Landtagswahlprogramm, Teil 1: Allgemeines und Präambel
Bündnis 90/Die Grünen in Mecklenburg-Vorpommern leiten ihr Programm zur Landtagswahl 2011 mit folgender Präambel ein:
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Liebe Wählerin, lieber Wähler,
am 4. September 2011 ist Wahltag. Sie bestimmen über die Zusammensetzung eines neuen Landtages. Sie wählen auch Kreistage in den sechs neuen Großkreisen und deren LandrätInnen.
Wir möchten Sie mit diesem Programm davon überzeugen, uns Ihre Stimme zu geben. Wir wollen Mecklenburg-Vorpommern zu einem Land für Umwelt- und Klimaschutz und nachhaltiges Wirtschaften, für gute Bildung und für soziale Gerechtigkeit machen. Wie wir das und weitere unserer Vorstellungen umsetzen wollen, erläutert das vorliegende Programm.
Wir sind davon überzeugt, mit unseren grünen Grundwerten eine Sicht in die politische Landschaft einbringen zu können, die anderen Ansätzen fehlt. Nur grüne Politik sieht den Schutz der Umwelt als eigenständigen Wert und damit gleichberechtigtes Ziel an. Daraus leiten wir das Prinzip nachhaltigen Handelns auf andere Fragen ab. Nur grüne Politik ist konsequent dem Ziel verpflichtet, der Verantwortung für die nachfolgenden Generationen gerecht zu werden, statt diese weiter durch die Folgen kurzsichtigen Handelns zu belasten. Und nur grüne Politik ist dabei zugleich solidarisch. Denn um Lebensqualität dauerhaft zu sichern, müssen global wie vor Ort Verbesserungen und positive Entwicklungen an alle Mitglieder der Gesellschaft weitergegeben werden. Darauf gründet unsere Politik für Mecklenburg-Vorpommern.
Ein wirksamer Schutz der Umwelt und des globalen Klimas ist Grundlage unserer Politik sowie der Sicherung unserer Zukunft. Wir wollen den konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien und damit eine Energieversorgung ohne Kohle und Atom. Durch ökologisches Wirtschaften können zahlreiche neue Arbeitsplätze für Mecklenburg-Vorpommern geschaffen werden. Wir wollen ein menschenwürdiges Leben und eine gesunde Ernährung für alle ermöglichen und sind deshalb konsequent für einen ökologischen Landbau und gegen Massentierhaltung oder den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen.
Wir wollen für alle Menschen eine Bildung ermöglichen, die sie auf ein aktives und sinnvolles Mitwirken in unserer Gesellschaft vorbereitet. Deswegen möchten wir ein Bildungssystem schaffen, das alle Begabungen fördert und auf überflüssige Selektion verzichtet. Wir wollen eine frühkindliche Bildung, die ihren Namen verdient, und individuelle Förderung aller Kinder und Jugendlicher in einer Schule für alle. Wir wollen freie und weltoffene Hochschulen ohne Reduzierung auf vermeintliche Eliten und eine Kultur des lebenslangen Lernens fördern.
Unsere Politik folgt einem positiven Menschenbild. Wir wollen daher eine Gesellschaft, die niemanden ausgrenzt und von allen mitgestaltet werden kann. Soziale Ungerechtigkeit und willkürliche Ungleichheit führen zu massiven Folgeproblemen. Wir wollen stattdessen den Abbau aller gesellschaftlichen und finanziellen Barrieren. Wir wenden uns gegen jede Diskriminierung aufgrund der Herkunft oder des individuellen Lebensentwurfes. Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen wollen wir ausnahmslos und vollständig durchsetzen.
Die Kommunen sind die Keimzellen der Gesellschaft, wir müssen wir sie als allernächsten Lebensraum finanziell so ausstatten, dass sie ihre Aufgaben in den Bereichen Bildung, Soziales, Jugendhilfe und Kultur auch wahrnehmen und gute Angebote an ihre BürgerInnen machen können. Wir wollen Politik für alle gesellschaftlichen Ebenen machen. Deswegen dürfen die Kommunen nicht mehr die letzten in der Kette sein, auf die alle Lasten abgewälzt werden. Denn Demokratie beginnt an der Basis, also in den Kommunen.
Wir sind uns bewusst, dass wir uns mit unseren Vorstellungen für die Politik in Mecklenburg-Vorpommern nicht im Besitz alleiniger Wahrheiten befinden. Durch unsere Wurzeln in der Bürgerrechtsbewegung wissen wir, dass eine Politik in einer demokratischen Gesellschaft nur im Dialog mit allen Betroffenen erfolgreich sein kann. Daher wollen wir Ihnen, den BürgerInnen, weiter zuhören. Wir sind offen für gute Ideen, wir suchen das Gespräch und diskutieren gerne über gute Alternativen, statt sie von vornherein auszuschließen. So wollen wir auch zu einer Verbesserung der politischen Kultur in unserem Land beitragen.
Wir sind bereit, mit viel Einsatz und guter Sacharbeit zusammen mit Ihnen für die Umsetzung unserer Ziele zu argumentieren und zu streiten. Wir machen gerne und mit Freude Politik für unser Land und wir wünschen uns ein Mecklenburg-Vorpommern, in dem es sich zu leben lohnt.
In diesem Sinne bitten wir Sie um Ihre Unterstützung für unsere grüne Politik in Mecklenburg-Vorpommern!
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Der Text dieser Präambel entspricht einem von acht Mitgliedern eingebrachten Änderungsantrag, den der Landesvorstand am Wochenende übernahm. Er war ursprünglich als Reaktion auf die im Februar intern veröffentlichte Fassung vorgesehen. Zwar zog der Landesvorstand diese zurück und ersetzte sie durch einen anderen Text, wir hielten den Alternativvorschlag aber aufrecht.
Zielrichtung war bei der Erstellung des vorliegenden Textes, eine Übersicht in einfacher und schnörkelloser Sprache zu verfassen. Dabei sollten Alleinstellungsmerkmale grüner Politik, eine Zusammenfassung unserer Schwerpunkte und Aussagen zum Politikstil gleichberechtigt erwähnt werden.
Sieben der acht AntragstellerInnen waren auf der LDK als stimmberechtigte Delegierte anwesend. Von diesen lehnten am Ende drei das Programm als Ganzes ab, einer enthielt sich. Damit ist klar, dass sich die Ablehnungen keineswegs auf den gesamten Text bezogen.
Zu den allgemeinen Festlegungen zählte die Abstimmung über die Form der Genderung. Dabei wurde dem Gender Gap mit 29:30 Stimmen nur äußerst knapp nicht zugestimmt. Hier darf durchaus von einem Achtungserfolg gesprochen werden, denn so nah waren wir der Verwendung des Gender Gap in einem offiziellen Text der Alt-Grünen vermutlich noch nie.
Die Fortsetzung wird in Kürze folgen mit einem Kommentar zum Kapitel über Wirtschaft, Energie, Tourismus, Arbeitsmarkt.