Die Fraktion GRÜNE/ok hat ein Programm zur Qualitätssicherung in den Greifswalder Kitas auf den Weg gebracht. Es geht um kurz- und mittelfristig durch die städtische Verwaltung und Politik umsetzbare Punkte.
Wir laden alle Erzieherinnen, Eltern, Träger von Kitas, die Stadtverwaltung und andere Interessierte herzlich ein, an der endgültigen Formulierung des Programms mitzuwirken. Kommentare sind ausdrücklich erwünscht. Im Jugendhilfeausschuss am 20. April wird der Antrag diskutiert. Am 25. Mai geht er in die Bürgerschaft.
Bei Interesse kann eine ausführliche Sachdarstellung angefordert werden.
5-Punkte-Programm zur Qualitätssicherung an den KiTas der Universitäts- und Hansestadt Greifswald
Personalschlüssel bei der KiföG-Novelle M-V: Die Universitäts- und Hansestadt Greifswald unterstützt die Bestrebungen auf Landesebene, in der für dieses Jahr geplanten KiföG-Novelle den Personalschlüssel der KiTas zu Gunsten der Betreuungsqualität zu verbessern.
Personalschlüssel in Greifswald: Die Vorgaben des KiföG M-V bezüglich des Personalschlüssels sind als Mindeststandards in den städtischen KiTas und in den KiTas in freier Trägerschaft einzuhalten. Der Personalschlüssel muss mit einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Anwesenheitszeiten der Kinder und der ErzieherInnen berechnet werden. Es dürfen nicht einseitig Fehlzeiten der Kinder eingerechnet werden.
Die Stadt strebt mittelfristig an, den Personalschlüssel in der KiTa-Satzung zu Gunsten der Betreuungsqualität zu verbessern.
In den Personalschlüssel muss ausreichend Zeit für die Vorbereitung, Nacharbeit, Dokumentation und Elternarbeit der ErzieherInnen einfließen.
Eine Kürzung des Personalschlüssels ausschließlich aus haushaltstechnischen Gründen ist abzulehnen, da sie sich aus pädagogischer Sicht nicht rechtfertigen lässt.
Qualitätssicherung im KiTa-Alltag: Es muss sicher gestellt werden, dass die Kinder einer Gruppe während der Kernzeiten der Ganztagsbetreuung (8.00 – 16.00 Uhr) von nicht mehr als 2 ErzieherInnen betreut werden. Die Betreuung durch mehr als 2 ErzieherInnen muss der Ausnahmefall sein. Die Aufteilung von Gruppen wegen Fehlzeiten der ErzieherInnen ist zu vermeiden.
Deshalb muss auch die Stadtverwaltung gezielt und schnell auf angeforderte Stundenumlegungen reagieren, wenn es die Situation in einer KiTa erfordert.
Vorschuljahr: Die Universitäts- und Hansestadt Greifswald wirkt auf Landesebene darauf hin, dass die Finanzierung der vorschulischen Bildung auf Grundlage der konkreten Anzahl der Kinder, die tatsächlich am Vorschuljahr teilnehmen, berechnet wird und nicht mehr auf Zahlen aus dem vorvergangenen Jahr beruht. Nur so ist das sogenannte „kostenlose Vorschuljahr“ in vollem Umfang zu gewährleisten.
Während des Vorschuljahres wird durch Elterngespräche sowie einen über das gesamte Jahr verteilten regelmäßigen Austausch mit der Grundschule, die dem Sozialraum der KiTa zugeordnet ist, ein reibungsloser Bildungsübergang der Vorschulkinder gewährleistet. Hierfür ist eine ausreichende Stundenzahl für die ErzieherInnen der Vorschulkinder mit Beginn des Vorschuljahres in den Personalschlüssel einzurechnen.
Pädagogisches Profil: Bei der Fortführung der KiTa-Konzeption ist zu überprüfen, welchen Stellenwert die pädagogischen Profile der KiTas für die Eltern bei der KiTa-Auswahl haben. Das Ergebnis ist in der KiTa-Konzeption zu berücksichtigen.
In jedem Fall ist im Sinne der Qualitätssicherung durch regelmäßige Evaluationen in den KiTas sicher zu stellen, dass dort die praktische Umsetzung der pädagogischen Profile nach einem schlüssigen Konzept erfolgt.
