Während der Staat bei Geringverdiener/innen, insbesondere bei alleinerziehenden Singles, überproportional stark zugreift, wird beim Einkommen von Spitzenverdiener/innen zurückhaltender zugelangt. Das ist leider keine „linke Weltverklärung“, Ergebnis eines tieferen Blicks in Statistiken:
http://www.zeit.de/online/2009/20/oecd-steuerbelastung-deutschland-ungerecht
Ist schon dreist, im Kontext der aktuellen Krise und ihrer Verursachung, die „Betragsbemessungsgrenze“ nicht nicht antasten zu wollen. Der Spitzensteuersatz sorgt dafür, dass Menschen, die Milliarden verdienen, genauso wenig Steuern zahlen müssen, wie solche, die „nur“ Millionen bekommen. Liebe Schwarz-Gelbe & friends, wer kann mir erklären, wie sich das rechtfertigen lässt??
Wie sagte ein Grüner Nachwuchspolitiker so schon auf dem Parteitag: „Wer Tümpel austrocknen will, sollte nicht die Frösche fragen. Und wer Steueroasen austrocknen will, sollte nicht die FDP fragen.“ (Wir wollen natürlich nicht ökologische wertvolle Tümpel austrocknen, sondern einzig die Steueroasen 😉 Und Steueroasen sind natürlich etwas anderes als die Betragsbemessungsgrenze. Es geht mir hier um die Bevorteilung von Großverdiener/innen durch schwarz-gelbe Steuerpolitik in Gänze.)
Hallo Anne. Da brauchst du nicht die Schwarz-Gelben zu fragen. Es geht darum, die LeistungsträgerInnen nicht aus Deutschland zu vertreiben. Wenn man die Einkommenssteuer immer weiter wachsen lässt bleibt irgendwann von jedem zusätzlich verdientem (oder auch nicht verdientem) Euro nichts mehr übrig. Also gehen die dann ins Ausland.
Und bei den Sozialabgaben hat die Beitragsbemessungsgrenze zwei Funktionen: Sie lässt die Abgabenlast nicht weiter steigen (was auch wieder den LeistungsträgerInnen und den Unternehmen zugute kommt), ermöglicht aber auch den Wechsel zu einer privaten Krankenversicherung. Bei dieser Gehaltsklasse kann man sich also aus der solidarischen Finanzierung verabschieden. Beamte gehören übrigends generell zu dieser Gruppe von Privatversicherungsmöglichen, auch mit geringerem Einkommen. Und da im Bundestag sehr viele aus dieser Gruppe sitzen, wird sich an diesem System auch nichts ändern…
Hallo Ralf, schön von dir zu lesen!
Ich bezweifle, dass die Motivation zum Arbeiten und Hierbleiben in diesen Gehaltsklassen wirklich das Noch-Mehr an Geld ist. Zieht bei Spitzenverdiener/innen nicht viel eher der eigene „Marktwert“, d.h. im Kern Anerkennung, Status und Geltung (um es mal positiv zu formulieren)?!. Dieses Wetteifern würde durch einen hohen Steuersatz nicht angetastet werden.
Der empfundene Schmerz, dass der xy.millionste Euro fast weggesteuert wird, ist ja eher eine Frage der Einstellung gegenüber dem Sozialsystem. Glücklicher macht der jedenfalls den- oder diejenige nicht (dazu gab es ja in letzter Zeit etliche Studien).
Und ist es nicht eine ziemlich verwerfliche Argumentation, eher die Geringverdiener/innen steuerlich zu belasten, WEIL die nicht mal eben ins Ausland abwandern können? Folgt man dieser Argumentation, würde man Deutschland zu einem Paradies für Millionäre und transnationale Konzerne machen, „damit sie nicht abwandern“. Ich denke, Aufgabe der Politik ist dagegen, die Mauer zwischen „Oben“ und „Unten“ so niedrig zu halten, dass sie von allen überklettert werden kann. Eine überproportionale Besteuerung der Geringverdiener/innen packt eher noch ein paar Ziegelsteine drauf!
Ziel der Politik sollte doch sein, dass die Menschen im Lande zufrieden sind. Und das sind sie nachweislich nicht, wenn die sozialen Ungleichheit zu groß ist. Keine Spitzenverdiener/innen zu haben, ist also für die Zufriedenheit im Lande eher vorteilhaft. Und wie gesagt, Anreize zum Unternehmertum wird es auch dann noch genug geben, wenn der Staat bei den aufgeblähten Gehälter stärker zugreift.
Dass sich Besserverdienende aus der Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen entziehen (können), ist doch auch voll daneben! Und das Resultat, dass Privatpatient/innen deutlich bessere Behandlungen (Termine, Leistungen, Beratungen…) bekommen, ist echt schäbig für eine „soziale“ Marktwirtschaft!
Und noch ein Gedanke zur Lohnungleichheit: Sie für auch zur Demotivation von Arbeiter/innen. Wer legt sich schon gerne für eine/n Chef/in ins Zeug, die/der das tausendfache von dem eigenen Gehalt verdient? Dass Ökonom/innen diesen Verlust noch nicht „berechnet“ haben 😉
Lieber Gruß von
der Anne
Da bin ich ganz deiner Meinung. Mein Hinweis auf die ‚Flucht‘ der Besserverdienender sollte auch nur das gängige Argument zeigen. Ich frage mich, warum in der Diskussion nie die Gruppe an UnternehmerInnen zitiert wird, die für eine Erhöhung von Steuern plädieren. Die zeigen nämlich, dass sie sich ihrer Verantwortung für diesen Staat wohl bewusst sind. Meiner Meinung nach sind das auch nicht wenige. Aber die passen eben nicht ins Bild der neoliberalen Vordenker.