Fragwürdiges Gutachten zur Zukunft des Theaters

Auf Bitten unserer Fraktion erhielten die Fraktionen der Greifswalder Bürgerschaft im Juni das Gutachten (besser gesagt: die Power Point Präsentation) von METRUM zur „Erarbeitung von Modellen zur Weiterentwicklung der Theater- und Orchesterstrukturen in Mecklenburg-Vorpommern (östlicher Landesteil)“.
Das Gutachten zum westlichen Landesteil kennen wir bis heute nicht. Aber das Gutachten zum östlichen Landesteil lässt auch so schon genug Fragen offen bzw. wirft neue auf.
Der Wirtschafts-, Tourismus- und Kulturausschuss der Stadt wurde in der Sommerpause extra einberufen, um das Gutachten zu diskutieren. Dass genau das in der Sitzung nicht geschah, war sicherlich das Interessanteste an diesem Abend.
Denn sehr schnell wurde die Frage nach alternativen Lösungen zu den im Gutachten vorgeschlagenen Fusionsideen laut. Zu einer Lösung kam man in der Sitzung nicht.

Allerdings wird es kommenden Montag, den 18.8., 18 Uhr eine öffentliche Sondersitzung der Bürgerschaft in der Stadthalle geben, in der ein Vertreter von METRUM das Gutachten vorstellen und ein Vertreter des Kultusministeriums Fragen rund um das Gutachten beantworten wird. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird dort nicht nur durch die Mitglieder der Bürgerschaftsfraktion Greifswald, sondern auch durch Kolleg_innen aus Stralsund vertreten sein. In dieser Sitzung wollen wir versuchen, möglichst viele der offenen Fragen zu klären, und hoffen auch, einen Einblick in das Gutachten für den Westteil des Landes zu erhalten. Dadurch erhoffen wir uns eine Grundlage, auf der sich die wichtige Entscheidung zur Zukunft unseres Theaters Vorpommern treffen lässt.

Bei der Sondersitzung des Kulturausschusses wurden alle Fraktionen gebeten, vorab Fragen einzureichen, die in der BS-Sitzung beantwortet werden sollen. Selbstverständlich sind darüber hinaus auch spontane Fragen möglich.
Diese Fragen haben wir bereits eingereicht:

1. Die Landeszuschüsse sollen erst ab 2020 erhöht werden. Die Haustarifverträge im Theater Vorpommern enden aber schon 2016.
Welche Konzepte bieten das Ministerium und METRUM für den vakanten Zeitraum von 2017 – 2020, um das Theater ohne Erhöhung der Zuschüsse über diesen Zeitraum zu erhalten?

2. Wie will die derzeitige Regierung verbindlich gewährleisten, dass und in welcher Höhe die Zuschüsse ab 2020 tatsächlich erhöht werden (Stichworte: Haushaltsvorgriff und mögliche Regierungsneubildung nach der Landtagswahl 2016)?

3. Wie oft und wann (bitte mit Datum) fanden gemeinsame Gesprächsrunden zwischen allen Betroffenen des östlichen Landesteils zu der Erstellung des Gutachtens statt (METRUM-Vertreter/-innen, Ministeriumsvertreter/-innen, Theaterintendanz Theater Vorpommern, Theater und Orchestergesellschaft, Theater Anklam, Vertreter/-innen der kommunalen Träger und der Kreise Vorpommern-Rügen und Vorpommern-Greifswald)?

4. An welchen Stellen fließt die prognostizierte demographische Entwicklung und damit sich verändernde Publikumsansprüche und Zielgruppen in das Gutachten ein?

5. Wie erklärt sich METRUM die Diskrepanzen zwischen realen Zahlen und zugrunde gelegten Zahlen im Gutachten (z.B. die lt. Betriebsrat tatsächlichen und auf S. 28 formulierten Dienstzahlen des Orchesters oder die falsche Zahl der Renteneintritte in der Philharmonie auf S. 39)?
Wie erklärt METRUM das Fehlen von Spielorten auf dem Beispielmonatsplan S. 54 bzw. auf S. 26 (Putbus)?
Wie erklärt sich METRUM die Diskrepanzen der Zahlen im eigenen Gutachten: z.B. Reisedienste des Konzertorchesters (S. 26: 20 Reisen nach Greifswlad, S. 30: 14 Reisen nach Greifswald)?

