In der letzten Ausgabe des Stadtblattes (Nr. 11, Seite 6) wurde den Bürger der Gutachterausschuss der Stadt vorgestellt. Auslöser dieser überraschenden, aber erfreulichen Aktion war sicherlich die Kritik am Vorgehen des Gutachterausschusses im Vorfeld des Verkaufs des großen Quartiers von fast 60.000 m² an der Hafensüdseite (Bebauungsplan 55 – Hafenstraße).
Wir sind dankbar, dass der Gutachterausschuss sich im Stadtblatt jetzt der Öffentlichkeit vorstellt. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN brauchte vor wenigen Wochen noch zwei schriftliche Anfragen an die Bürgerschaftskanzlei um die Namen und Funktionen der Mitglieder zu erfahren!
Als Begründung für den erstaunlich niedrigen Kaufpreis verwies die Stadtverwaltung damals auf den „vollkommen unabhängigen Gutachterausschuss“, der den Preis ermittelt habe. Liest man nun im Stadtblatt die Liste der Mitglieder des Gutachterausschusses ist man erst einmal beruhigt. Im Ausschuss finden sich Immobilienmakler, Bauingenieure, ein Architekt, ein Betriebswirt … Doch am Ende der Liste wird man stutzig. Ist der als „Jurist“ bezeichnete Herr Wixforth nicht Leiter des Tiefbauamtes? Sind nicht der Vorsitzende des Gutachterausschusses, Herr Klein, der Stellvertretende Vorsitzende, Herr Becker sowie Herr Niemann und Frau Heinze zum Teil leitende Angestellte der Stadtverwaltung? Hier von „unabhängiger“ und „ehrenamtlicher“ Tätigkeit zu sprechen ist kühn!
Doch kommen wir zum eigentlich Spannenden an diesem Artikel: Das Beispiel für eine Grundstückswertermittelung!
Vielleicht hätte man vor dem Beispiel noch schreiben können, dass es verschiedene Methoden der Verkehrswertermittlung gibt. Interessant wäre dann ja gewesen, nach welchen Kriterien ein bestimmtes dieser Verfahren für das Beispiel ausgewählt wurde. Doch gehen wir einmal davon aus, das Verfahren war angemessen für unser Beispiel-Grundstück.
Im Beispiel wird mit dem Verkauf einer einzigen Baufläche von 60.000 m² immerhin ca. 0,1% der gesamten Fläche der Stadt Greifswald von öffentlicher Hand in Privathand gegeben!
Wäre das kein imaginäres Beispiel, dann würden wir jetzt sicher alle den Wunsch aussprechen, dass dieses Vertrauen in die private Hand auch mit einer städtebaulich ansprechenden Bebauung belohnt wird. Das ist bei diesem hohen finanziellen Risiko, das der Investor nach der dargestellten Rechnung mit dem Kauf des Grundstücks eingeht, aber nicht gewährleistet.
Denn der Investor läuft bei einem Kaufpreis von 35,71 € pro bebaubarem Quadratmeter, bei zu erwartenden Kosten für die Baulandentwicklung von bis zu 98 €/qm und einem maximal erreichbaren Bodenwert von 130 €/qm sogar Gefahr Miese zu machen! Er investiert 133,71 €/qm und erhält bei Verkauf maximal 130 €/qm!
Warum sollte er denn dann noch teuer und anspruchsvoll planen, wenn er ohnehin schon ein Minusgeschäft macht?! Welcher Investor geht denn solch ein Risiko ein?! Das müsste schon ein sehr selbstloser oder kaufmännisch nicht beschlagener Investor sein, der sehenden Auges ins finanzielle Unglück rennt. Welch Maßlosigkeit der Stadt, die dem Investor ein Grundstück zu einem solch überhöhten Preis verkauft!
Welch verantwortungsloser Umgang der Stadt mit einem Investor! Schließlich stehen die in Greifswald auch nicht gerade Schlange! Zum Glück nur ein theoretisches Beispiel.
Wo war der Gutachterausschuss als die Stadt das Grundstück und das Gebäude der alten Post gekauft hat? Wie wir heute hier
http://blog.gruene-vorpommern-greifswald.de/2010/05/08/gemeinsame-sondersitzung-des-finanz-und-des-bauausschusses-am-kommenden-montag/
gelernt haben, war das Grundstück und das Gebäude mit soviel absehbaren Altlasten versehen, dass die Stadtverwaltung beim Erwerb einen offensichtlich in der Dimension von ca. 1 Mio. € zu hohen Kaufpreis unter Verwendung unserer Steuergeldern gezahlt hat!
Ich habe das Prinzip nach den heutigen Erläuterungen so verstanden:
1. Wenn die Stadtverwaltung ein Grundstück verkauft (z. B., B 55 Hafenstraße), kalkuliert sie alle praktischen und bis in die Unendlichkeit theoretischen Lasten zugunsten des Käufers und zu Lasten der Gemeinde.
2. Wenn die Stadt ein Grundstück erwirbt oder erwerben will, kalkuliert sie blauäugig ohne jedwede Lasten. Es ist der Verwaltung offensichtlich nicht bekannt, dass es einen Gutachterausschuss gibt!
Übrigens, dass Beispiel zur Kalkulation des Verkaufspreises im Stadtblatt Nr. 11/2010 ist eine reine Spekulation, um nicht zu sagen Provokation. Siehe z.B. auch hier, Seite 13, möglicher Anteil öffentlicher Flächen:
http://www.dvw.de/dvwextern/bay/UserFiles/File/Ver%C3%B6ffentlichungen/Mitteilungen/2005_1/koetter.pdf
Zusammengefasst: Wer ist für alle die erkannten und noch nicht bekannten Fehler verantwortlich?