Grüne Bundesdelegiertenkonferenzen gehören wie andere Treffen ähnlichen Charakters und ähnlicher Intensität zu Veranstaltungen, bei denen sich die Wahrnehmung eines Delegierten und die der veröffentlichten Meinung merklich unterscheidet. Da man eine dreitägige BDK dann aber auch nur schwer zusammenfassen kann, beschränke ich mich auf ein paar Bruchstücke:
Modifizierte Übernahme: Dieser Begriff steht für das Verfahren, bei den meisten Leitanträgen im Vorfeld oder auf der BDK die zahlreichen Änderungsanträge zu übernehmen, zurückzuziehen, oder meistens einen Teil davon zu übernehmen. Wirklich kontrovers abstimmen muss man am Ende kaum noch etwas, was da und dort für Kritik gesorgt hat. Die Aussage, ansonsten sei die Antragsmenge gar nicht zu bewältigen, leuchtet aber auch ein. Problematisch wird es nur, wenn man selbst nicht zu einem Kreis potentieller AntragsstellerInnen gehört und so nicht vollständig am Diskussionsprozess teilnehmen kann. Gerade ein kleinerer (und „unterpolitisierter“) Landesverband wie der unsere muss sich daher stets bemühen, nicht nur über die Vorstandsebene mit der Bundespartei in stetigem Austausch zu bleiben.
Wenig Auswahl: Die Wahlen zum Vorstand und Parteirat boten nichts Überraschendes. Wenn VorständlerInnen gute Arbeit geleistet haben, besteht einerseits wenig Anlass, sie einfach so auszutauschen. Andrerseits drängten sich die Alternativen auch nicht gerade auf. ParteiratskandidatInnen aus wahlkämpfenden Landesverbänden möchte niemand gerne ein schlechtes Ergebnis verpassen, schließlich ist das nicht gut für die Außenwirkung. Spannendste Personalie war dann noch die Abstimmung zwischen Stephan Schilling und dem letztlich wiedergewählten Malte Spitz um den letzten Beisitzerplatz im Vorstand. Wahrscheinlich ging es vielen hier so wie uns, dass wir eigentlich gerne beide in verantwortlicher Position gesehen hätten. Immerhin: Als BAG-Sprecher wird sich Stephan sicher weiter beteiligen. Dass aber bei den Parteiratswahlen ein unbekannter Spontankandidat aus Mühldorf die Stimmen von beachtlichen 46% der Delegierten bekam, zeigt wiederum, dass nicht wenige unglücklich mit der geringen Auswahl waren.
Planfeststellungskratie: Wortschöpfung aus der Bewerbungsrede von Boris Palmer. Beschreibt recht zutreffend ein übliches Verfahren bei der Planung von größeren Projekten. In Greifswald zum Beispiel angewendet bei Bahnhofsvorplätzen und Parkhäusern.
Wer hat sich noch nicht eingeworfen: Reflexives einwerfen ist eine beliebte Formulierung des Präsidiums. Wie aber muss ich mir das eigentlich vorstellen, wenn ich mich einwerfe? Den Startschuss am Samstagnachmittag lieferte hier nicht überraschend das Präsidiumsmitglied Jürgen Suhr aus Stralsund. Er fand gleich Nachahmer und Nachahmerin in Sven Kindler und Gesine Agena.
Olympia 2018: Der schlechte Witz der BDK. Ein Antrag zur Sportpolitik wird, weil einsortiert unter „Verschiedenes“, im Schnellverfahren behandelt. Natürlich hat fast niemand Ahnung, alle Norddeutschen müssen nach Gefühl abstimmen. Es kommt, wie es kommen musste: Schriftliche Abstimmung (mit Stimmzettel Nummer 6, nachdem die ersten fünf hier und dort schon zerkritzelt worden waren), relative Mehrheit für den Antrag, 70 Enthaltungen von den Ahnungslosen, aber selbstverständlich prominente Erwähnung in den Medien, ist ja auch so ein griffiges Thema. Ach was – das Abstimmungsergebnis sagt in erster Linie aus, dass es hier keine einheitliche grüne Meinung zu gibt. Wie aber hätte man sich diese auch bilden sollen? Sogar der Kreisverband Rostock stimmte nicht einheitlich ab.
Grüne Topographie: Zum Schluss noch eine Notiz für die Freundinnen und Liebhaber des Mental Mapping: Würde man Beiträge auf Versammlungen der grünen Bundespartei zum Maßstab nehmen, müsste man annehmen, die Stadt Tübingen hätte mindestens 500.000 Einwohnerinnen und Einwohner.
Soweit fürs erste. Später folgen wird noch einen weiterer thematischer Artikel zur Beitragsbemessungsgrenze. Das ist nichts für Matheluschen. Bis neulich.
[…] schon angedroht, möchte ich hier noch einiges zum Thema „Beitragsbemessungsgrenze“ in der Krankenversicherung […]
Jutta Ditfurth: mehr Schwarz als Rot bei den Grünen! Ich fand das DLF-Interview mit J.D. (zu lesen auch auf meinem BLOG) sehr interessant. Wenn man sich`s anhört, kommt noch besser der Humor zum Zuge. Ich empfehle es vor allem den Jüngeren die Einlassungen einer Zeitzeugin, die bei den Grünen einmal eine Rolle gespielt hat.