5. Bitte stellen Sie uns im Vergleich zu den Zahlen des Ostteils des Landes den Konsolidierungsbedarf des Westteils vor (Finanzen, Stelleneinsparungen).

6. Die Erstvorstellung von Modell 7 im Sept. 2012 hatte als Prämisse zwei Staatstheater. Im Westteil wäre dies ein Staatstheater aus Schwerin und Rostock, im Ostteil das Staatstheater aus Theater- und Orchestergesellschaft und Theater Vorpommern.
Rostock wird nach derzeitigem Stand nicht Teil des Staatstheaters West. Erhält das Staatstheater Schwerin dann entsprechend weniger Geld (Staatstheater besteht ja nur noch aus einem Theater)? Wie wirkt sich das auf das Gesamtmodell 7 und auf den Ostteil des Landes aus?

7. Welche Rechtsform hat das neue Staatstheater im Ostteil des Landes? Welche Rolle spielen darin die kommunalen Träger, welche das Land (Zuschussanteile, Verantwortlichkeiten, Entscheidungsbefugnisse)?

8. Welche Stellungnahme haben der Landkreis Vorpommern-Greifswald und die Stadt Anklam zur Übernahme des Theaters Anklam durch Stadt und Kreis abgegeben?

9. In welcher Form werden zukünftig Gebäudeinvestitionen der kommunalen Träger mit den Landeszuschüssen verrechnet?

10. Dem Gutachten fehlt der wichtigste Teil: die Einnahme-Ausgaben-Aufstellung (Stand und Prognose) aller einzelnen Posten. Der wichtigste Punkt des Gutachtens ist damit nicht nachvollziehbar. Wie kommen etwa die errechneten Einspareffekte überhaupt zustande? Wie wurden durch die Fusion steigende Kosten (z.B. durch Transporte von Mensch und Material) gegen gerechnet?

11. Neubrandenburg und Neustrelitz zahlen zur Zeit in die TOG nur in etwa halb so viel wie Stralsund und Greifswald in die TVP, sollen zukünftig aber in einem fusionierten Theater die gleichen Leistungen erhalten. Warum geht das Gutachten von gleich bleibenden Zuschüssen aus?
Was ändert sich finanziell am Modell mit gerecht verteilten Zuschusshöhen?

12. In welcher Form sind im Gutachten die Ostseefestspiele und die Festspiele Neustrelitz berücksichtigt?

13. Was geschieht, wenn ein nach Vorstellungen von METRUM fusionierter Theaterbetrieb trotz aller durchgeführten und möglichen Einsparungen nicht zum gewünschten Ziel führt? Bleibt die Landesregierung dann trotzdem bei ihren finanziellen Zusagen – inkl. möglicher Dynamisierung?

14. Das Ministerium droht laut Theatererlass 2014/15, die Zahlung im letzten Quartal zum 5.10.2014 um 10% zu kürzen, falls bis zu diesem Datum keine Zielvereinbarung zwischen Theaterträgern und Ministerium unterzeichnet ist.
Der Minister hat zugleich in der Landtagssitzung am 1. Juli 2014 den Kommunen zugebilligt, dass sich nach der Kommunalwahl die Gremien zunächst konstituieren und dass sich die neu gewählten Volksvertreter_innen eine Meinung bilden müssen, bevor Zielvereinbarungen unterzeichnet werden sollen.
Das METRUM-Gutachten wurde der Öffentlichkeit erst Mitte Juni zugänglich gemacht.
Derzeit befinden wir uns in der Sommerpause. Die Konstituierung der Ausschüsse kann frühestens Ende August erfolgen.
Danach bleibt den neu gewählten Gremien noch ein einziger Monat (September) Zeit, das Gutachten zu diskutieren und mit dem Ministerium eine Zielvereinbarung auszuhandeln und zu unterzeichnen, wenn die Frist bis 5.10.2014 eingehalten werden muss.
Hält das Ministerium den Zeitraum von einem Monat für diese weitreichende Entscheidung für angemessen?
Wie steht dieser Zeitraum aus Sicht des Ministeriums und METRUM im Verhältnis zur Dauer von 2,5 Jahren für die Erstellung des Gutachtens?
Wird das Ministerium angesichts dieser Zeitschiene seine Androhung der Mittelkürzung wahr machen?

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