Am gestrigen Freitag begann für das Schauspielensemble des hiesigen Theaters die Sommerpause. Für 7 SchauspielerInnen sowie den Schauspieldirektor Matthias Nagatis, die leitende Dramaturgin Cathrin Darr und die Dramaturgin Anja Nicolaus werden diese wohlverdienten 4 Wochen weniger eine Zeit der Erholung als mehr eine der Anspannung und Umorientierung. Das liegt nicht so sehr am Wetter (auch wenn der Siebenschläfer hoffnungslos versagt hat), sondern an der Post, die sie vor zwei Tagen erhielten: Ein Brief mit der Ankündigung, dass die laufenden Verträge zum Ende der Spielzeit 2012/13 nicht verlängert werden. Dem gingen Anhörungen mit den betroffenen Mitarbeitern einerseits und dem zukünftigen Intendanten Dirk Löschner andererseits voraus. Vier weitere SchauspielerInnen hatten ihre Verträge (in weiser Voraussicht?) von sich aus gekündigt.
Alle anderen Sparten des Theaters Vorpommern haben Glück, dass das Theater der Altmark in Stendal, an dem Löschner zur Zeit als Intendant tätig ist, ein Ein-Sparten-Theater ist, sonst würde es wohl noch mehr Kündigungen geben.
Noch einmal zusammengefasst: Von dem festen derzeit 20köpfigen Schauspielensemble (17 Schauspieler und 3 Dramaturgen) bleiben 6 SchauspielerInnen erhalten. Nämlich diejenigen, die – mit einer Ausnahme – seit mehr als 15 Jahren am Theater Vorpommern tätig und deshalb unkündbar sind.
Jeder Intendant sollte selbstredend an der Bestellung des künstlerischen Personals federführend beteiligt sein und entscheiden dürfen, wer in sein Team passt. Aber kann ein Intendant solche Entscheidungen ungesehen treffen? Denn die Möglichkeit, sich künstlerisch unter Beweis zu stellen, gab Dirk Löschner keiner/m der Gekündigten. Die vier freigewordenen Stellen hätte Dirk Löschner in jedem Fall neu besetzen können, was immerhin auch schon einem Viertel des Schauspielensembles entspricht.
Neben der eigenen künstlerischen Verwirklichung liegt jedem Intendanten auch an der Steigerung der Publikumszahlen.
Ich finde, man könnte auch einmal einen anderen Weg ausprobieren: Am 04. September sind mit der Landtags-, der Landrats- und Kreistagswahl ohnehin schon viele Kreuze zu machen. Wie wäre es da, wenn Löschner das Publikum mitentscheiden ließe über die Zukunft der Mutter Courage (Eva-Maria Blumentrath), der Sugar (Marta Dittrich in „Manche mögens heiß – Sugar“), des Peer Gynt (Christian Holm), von Kaa, die Pythonschlange (Katja Klemt in „Das Dschungelbuch“), Paul (Hannes Rittig in „Die Legende vom Glück ohne Ende“), Pippi bzw. Ines (Anke Neubauer in „Pippi Langstrumpf“ und ebenfalls „Die Legende vom Glück ohne Ende“), und Garry Lejeune (Grian Duesberg in „Der nackte Wahnsinn)?
Zumal diese Schauspieler auch in vielen anderen Bereichen des kulturellen Greifswalder Lebens fehlen würden. Exemplarisch seien hier nur genannt: Tresenlesen, Studententheater sowie Begleitung von Schultheaterprojekten …
Ich finde es verantwortungslos, wenn, offenbar ohne viel Federlesen, 15 von 20 Schauspielern rausgeworfen werden.
Wenn das dann vom Geschäftsführer des Theaters noch als ganz normaler Vorgang bezeichnet wird, wirkt das doch reichlich zynisch.
Ja, Herr Löschner sollte das Schauspiel-Ensemble im September zur Wahl antreten lassen!
Falls das nicht klappt, wie wäre es mit einer neuen Initiative: „Schauspiel-Ensemble Theater Vorpommern bleibt!“