Frauke Fassbinder und Michael Steiger
Ein wirklich (fast) gelungenes Rundumpaket. Dennoch sollte bei den Vertretern in der Bürgerschaft betont werden, dass jeder einzelne aufgeführte Punkt nur sinnvoll im Gesamtkontext ist, um von vornherein das „Herausfischen“ einzelner Punkte zu vermeiden. Denn es macht keinen Sinn, den Betreuungsschlüssel als alleiniges Qualitätsmerkmal zu sehen, zu mal er eher eine quantitative Größe ist. Gleichfalls muss natürlich auch die pädagogische Qualität mitgedacht werden. Es nutzt niemandem ein guter Betreuungsschlüssel, wenngleich das Personal nur bedingt fähig ist, eine gute und vor allem zeitgemäße pädagogische Arbeit abzuliefern. Und dies gilt nicht nur für die „neuen“ ErzieherInnen und akademischen Fachkräfte, die zumeist in den Genuß einer sehr guten Ausbildung gelangt sind, sondern vor allem auch für das bereits bestehende Personal. Bedauerlicherweise musste ich die Erfahrung machen, dass in Greifswald zum Teil noch mit Methoden längst vergangener Zeiten, einer sehr fragwürdigen inneren Haltung zum Kind und erzieherischen Konzepten gearbeitet wird, bei der eher die Funktionalität der Einrichtung und die angenehme Arbeitsgestaltung der ErzieherInnen im Vordergrund steht, als das Kindeswohl und die pädagogische Förderung der Jüngsten unserer Gesellschaft. Durch Gespräche mit anderen Eltern bestätigte sich leider dieser Eindruck. Insofern wäre mein Vorschlag, Ihren 5-Punkte-Plan um eine Qualitätsoffensive zu erweitern, die eine stetige Weiterbildung und fachliche Begleitung der Betreuungskräfte ermöglicht und auch einfordert. Nur um keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen, ich durfte auch die Erfahrung machen, dass es bereits sehr gute Betreuungseinrichtungen und Fachkräfte gibt, die sich als Dienstleister verstehen und die erzieherische und pädagogische Arbeit der Eltern unterstützen, begleiten und beratend zur Seite stehen.
Insofern finde ich die Idee der regelmäßigen Evaluation sehr gur, wenngleich ich mich frage, durch wen? Durch die Einrichtung selbst? Naja. Durch die Verwaltung, vertreten durch das Jugendamt als Betreiber der kommunalen Einrichtungen? Oder gar durch die Politiker selbst? Die, wie wir auf der Podiumsdiskussion „Visionen für …“ erfahren durften, nicht immer in der Materie stecken, aber dennoch gerne entscheiden wollen. Ein recht schwieriger Punkt. Von der Finanzierung dieser Evaluierung mal ganz abgesehen.
Eine letzte Anmerkung vielleicht noch. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob man heutzutage noch von Kernzeiten sprechen kann. Der Arbeitsmarkt hat in Greifswald auch gerade in der Eigenschaft als Universitätsstadt ganz unterschiedliche Arbeitszeitkonzepte. Bei der Vielzahl an Studierenden , Universitätsangehörigen, den Klinikbeschäftigten, den Angestellen in den öffentlichen Verwaltungen, Tätigen im Verkaufsgewerbe, Handel und anderen Dienstleistungsbranchen kann von einem Arbeitszeitanfang ca.8.00Uhr und einem Arbeitszeitende ca. 16.00Uhr nicht mehr die Rede sein. Vielmehr sollten auch die Kindertageseinrichtungen in Sachen Öffnungszeiten flexibler werden und adäquate Betreuungsangebote entwickeln. Prinzipiell kann ich demnach auch nicht mit der Forderung von zwei „festen“ Erziehern zur Kernzeit mitgehen. Ich halte durchaus Schichtdienstmodelle mit mehreren Erziehern für möglich, wenn garantiert wird, dass die Betreuungssituation im Tagesablauf für das Kind vorhersehbar ist und sich nicht permanent durch Wechsel verändert. Erreichbar zum Beispiel durch „feste“ Bezugserzieher zu einer „festen“ Arbeitszeit.
Trotzdem wünsche ich ihrem Antrag Viel Erfolg und hoffe im Interesse der Jüngsten auf viele Befürworter in der Bürgerschaft.