Die Kinder von ALG II-Berechtigten sollen künftig nach dem Willen von Ministerin von der Leyen Chipkarten erhalten, um Förderleistungen des Bundes zu erhalten. Damit will das Ministerium das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes umsetzen, nachdem die Bildungskosten für Kinder aus Familien im ALG II-Bezug in der bisherigen Regelleistung nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Höhere Geldleistungen für Kinder soll es nicht geben, da bekanntlich dann das Geld durch die Eltern nur in Kohlenhydrate, Nikotin und Alkohol umgesetzt würde.
Der Spiegelfechter meint dazu: „Schon im nächsten Jahr wird Deutschland ganz anders aussehen. Vorbei die Zeiten, in denen alkoholabhängige Langzeitarbeitslose ihren Kindern das Taschengeld stibitzten, um sich mit Wodka von Feinkost Albrecht einzudecken. Im schönen neuen Deutschland des Jahres 2011 wird die kleine Mandy aus der Eisenhüttenstädter Platte entspannt ihren Bratschen-Unterricht genießen, während der kleine Kevin aus Hamburg-Mümmelmannsberg sich endlich seinen Traum vom Reitunterricht auf einem edlen Lipizzaner-Hengst erfüllen kann. Ursula von der Leyen hat sich durchgesetzt, Deutschland hat endlich die Hartz-IV-Karte eingeführt und so anachronistische Dinge wie Kinderarmut gehören endgültig der Vergangenheit an.“ Mehr hier…
Ich will jetzt nicht auf alle Argumente für und wider eingehen, diese werden hier ganz gut wiedergegeben. Ärgerlich ist aber, wie die OZ mit dem Thema umgeht. In einem längeren Artikel „Bildungs-Chipkarten für Hartz IV-Kinder“ wird gerade mal ein Viertel der Zeilen der Kritik an diesem „kollektiven Misstrauensvotum gegen Langzeitarbeitslose“ (CSU-Sozialministerin Haderthauer) gewidmet. Der Kommentar auf Seite 2 der heutigen OZ entlarvt mit seinen Vorurteilen, warum das so ist.
Der Autor des Kommentars (und des Artikels) fragt: „Soll die Eigenverantwortung der Eltern im Vordergrund stehen?“ Ein Blick ins (Grund)-Gesetz erleichtert die Rechtsfindung, lieber Herr Petersen. Artikel 6 Abs. 2 des Grundgesetzes: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“ Eindeutiger geht´s nicht.
Im Übrigen wird bei der Diskussion ausgeblendet, dass es nicht darum geht, dass Eltern ihrer Verantwortung nicht gerecht werden und die Leistungen beim Kind ankommen müssen. Es geht um´s Sparen. Wer garantiert denn, dass Eltern, die die Regelleistung ihrer Kinder versaufen, sich um einen sinnvollen Gebrauch der Chipkarte kümmern werden? Hier werden Leistungen verfallen, die der Bund einspart. Und dies wird einkalkuliert…
Die Erfahrungen in Greifswald mit dem Kultur- und Sozialpass (KUS), dessen Leistungen nie ausgeschöpft werden, belegen dies.
[…] Auf die geldgierige und asoziale Atomlobby und den niedlichen Chip haben wir hingewiesen. […]