Es bestehen noch Zeichen der Hoffnung: Die Greifswalder Bevölkerung lässt sich nicht vorschreiben, dass und wo sie WM zu gucken hat. Auf dem Markt sind jedenfalls so wenige, dass sogar die ansonsten eher unkritische Lokalpresse nicht mehr schweigen konnte. Natürlich gibt es ein Defizit, natürlich gab es vorher keine seriösen Kostenplan, natürlich wurde die Bürgerschaft dazu genötigt, unkritisch Ja und Amen zu sagen, und natürlich wurde im Vorfeld eine Konstruktion gewählt, die das Defizit im Schattenhaushalt der PGS polstert.
Geradezu putzig erscheinen die als Erklärung für den Misserfolg angeführten Begründungen. Das böse Wetter! Die bösen Kneipen! Leute, die Fußball zuhause schauen! Dass die WM im Free-TV übertragen wird, hätte man allerdings wissen können.
Entscheidender ist wohl, was vor zwei und vier Jahren auch nicht anders war. Wenn nicht gerade Deutschland spielt, hält sich das Interesse am Public Viewing in Grenzen. Jetzt, wo das deutsche Vorrundenaus droht, geht natürlich die Angst um, dass die (ohnehin nie so richtig aufgestellte) Rechnung erst recht nicht aufgehen wird.
Gemeinsames Fußballgucken auf öffentlichen Plätzen ist in erster Linie ein Event. Äußerlichkeiten legen dabei eine Nähe zu Kostümfesten nahe. Wichtig ist das gemeinsame Erlebnis. Ohne eine gewisse Masse geht’s nicht, mit Wenigen ist der Effekt nicht da.
Wer hingegen die WM als Ganze verfolgen will und dem dabei gespielten Fußball weiterhin die Hauptrolle einräumt, kann dem Event hingegen oft nicht viel abgewinnen. Allesgucker (oder wenigstens Nicht-nur-Deutschland-Gucker) bevorzugen Orte, an denen sie sich auch mal auf das Spiel konzentrieren können. Allesgucker interessieren sich, wie schon die Bezeichnung nahelegt, auch für Spiele ohne „deutsche Beteiligung“. Möchte man einen öffentlichen Platz kontinuierlich füllen, so müsste dieser wohl erstens kleiner sein als der Markt. Zweitens wäre es auch mal eine echte Aufgabe, das Eventpublikum zum Blick über den deutschen Tellerrand hinaus zu bewegen.
Allen, die nicht begreifen, dass es bei einer Fußballweltmeisterschaft um internationalen Fußball geht, gönne ich Achtelfinalbegegnungen wie Uruguay gegen Südkorea aus vollem Herzen. Wird sicher ein interessantes Spiel.
»… natürlich wurde die Bürgerschaft dazu genötigt, unkritisch Ja und Amen zu sagen…«
ach ja? dann hab ich 3 fragen an sie:
warum?
wie ging das von statten?
und wie verhielt sich ihre fraktion dabei?
Find ich ziemlich dreist, wenn ich as WVG-Mieter nachher einen eventuellen Verlust über höhere Mieten ausgleichen darf.
Und im Umfeld von Public-Viewing-Veranstaltungen ist de facto die Verkehrssicherheit ausßer Kraft gesetzt. Der Bundesverkehrsminister findet nichts dabei. Die skandalösen Äußerungen von Ramsauer: http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,702129,00.html
hallo herr karpinsky,
seien sie doch bitte so nett und beantworten meine drei fragen aus dem ersten kommentar?
danke im voraus,
z.
Lieber „Z“, jeder könnte sich im Ratsinformationssystem der UHGW
http://ratsinfo.greifswald.de/ratsinfo/greifswald/Search.html
selbst ein Bild über die Geschichte dieser Story machen.
Da das System etwas kompliziert zu behandeln ist, bitte als Suchwort „PGS“ eingeben. Nicht zu vergessen die Haken bei Vorlage, Archiv, und Protokoll zu setzen. Ich verspreche , es wird interessant.
Hier nur soviel:
„Zu TOP: 6.2 Bestätigung der Eilentscheidung des Oberbürgermeisters zur
Übertragung der Fussball-WM 2010 auf dem Greifswalder Marktplatz
B101-05/10
Zu dieser Angelegenheit hat das erweiterte Präsidium beraten und dem Oberbürgermeister empfohlen, eine Eilentscheidung zu treffen, weil Eile geboten war, das elektronische Equipment zur Absicherung der Übertragung zu sichern. Der Oberbürgermeister erinnert daran, dass die Bürgerschaft bereits in der Dezembersitzung über dieses Thema ausführlich beraten hat. … Aus den Erfahrungen von 2006 und 2008 muss eingeschätzt werden, dass sich die Übertragungen auf dem Marktplatz bewährt haben. …“
Am Ende des Protokollpunktes findet man:
„Abstimmungsergebnis: bei 26 Ja-Stimmen, 13 Gegenstimmen und
2 Stimmenthaltungen bestätigt
Um 19:49 Uhr erhält Herr Multhauf einen Ordnungsruf.“
Man muss das in der Bürgerschaft selbst erleben, um zu verstehen, wie so etwas abläuft. Meistens nach folgendem Schema: Erst gibt es eine Information der Verwaltung, zu der wir natürlich weder debattieren, noch abstimmen müssen, da „es sowieso erst nur einmal eine Information ist“. In der nächsten Sitzung kommt es dann entweder zu einer Tischvorlage oder wir dürfen sogar nur – wie in diesem Fall – eine Eilentscheidung des Oberbürgermeisters hinterher absegnen. Schließlich war ja schon alles ausführlich besprochen …
Leider machen einige Fraktionen bei diesem Spiel immer noch mit.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat natürlich gegen die Vorlage gestimmt. Nicht, weil wir prinzipiell gegen Freiluftvorführungen von sportlichen Großveranstaltungen sind, sondern weil wir vorher die Kosten auf dem Tisch haben möchten, um verantwortlich eine Entscheidung treffen zu können.
Es ist allerdings Absicht, dass die Zahlen nicht bekannt gegeben werden. Schließlich haben bereits die beide vorangegangenen Übertragungen mit großen Defiziten abgeschlossen. Es muss aber nicht öffentlich gemacht werden, da man es in den Schattenhaushalt PGS (= Tochter der WVG) abgeschoben hat. Jetzt tragen es halt die Mieter der WVG oder über eine verringerte Gewinnausschüttung der WVG an die Stadt alle Bürger.
[…] Gemeine Greifswalder: Markt bleibt beim Public Viewing einfach … […]