Zu den ärgerlichen Folgen der Kreisgebietsreform zählen auch Dinge, an die in der öffentlichen Debatte dazu kaum gedacht wurde. Eine dieser ärgerlichen Folgen ist die geminderte Aussagekraft mancher Statistik.
Dazu lieferte die OZ heute eine nette Vorlage, indem sie schrieb, dass die Stadt Rostock als einzige Kommune des Landes im ersten Halbjahr 2012 an Bevölkerung gewachsen sei. Quelle dafür ist diese Meldung des Statistischen Landesamts, das am vergangenen Donnerstag Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung in Mecklenburg-Vorpommern für das erste Halbjahr 2012 veröffentlicht hat.
Wer genau hinsieht, stellt fest: Die Zahlen sind lediglich aufgeschlüsselt nach Kreisen bzw. kreisfreien Städten. Es sind also keineswegs sämtliche Kommunen erfasst. Auf der Ebene Kreis/kreisfreie Stadt (statistisch auch als NUTS3-Ebene klassifiziert) ist Rostock tatsächlich die einzige mit Bevölkerungswachstum.
Besonders aussagekräftig ist das alles aber nicht und genau hier liegt das Problem. Die Kreisgebietsreform hat die NUTS3-Ebene so gestaltet, dass die geschaffenen Einheiten viel zu groß sind, um die gewonnenen Daten gezielt als Grundlage für regionalpolitische Maßnahmen einsetzen zu können. Im Landkreis Vorpommern-Greifswald werden hier die Stadt Greifswald, ihr Umland, die Insel Usedom, die Ueckermünder Heide und das Anklamer Land in einen Topf geworfen. Die erheblichen Unterschiede zwischen diesen Räumen sind aus den bloßen Zahlen nicht ersichtlich. Betroffen ist nicht nur die Bevölkerungsentwicklung, auch mit Daten für Beschäftigung, Einkommen, Mieten oder Altersstruktur lässt sich kleinräumig differenziert sicher mehr anfangen als undifferenziert auf Großkreisebene.
Kommunen mit Bevölkerungszunahme gibt es einige in Mecklenburg-Vorpommern. Neben Umlandgemeinden in den Agglomerationsräumen Lübeck, Schwerin, Rostock und Stralsund gehören dazu als größere Städte die beiden Universitätsstädte Rostock und Greifswald. Im Jahr 2011 zum Beispiel nahm die Bevölkerungszahl Greifswalds um 467 Menschen zu. Eine Trendumkehr war 2012 nicht wahrzunehmen.
Ich möchte der Universitäts- und Hansestadt Greifswald daher empfehlen, parallel zu den Veröffentlichungen des Statistischen Landesamts eigene Zahlen herauszugeben, damit so ersichtlich wird, dass Greifswald (bzw. die Stadt-Umland-Region) und der Rest des Kreises Vorpommern-Greifswald sich grundlegend unterschiedlich entwickeln.
Zur Aussagekraft von Statistiken: Der See war im Durchschnitt einen Meter tief, trotzdem ist die Kuh ertrunken!