Welche Personen konkret können eigentlich davon profitieren, wenn jemand in Mecklenburg-Vorpommern mit der Zweitstimme grün wählt? Anders als manche konkurrierende Gruppierung haben es Bündnis 90/Die Grünen nicht nötig, ihr Personal zu verstecken, auch nicht das hinter den Fensterplätzen, daher also mal ein kleines Gestöber auf der ein oder anderen Landesliste.
Die Spitzenkandidaten heißen Renate Künast und Jürgen Trittin und sind sowieso sicher drin, über die Listenplätze Berlin 1 (oder alternativ Direktmandat WK 82) bzw. Niedersachsen 2. Dasselbe gilt auch für die meisten anderen „Promis“, so etwa Bodo Ramelows Wunschkandidatin für das Amt der thüringischen Ministerpräsidentin, Katrin Göring-Eckardt (Thüringen 1), oder den Wunschkandidat der FTD für das Amt des Bundesfinanzministers, Gerhard Schick (Baden-Württemberg 4). Die Chancen der nicht auf einer Landesliste abgesicherten Direktkandidaten Ströbele (WK 84) oder Özdemir (WK 258) kann man aus Mecklenburg-Vorpommern definitiv nicht beeinflussen.
Das Hauptaugenmerk gilt natürlich dem Listenersten im Land, Harald Terpe. Für dessen Wiedereinzug werden bei gleichmäßiger Entwicklung der landesspezifischen Wahlbeteiligungen 4,1% der in Mecklenburg-Vorpommern abgegebenen Zweitstimmen notwendig sein. Natürlich hoffen wir, dass es mehr wird. Von diesem Mehr profitiert möglicherweise irgendjemand anderes auf einer anderen Landesliste.
Für die grüne Offenheit gegenüber Quereinsteigern steht beispielhaft Hermann E. Ott aus Wuppertal. Nachdem er über Jahre die grünen Anliegen aus der wissenschaftlichen Perspektive beim Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie vorangetrieben hat, möchte Hermann Ott nun die Seiten wechseln und kandidiert auf Platz 12 der grünen Landesliste Nordrhein-Westfalen. Aller Voraussicht nach wird das keine Zitterpartie, doch landespezifische Zahlen, die diese Vorhersage untermauern könnten, gibt es leider keine. Mit Hermann Ott gewänne insbesondere der Klimaschutz einen weiteren Mitstreiter im Bundestag.
Nicht zuletzt im Greifswalder Grünen-Kreisverband und seinem Umfeld ist eine starke Affinität zu Kultur, Literatur oder Theater festzustellen. Und von dort aus ist es nicht weit zur Musik. Die Gruppe der Kulturschaffenden könnte somit im Bundestag künftig idealtypisch von der Konzertpianistin Agnes Krumwiede aus Ingolstadt vertreten werden, die sich auf Platz 9 der grünen Landesliste Bayern bewirbt. Auch hierfür scheinen die Chancen allem Anschein nach recht gut zu stehen.
Im Unterschied zu den beiden Vorgenannten ist es im Falle von Christoph Erdmenger eher vermessen, von „guten Chancen“ zu sprechen. Damit sein Platz 2 auf der grünen Landesliste Sachsen-Anhalt für den Bundestagseinzug reicht, muss schon sehr viel zusammenkommen, vor allem eben Zweitstimmen – aber für die kann man ja sorgen. Christoph Erdmenger ist ein gebürtiger Wessi, den es aus beruflichen Gründen in den Osten verschlagen hat. Nach einem Studium der Geoökologie und anschließender wissenschaftlicher Tätigkeit ist Christoph Erdmenger inzwischen Fachbereichsleiter im Umweltbundesamt – auch das hatte es zuvor ja in den Osten, nach Dessau-Roßlau, verschlagen. Sein Themenspektrum ist noch um einiges breiter und umfasst auch einige interessante Überlegungen zum Thema Grundeinkommen. Der durchaus vergleichbare Studiengang lässt im übrigen einiges für die Zukunft unserer Greifswalder Direktkandidatin erhoffen.
Für den Aspekt „Verjüngung“ steht Sven-Christian Kindler (24) aus Hannover, und außerdem dafür, dass auch vergleichsweise „herkömmliche“ Studienrichtungen (BWL) bei Grüns willkommen sind. Sven Kindler hat es auf Listenplatz 6 der grünen Landesliste Niedersachsen geschafft und könnte davon profitieren, dass in Niedersachsen der Schröder-Effekt, der die letzten drei Male auch grüne Stimmen zur SPD gezogen hatte, nun wegfällt.
Noch ein paar Monate jünger ist Agnieszka Malczak, geboren in Legnica, aufgewachsen in Dortmund, Studentin in Tübingen sowie grüne Bundestagskandidatin im Wahlkreis Ravensburg und auf Platz 11 der Landesliste Baden-Württemberg. Eine einigermaßen abwechslungsreiche Biographie ist nicht die schlechteste Voraussetzung für den Schwerpunkt Bildungspolitik, auf den sich Agnieszka konzentrieren möchte. Ihre Chancen werden nun zusätzlich erschwert, weil in Stuttgart vieles auf ein Direktmandat für Cem Özdemir hindeutet. Dann bräuchten die baden-württembergischen Grünen schon 12 Sitze, um auch Agnieszka Malczak nach Berlin schicken zu können. Allein schon für die Entschlossenheit, mit einer Kandidatin ins Rennen zu gehen, die in dieser Region kaum jemand erwartet hätte, haben es die Ravensburger Grünen verdient, im nächsten Bundestag für ihre regelmäßigen 11-15% endlich mal mit einem Mandat belohnt zu werden. Die entscheidenden Stimmen dafür könnten, wie oben ausgeführt, über den Umweg der bundesweiten Verrechnung auch aus Mecklenburg-Vorpommern kommen.
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Und so knapp war es wirklich –
Insgesamt wurden es 68 Sitze, die Höchstzahlen der Angepriesenen haben folgende Ränge:
50 – Harald Terpe
54 – Sven Kindler
58 – Agnes Krumwiede
59 – Hermann Ott
66 – Agnieszka Malczak
Und (erwartungsgemäß) nicht drin:
112 – Christoph Erdmenger