Huch, das auch noch? Hier?
Keine Sorge, es gibt schließlich einen klaren kommunalpolitischen Bezug, der soll auch nicht zu kurz kommen.
Aus fußballinteressierter Sicht bin ich von der WM 2010 durchaus angetan. Nach zähem Beginn entwickelte sich ein ansprechendes Niveau. Bemerkenswert vor allem, dass es „gerecht“ zuging. Nur in zweieinhalb Fällen konnte man von einem „unverdienten Sieg“ sprechen. Dabei hatten die Niederlagen Spaniens gegen die Schweiz und Deutschlands gegen Serbien (wie unverdient Letztere war, darüber kann man auch streiten) für den Turnierverlauf letztlich keine Auswirkungen. Als einziger Makel bleibt damit der unschön zustande gekommene Viertelfinalerfolg von Uruguay gegen Ghana.
Gut gefallen hat mir auch der Erfolg „flacher Hierarchien“, wie sie die drei besten Teams verkörpern, im Vergleich mit der Konzentration auf vermeintliche „Superstars“. Wenn man dann unbedingt einen „besten Spieler“ benennen möchte, dann war es für mich der Spanier Xavier Hernández i Creus, der dann auch stets so vortrefflich unsuperstarig daherkommt.
Wie seit einigen Jahren üblich, wurde das Ereignis auch dieses Mal auf zahlreichen „Fan-Events“ ausgiebig gefeiert, so eben auch in Greifswald. Inwieweit man dabei noch von „Zuschauen“ sprechen kann, ist allerdings fraglich.
Am Beispiel des Halbfinalspiels Deutschland – Spanien fiel deutlich auf, dass die Wahrnehmung dieses Spiels zwischen kontinuierlich an Fußball Interessierten und den meisten Übrigen auseinanderklaffte. Ich war einigermaßen begeistert: Passen und Verteidigen auf höchstem Niveau, mit nur 16 Fouls und ohne Gelbe Karte, ausführlich nachzulesen zum Beispiel in der taz mit ähnlicher Bewertung. Die Taktikseite zonalmarking erläutert darüberhinaus einige Schlüssel zum Erfolg Spaniens: Herausnahme von Torres, tiefe Positionierung von Busquets, Flügelläufe von Ramos. Man konnte das alles bei aufmerksamer und konzentrierter Betrachtung auch erfassen. Was Zonalmarking nicht einmal erwähnt, ist auch der Überraschungseffekt beim entscheidenden Eckball. Die vorherigen fünf Ecken hatte Spanien allesamt kurz ausgeführt.
Für solche Details fehlt vermutlich der Blick, wenn man ein Spiel nur nebenbei beim Feiern anschaut. Da findet man ein hochklassiges Halbfinale schnell mal „langweilig“, weil wenige Fehler gemacht werden, oder gar „langsam“, weil die Relativbewegung der Spieler zueinander gering bleibt, solange alle gekonnt verschieben. Bewegung im Spiel war genug, bei Schweinsteiger zum Beispiel insgesamt 12 Kilometer. Manchem Meckerer wäre das mit dem Fahrrad deutlich zu viel.
Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn jemand alle zwei Jahre rund um den Fußball einfach nur ein bisschen feiern möchte. Mit eigentlichem Fußballinteresse hat das allerdings nur am Rande zu tun. Und angesichts dessen muss man sich die Frage stellen, ob das „Public Viewing“ in seiner Greifswalder Variante weiter unterstützenswert ist. Der Markt ist bei 57 von 64 Spielen schwach gefüllt (wenn Deutschland ins Halbfinale kommt), die Mieter der WVG subventionieren eine Veranstaltung, für die es keine klare Finanzplanung gibt. Es gibt zusätzliche Verkehrsprobleme, weil einige Auswärtige allen Erstes glauben, in der Greifswalder Innenstadt einfach so parken zu können, für das exorbitant hohe Scherbenaufkommen fühlt sich niemand zuständig. Nach wie vor sind viele Gestalten am Start, die es als Dumpfdeutsche nicht verwinden können, dass sie aber auch gar nicht zur Internationalität des Turniers an sich und der Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes im Besonderen passen können.
Würde sich die Veranstaltung „Public Viewing“ finanziell selbst tragen und würde damit ein besseres Fußballverständnis des Publikums gefördert, könnte man sagen: „Weiter so!“ Da beides offensichtlich nicht der Fall ist, sage ich lieber: „So nicht weiter!“
hallo kay k.,
ich bin total verblüfft, so hätte ich dich ja gar nicht eingeschätzt!
vollkommene zustimmung auf ganzer linie vom fussballerischen über das soziologische bis hin zum organisatorischen!
ich musste schon sehr lachen, als in der oz nun der abschließende zuschauerstand zu lesen war. wie konnte die pgs nur annehmen, dass 2010 genau so viele zuschauer kommen, wie 2006.
(wetter, mannschaftserfolg, spielzeiten, heimbonus, eintritt…)