Bundesvorstand und Parteirat von Bündnis 90/Die Grünen haben sich am 29.11.10 unter gewissen Voraussetzungen für die Rente mit 67 ausgesprochen. Das Votum war im Bundesvorstand einstimmig, im Parteirat einstimmig bei zwei Enthaltungen.
Dieser Beschluss ist nicht unumstritten. Über den Debattenverteiler der Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialpolitik erreichte uns eine Mail, die wir mit ausdrücklicher Erlaubnis des Autors veröffentlichen. Ich teile die Ansicht des Autors Horst Schiermeyer, Vorstandsmitglied im Kreisverband Görlitz von Bündnis 90/Die Grünen.
„Gewerkschaftsgrün hat die Rente mit 67 im Frühjahr intensiv mit Wolfgang Strengmann-Kuhn diskutiert und sich dann trotzdem einstimmig dagegen entschieden, weil dies eine Rentenabsenkung und verstärkte Altersarmut zur Folge hat.
Die BDK hat die Anträge zur Rente an BuVo, BT-Fraktion und die BAGen Wirtschaft und Soziales verwiesen mit dem Ziel einer breiten Diskussion dazu in der Partei (das in dem ausgedruckten Verfahrensvorschlag komischerweise untergegangen ist, sich aber aus der Logik der Sache von selbst ergibt).
Auf dem Treffen der grünen Linken während der BDK am Freitagabend gab es eine sehr deutliche Mehrheit gegen die Einführung der Rente mit 67, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, bevor die Bedingungen dafür auch nur ansatzweise gegeben sind (z.B. haben z.Z. ganze 10 % der 64-Jährigen noch einen Vollzeitjob).
Warum da BuVo und Parteirat ohne irgend einen sachlichen Grund vorpreschen auch ohne, dass zumindest die BAGs vorher Gelegenheit zur Befassung hatten (wir sind bekanntlich nicht an der Regierung und werden dies auch mit Sicherheit nicht in den nächsten Monaten sein), ist für mich völlig unverständlich. Dass niemand von denen, die auf dem Ticket der grünen Linken in BuVo oder Parteirat gewählt worden sind, sich für das eindeutige Votum der grünen Linken interessiert, ist für mich noch unverständlicher.
Mein Dissens zur grünen Politik unter rot-grün begann, als im Sommer 1999 die Rentenversicherungsbeiträge für Langzeitarbeitslose das erste mal gekürzt und zugleich das Förderprogramm für private Rentenversicherungen des Herrn Riester aufgelegt wurde. Damals gab es noch die „Fischer-Gang“, die in solchen Fragen „Ruhe im Karton“ haben wollte und diese auch bekommen hat. Ich dachte, die Zeiten wären vorbei …
Wenn uns aus Berlin der „Fehdehandschuh“ hingeworfen wird, sollten wir auch öffentlich reagieren und deutlich machen, dass so Friede-Freude-Eierkuchen-mäßig die Stimmung innerhalb der Bündnisgrünen auch noch nicht ist,
meint Horst Schiermeyer, Zittau“
Wolfgang Strengmann-Kuhn gibt in seiner Rede im Bundestag eine durchaus fundierte Begründung, warum man die Rente mit 67 auch aus linker Perspektive vertreten kann: http://www.strengmann-kuhn.de/category/alterssicherung/
Wenn jetzt in Zittau darüber gejammert wird, dass sich diejenigen im Buvo, die „auf linkem Ticket da rein gekommen sind“, nicht das beschließen, was auf Hinterzimmertreffen mehrheitlich beschlossen wird, dann sollte gefragt werden, ob die Grünen nicht gerade dann (und nicht durch die Rente mit 67) zu einer Art von Partei werden, die sie nie sein wollte.