Die OZ hat heute einiges zur Sozialpolitik zu bieten. Unter den Überschriften „Systemfehler macht Ein-Euro-Jobs teuer“ und „Fehler im System verteuert Ein-Euro-Jobs“ wird die Kritik des Bundesrechnungshofes an der Trägerpauschale bei Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (fälschlicherweise als Ein Euro-Jobs bezeichnet) dargestellt. Eine Verlinkung erspare ich mir, da nur für Abonnenten zugänglich. Kommentiert wird dies als „der stille Skandal“. Warum still?
Ist nicht schon des Öfteren nachgefragt worden, was unsere städtische (!) ABS mit ihren 700 „Ein-Euro-Jobbern“ so macht und wo die Trägerpauschale von monatlich ca. 100.000,- Euro bleibt? Gelegenheiten nachzufragen, gab´s genug.
Aber das wollte ich gar nicht kommentieren. Es sind die kleinen Ungenauigkeiten in den diversen Artikeln, die meiner Meinung nach fatal sind.
Im „Hintergrund“ zu den Berichten heißt es, „die Teilnehmer [an den Eingliederungsmaßnahmen Arbeitsgelegenheiten] sollen gemeinnützige Tätigkeiten ausüben“. Genau das schreibt das Gesetz nicht vor, dort wird lediglich eine „im öffentlichen Interesse liegende“ Tätigkeit verlangt. Im öffentlichen Interesse liegend sind nach offizieller Lesart alle Tätigkeiten, die der Allgemeinheit mittel- oder unmittelbar zu Gute kommen. Im Gesetz angelegt ist damit bereits die massenhafte Ausweitung der „Ein-Euro-Jobs“ und deshalb ist dies als ein schwerer Geburtsfehler der Hartz IV-Gesetze anzusehen.
Weiter heißt es: „Dafür bekommen sie 1 bis 2,50 Euro je Stunde — zusätzlich zu Regelsatz (359 Euro monatlich) und Miete.“, während im Artikel von einem „Gehalt“ die Rede ist. Hier wird suggeriert, es handele sich um einen Zuverdienst. Den Teilnehmern wird aber lediglich eine Aufwandsentschädigung gezahlt, aus der sie den Mehraufwand für Fahrten zum Job, Reinigung der Arbeitskleidung etc. bestreiten müssen. In der Regel wird diese Entschädigung also allein dadurch aufgebraucht, dass jemand unter Sanktionsandrohung in diese Maßnahme gezwungen wird. Zusätzlich zum Regelsatz ist dies nicht…
PS: Im Greifswalder Lokalteil („Klage gegen Dumpinglöhne gefordert“) schafft es die ARGE Greifswald doch tatsächlich, einen offensichtlich gegen betrügerische Arbeitgeber gerichteten Antrag in eine Anklage gegen angebliche „Hartz IV-Betrüger und Sozialschmarotzer“ zu wenden, oder wie ist der Hinweis zu verstehen, dass die ARGE „bei Löhnen von einem Euro … aber davon aus [gehe], dass der Arbeitnehmer neben dem Lohn Schwarzgeld bekommt“? Woher stammt diese Erkenntnis?
Ein Phänomen bleibt, dass die OZ immer noch 136000 Abonnenten hat, die für die Märchenstunden Geld ausgeben.
Denn wer garantiert dafür, dass alles andere, was in der OZ steht, richtig ist? Ich rate immer wieder zu allergrößter Vorsicht.
In der katholischen Soziallehre und der evangelischen Sozialethik gibt es den bekannten Begriff des gerechten Lohnes, der geeignet sein muss “Sein und den Seinigen materielles, soziales, kulturelles und spirituelles Dasein angemessen zu gestalten” (Zitat aus Gaudium et spes, 67; zum Argument päpstlicher Rat für Gerechtigkeit und Frieden, Kompendium der Soziallehre der Kirche, Freiburg: Herder, 2006, 302).
Vieles sagt man dem Arbeitslosengeld II nach. Dass es Exil ist, dass sämtliche Maßnahmen darauf abzielen, den Empfänger zum Exilanten zu machen, davon wird wenig gesprochen. Der Leistungsbezieher wird in einem steten Klima der Angst gehalten, lebt in einem Furcht einflößendem Biotop, welches ihn erziehen und prägen soll. Ständig der Angst ausgesetzt, täglich gesagt zu bekommen, man koste zu viel, nütze wenig, sei generell minderwertig, wird man zu willfährigen Knechten oder Mägden erzogen, die bereit sind, für Butterbrote zu schuften. Die ebenso bereit sind, aus Angst vor Rückfall, beispielsweise vereitelte Lohnfortzahlung bei Krankheit nicht zur Anzeige beim Arbeitsgericht zu bringen. Aus jenem Exil gibt es keine Fluchtmöglichkeit – man gehört nicht mehr dazu, selbst dann nicht, wenn man schlecht bezahlte, aufzustockende Arbeit findet. Hartz IV manifestiert den Bodensatz, exiliert eine ganze Gesellschaftsschicht.
Hatz IV („Hatz“, ist kein Schreibfehler) schön zu reden, ist das Gefasel vom ersten, vom zweiten und neuerdings vom dritten Arbeitsmarkt. Sooo viele Märkte. Und was gibt’s da zu kaufen? Nichts. Stattdessen geht man hin, um sich bzw. seine Arbeitskraft fast umsonst anzubieten. Der „Kunde“ wird zum Verkäufer seiner selbst. Man verkauft seine Rechte und auch den Rest verbliebener Würde.
„… auch den Rest verbliebener Würde“ und wird zum Doppeltfreien Lohnarbeiter.
http://de.wikipedia.org/wiki/Doppeltfreier_Lohnarbeiter
Womit wir wieder einmal bei den Klassikern wären.
[…] müsste ich annehmen, in Greifswald sei alles in Ordnung. Dass das nicht so ist, ist hier schon desöfteren dargelegt […]
[…] “Außerdem werde auch die Vergütung von 1,50 auf 1 Euro die Stunde zurückgefahren”, schreibt die OZ unter Berufung auf den Leiter der Sozialagentur, Kurt Rabe. Entweder hat der Mann dies gesagt, dann hat er schlicht keine Ahnung oder er will zur heimlichen Akzeptanz dieser “Jobs” in der Bevölkerung beitragen, schließlich bekommen die Betroffenen ja eine Vergütung. Oder die OZ hat aus der Mehraufwandsentschdigung einen Lohn gemacht, dann gilt das zuvor Gesagte für sie. Denn ein Lohn oder eine Vergütung ist es nicht, was die “Ein-Euro-Jobber” bekommen, siehe hier. […]
[…] trägt auch eine Berichterstattung bei, die von einer “Vergütung” oder einem “Gehalt” von “Ein-Euro-Jobbern” spricht. Weitere Beispiele finden sich hier und auch […]