Zum gefühlten fünfundachtzigsten Male: Der Einsatz von „Ein-Euro-Jobbern“ hat bei Pflichtaufgaben nichts zu suchen

Unsere Pressemitteilung von heute:

Grüne kritisieren den ABS-Einsatz zum Schneeräumen

Greifswald 16.01.10 Der Kreisverband Greifswald-Uecker-Peene von Bündnis 90/Die Grünen kritisiert den Einsatz von „Ein-Euro-Jobbern“ der ABS zum Schneeräumen in Greifswald. „Dies ist gleich in mehrerer Hinsicht rechtswidrig“, sagte Gregor Kochhan, sozialpolitischer Sprecher des Kreisverbandes.

Wie die Ostsee-Zeitung am 16.01.10 meldete, setzt die ABS Greifswald 50 Beschäftigte in Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (sog. Ein-Euro-Jobber) zur Schnee- und Eisräumung in Greifswald ein. Solche “Ein-Euro-Jobs” sind Eingliederungsmaßnahmen und sollen ausschließlich dazu dienen, einen Weg auf den ersten Arbeitsmarkt zu finden. Nur zu diesem Zweck sind die im öffentlichen Interesse liegenden und zusätzlichen Arbeitsgelegenheiten zulässig. Dazu gibt in den Eingliederungsvereinbarungen zwischen ARGE und ALG II-Berechtigtem festgelegte Ziele, die zu erreichen sind. „Schneeräumen ist aber Gefahrenabwehr und Pflichtaufgabe der Gemeinde und damit niemals zusätzlich“, so Kochhan. Die unter Sanktionsandrohung stehenden Eingliederungsmaßnahmen seien nicht für Pflichtaufgaben gedacht.
„Selbstverständlich können ALG II-Berechtigte beim Schneeräumen helfen, aber dann auch bei vernünftiger Bezahlung und nicht unter der Androhung von Sanktionen“, so Kochhan weiter.
Die Agentur für Arbeit teilt diese Ansicht, wie der Berichterstattung zum gleichen Streit in Völschow zu entnehmen ist.
Auch müssen die Auswirkungen auf die örtlichen Unternehmen bedacht werden. Gerade Pflichtaufgaben von Gemeinden sollen daher nur von diesen selber oder von Unternehmen, die von den Gemeinden beauftragt wurden, durchgeführt werden. „Öffentlich geförderte Beschäftigung hat in diesem Bereich nichts zu suchen und macht den Markt kaputt“, so Kochhan abschließend.

Zusatz:

Aber warum sollen die ARGE und die ABS Greifswald klüger sein als unser Innenminister?

Was war passiert? Der Bürgermeister der Gemeinde Völschow hatte, genau wie in HGW, Beschäftigte in Arbeitsgelegenheiten (immer wieder falsch als Ein-Euro-Jobber bezeichnet) zur Schneeräumung eingesetzt. Die ARGE Demmin, selten bis nie zu loben, widersprach und sagte, das entspreche nicht dem vereinbarten Maßnahmekatalog. Darüberhinaus sei Schneeräumen auch Gefahrenabwehr und Pflichtaufgabe der Gemeinde und damit niemals zusätzlich, wie dies bei “Ein-Euro-Jobs” gefordert werde.
Diese (einwandfreie) Haltung der ARGE wird jetzt von Caffier kritisiert als Erbsenzählerei. Was ist von einem Innenminister zu halten, der das Einhalten von Gesetzen als Erbsenzählerei verhöhnt? Bestenfalls ist es populistisch…
Der Beifall vieler ist ihm allerdings sicher.

Der rechtswidrige Einsatz von „Ein-Euro-Jobbern“ im Bereich der Gefahrenabwehr und bei Pflichtaufgaben ist bereits 2006 im Zusammenhang mit der Vogelgrippe kritisiert worden.

6 Kommentare bei „Zum gefühlten fünfundachtzigsten Male: Der Einsatz von „Ein-Euro-Jobbern“ hat bei Pflichtaufgaben nichts zu suchen“

  1. Hallo Gregor,
    es geht noch schlimmer:
    „CDU-Vize Koch fordert Arbeitspflicht für «Hartz IV»-Empfänger
    Druck sei notwendig“

    http://www.flensburg-online.de/blog/2010-01/klaus-ernst-merkel-muss-koch-fur-hartz-entgleisung-in-die-schrankenweisen.html

  2. Die OZ hat in fünf Jahren Hartz-Gesetzen nichts dazugelernt und ich behaupte, sie will es auch nicht und wird es deshalb auch nicht.

    Habe mir erlaubt, das gleich in meiner Stellungnahme zum OZ-Neujahrsempfang zu verlinken, weil der Chefredakteur dort gewagt hatte, von kritischer Berichterstattung der OZ zu schwadronieren.
    Wer als Redakteur ahnungslos ist oder denkt, alles besser zu wissen, kann nicht kritisch berichten.

  3. Hallo Gregor!

    Hast Du eigentlich schon mal mit dem Gedanken gespielt, Deine gesammelten Erkenntnisse in Buchform zu veröffentlichen? Ein Markt für so ein Buch wird sich sicher finden. Und wie immer: Danke für das ständige Bemühen, in diesem Bereich Transparenz herzustellen.

  4. […] eine Arbeitspflicht für ALG II-Berechtigte gefordert, worauf einer unserer Leser bereits frühzeitig hinwies. Klarer kann nicht zum Verfassungsbruch (Verstoß gegen Art. 12 GG) aufgerufen werden. […]

  5. […] Fahrt herrscht. Der Kreisverband Greifswald-Uecker-Peene von Bündnis 90/Die Grünen gab daraufhin eine Pressemitteilung heraus, in denen er sichtlich verärgert diesen Einsatz kritisierte. Der sozialpolitische Sprecher Gregor […]

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