommt Norbert Röttgen die unverhoffte Chance, seine fachliche Kompetenz zu erweitern, wofür wir ihm bei aller Skepsis viel Erfolg wünschen sollten. Westerwave kommt auch aus dem Rheinland – na gut. Der nette Norbert Lammert zählt nicht mit.
Platz 2: Der Südwesten
Nein, Tanja Gönner konnte nicht Umweltministerin werden, das wären einfach zu viele Frauen am Kabinettstisch gewesen. Dafür sitzt Schäuble jetzt immerhin an der Kasse, was nicht die schlechteste Entschädigung ist. Ach ja, und Annette Schavan bleibt uns erhalten, ich musste auch nochmal extra hingucken. Das sogenannte Spiegelressort der Finanzen, die Wirtschaft, bleibt mit Brüderle auch in der Gegend. Wirklich bizarr ist jedoch die Besetzung von Franz-Josef Jung als Arbeitsminister: Der Weinbau als Wachstumsbranche, oder wie soll man das verstehen? Nun, ganz abwegig klingt es nicht, auch Dirk Niebel als Minister für Entwicklungshilfe ist bei Lichte betrachtet eine rationale Wahl. Für ein Ministerium, das man eigentlich gar nicht möchte, kommt schließlich nur ein echtes Nichts als Ressortchef in Frage. Peter Müller mussten sie nicht mehr unterbringen, dafür haben Oskar Lafontaine und Hubert Ulrich über Bande mit Erfolg gesorgt.
Platz 1: Bayern
In welchen Fachbereichen gibt es traditionell am meisten Investitionsmittel, vom Bund bezahlte Aufträge und direkte Subventionen zu verantworten und verteilen? Hmja, Investitionen für Straßen und so, also Verkehr, die Aufträge erhält die Rüstungsindustrie und die Subventionen die Bauern? Richtig, der Kandidat erhält drei Punkte! Wer wüsste das besser als unsere CSU? Und so bekommen die Bayern wie schon in früheren Regierungsjahren Ministerien, mit denen sie ganz vortrefflich den Länderfinanzausgleich ins Gegenteil verkehren können. Sabine von der FDP passt ein bisschen auf, dass alles mit rechten Dingen zugeht, und dann fließt das zusätzliche Geld aus der Mehrwertsteuer der kommunalen Betriebe schön in Richtung Alpen. Wer mit einem so dürftigen Wahlergebnis so viel herausholt, hat die Goldmedaille mehr als verdient.