Gleich an zwei Orten traf sich die politische Konkurrenz am Wochenende zu Bundesparteitagen und wählte neue Vorstände. Die FDP versammelte sich in Rostock. Die Piratenpartei tagte in Heidenheim an der Brenz.
Zur FDP ist wenig zu sagen. Dort glaubt man, mit hektischem Hin- und Herschieben diverser Personen etwas erreichen zu können und scheitert damit schon an der Problemanalyse. Einer falschen oder nicht vorhandenen inhaltlichen Ausrichtung kann man nicht mit ein wenig personellem Klimbim beikommen. Wer Freude am Hin- und Herschieben hat, dem empfehle ich gerne den Klassiker Sokoban, den ich aus diesem Anlass gerne noch mal hervorgekramt habe. Die FDP ist dagegen weithin uninteressant.
Schon etwas spannender war da der Piratenparteitag, bei dem es sich formal um eine Mitgliederversammlung handelt. So schön dabei der basisdemokratische Anspruch ist, so problematisch wirkt sich der Umstand aus, dass dadurch so etwas wie ein Heimvorteil entstehen kann bzw. entsteht. Wer in Twitter mal reingeschaut hatte, stellte fest, dass das auch piratenintern zum Teil kritisch gesehen wurde. Schließlich handelte es sich bei der anstehenden Neuwahl des Parteivorsitzenden um eine Richtungsentscheidung.
Zwar stellten sich insgesamt acht Männer zur Wahl, doch letztlich entwickelte sich bereits im Vorfeld eine Polarisierung mit zwei klaren Favoriten. Diese repräsentierten die Positionen „Konzentration auf netzpolitischen Kern“ und „Erweiterung des thematischen Spektrums“. Während die erstgenannte Richtung in den südlichen Landesverbänden stark vertreten ist, findet letztgenannte mehr Rückhalt im Norden. Angesichts des im Süden gelegenen Versammlungsortes überraschte es dann nicht allzusehr, dass am Ende der Baden-Württemberger Sebastian Nerz das Rennen machte. Er steht für eine Beschränkung seiner Partei auf das Netz, während Konkurrent Christopher Lauer aus Berlin gerne weitere Themenfelder besetzt hätte.
Aus der grünen Perspektive könnte die Entscheidung der Piraten insoweit als angenehm bewertet werden, da sich so die Frage nach einer mittelfristig zusätzlichen ernsthaften progressiven Konkurrenz nicht stellt. Wer sich für mehrere Themen im politischen Raum, im Idealfall sogar für das gesamte Spektrum interessiert, ist bei einer Partei, die in vielen wichtigen Fragen auf klare Aussagen entweder gänzlich verzichtet, oder den handelnden Akteuren überlässt, nicht gut aufgehoben. Gerade an der Basis, also in der Kommunalpolitik, hilft das Netz nicht bei jeder Frage weiter. Seltsame Wählerzusammenschlüsse, die einem vor Wahlen nicht erklären können, was sie eigentlich wollen, haben wir eher zu viele als zu wenige, auch wenn es seltsamerweise immer mehr davon gibt.
Ein wenig bedauerlich finde ich es dann aber doch, denn argumentative Herausforderungen sind meistens etwas Lohnendes und bringen einen selbst auch weiter. Bei Grüns hat mensch sich von Anfang an bemüht, die ökologische Frage nicht alleine zu betrachten – die es dennoch versucht haben, sind gescheitert oder sehr klein geblieben. Ziemlich bald war klar, dass es nur im Rahmen eines grundlegend emanzipatorischen Ansatzes geht, weswegen grüne Politik ohne Lösung der sozialen Frage und ohne Gleichberechtigung nicht funktioniert. Gelegentlich müssen wir uns selbst daran erinnern. In Sachen Gleichberechtigung fällt im Übrigen auf, dass FDP und Piraten sich einträchtig die rote Laterne (im demokratischen Spektrum) teilen.
Ich hätte es spannend gefunden, darüber zu diskutieren, wie mensch ausgehend von der Frage der Information, Informiertheit und informationellen Selbstbestimmung im Netz und darüber hinaus zu einem umfassenden Politikmodell kommen kann. Von der Piratenpartei in ihrer Mehrheit wird diese Diskussion nun nicht ausgehen. Wir Grüne sollten sie führen.
Lustige Falschinformation. Ich empfehle ein Bluck in das Vollprogramm des LV BaWü (an dem Sebastian mitgeschrieben hat). Und von Lauers Kernthemen-Netzpolitik Rede will ich garnicht reden. Bist du sicher du weißt wovon du redest? Vielleicht BW mit BY verwechselt? Oder Nerz mit Lauer?
Verstehe ich nicht!
Deshalb freue ich mich auch sehr über die mE hervorragende neue politische Geschäftsführerin: „Das Zusammenführen zweier politischer Positionen zu einer einzigen ist eine politische Aufgabe, keine sozialpädagische.“ (aus dem Gedächtnis zitiert)