Der für die Wahlen des Jahres 2009 auf Bundes- und europäischer Ebene entwickelte „Green New Deal“ soll nach bündnisgrünen Vorstellungen auch das Konzept für Mecklenburg-Vorpommern sein. So einfach es sich anhört, diesen Weg landesspezifisch auszugestalten, so schwierig war es letzten Endes, hier zu einem Text für das Wahlprogramm zu gelangen. So war das erste Kapitel gleich das mit der größten Zahl zum Teil kniffliger Änderungsanträge. Da konnte auch keine_r mehr erwarten, dass am Ende ein in sich schlüssiger Text herauskommt. Der hier in weiten Teilen federführenden LAG Wirtschaft mangelte es offenbar an Personen, die eine geeignete redaktionelle Bearbeitung vornehmen hätten können. Viel zu viel Zeit musste daher darauf verwendet werden, durch Änderungsanträge sprachliche Mängel und unbefriedigende Abschnitte zu reparieren. Der Blick für das Gesamtbild ging dadurch etwas verloren.
Dadurch im Grundsatz nicht allzusehr beeinträchtigt wurden Abschnitte zum qualitativen Wachstumsbegriff sowie der gesamte Energieteil. Zwar hätte ich mir am Wochenende einen Hinweis gewünscht, auf wessen Entwurf denn die atompolitischen Abschnitte zurückgehen, aber dass der Landesvorstand in diesem Fall nicht die Größe hatte zuzugeben, dass er das für den Februarentwurf schlicht übersehen hatte, ist eine Kleinigkeit. Mensch hilft ja gerne. Neben der Energie war auch der Tourismus am Ende in Ordnung, nachdem sich hier alle geeinigt hatten und damit auch die zuvor etwas zu belletristischen Passagen entfielen.
Dennoch hatte ich bei diesem Kapitel erhebliche Probleme, es mitzutragen. Ein wesentlicher Grund dafür ist der Arbeitsmarktteil, ausgenommen wiederum die Arbeitsplätze, die in Folge der Energiewende entstehen. Ob das, was nach allen zumeist notwendigen Streichungen und Veränderungen dazu jetzt steht, wirklich ein durchdachtes Gesamtkonzept ergibt, bezweifle ich. Denn so gut und wichtig die Forderung nach einem Mindestlohn ist, so sinnvoll verstärkte Anstrengungen in Branchen, in denen wir in Mecklenburg-Vorpommern mehr erreichen können als bisher: Wenn auf der anderen Seite Vorschläge stehen, die doch das Problem des ausgedehnten zweiten Arbeitsmarktes nicht genügend berücksichtigen, passt das nicht unbedingt zusammen. Das Problem der vielen prekären Beschäftigungsverhältnisse ist durch den Mindestlohn leider nicht erledigt, zumal es bis zur Realisierung desselben noch dauern wird. Vergleiche ich unser Programm außerdem mit der Qualität grüner wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischer Papiere auf Bundes- und Europaebene, so stelle ich da einen Unterschied fest und frage, ob die Anbindung hier ausreichend war. Dies aber und die durchwachsene Textgestaltung sind, so möchte ich betonen, Bauchschmerzen, die allein noch nicht eine Ablehnung des Programmes gerechtfertigt hätten.
Ein weiteres wesentliches Problem war bereits am Freitag Thema in diesem Blog. Der Antrag P1-0079 wurde nicht angenommen, somit bleibt, abgesehen von der Korrektur eines Syntaxfehlers, ein Text im Programm stehen, der eine Vielzahl nicht immer allgemeinverständlicher Begriffe aneinanderreiht und außerdem einen sprachlich äußerst unprofessionellen Einstieg hat. Ich wiederhole es gerne: Wer die Formulierung „Wir setzen auf ökologische Modernisierung und nehmen dabei wahr:“ verteidigt, beweist damit entweder ein seltsames Sprachverständnis oder Ignoranz. Wer den „produktintegrierten Umweltschutz“ stehen lassen möchte, ohne ihn zu erklären, interessiert sich nicht für einen Großteil der Leser_innen. Wir können gerne auch mal „Produkte, in deren Entwicklung, Herstellung, Gebrauch und Verwertung die Belange des Umweltschutzes durchgängig beachtet werden“ schreiben.
Eine geballte Ladung komplizierter Begriffe wirkt überhaupt nicht kompetent, sondern einfach nur angeberisch. So etwas gewöhnen sich die meisten Menschen deswegen auch irgendwann ab. Vor allem aber lieferte am Samstag die Gegenrede zum Änderungsantrag keine schlüssigen Argumente. Im Änderungsantrag konnte, abgesehen vom „produktintegrierten Umweltschutz“, den der erste Übersetzer (Deutsch–Latein) eben nicht kannte, nichts anderes stehen als im Ausgangstext. Der Fehler liegt immer schon im Ausgangstext selbst, im angesprochenen Fall lag er darin, dass der Begriff „ökologische Modernisierung“ allein zu unpräzise ist, um gegenüber zweimaliger Übersetzung stabil bleiben zu können. Also sollten wir doch über diesen Begriff nachdenken.
Natürlich habe ich es dem Landesvorstand mit P1-0079 nicht leicht gemacht, da ich bereits die zweite Fassung der Übersetzung – schon die Rohübersetzung gewann gegenüber dem zu ändernden Text – einfach stehen ließ. Möglicherweise die beste Lösung wäre daher eine „modifizierte Übernahme“ gewesen. Hier lag die Schwierigkeit für den Landesvorstand im Eingeständnis, dass die eigene Version erhebliche Nachteile aufweist, und das gegenüber einem Text, der durch ein auf den ersten Blick absurd wirkendes Verfahren entstanden ist. Interessant ist die Frage, wie es gelaufen wäre, hätte ich das Verfahren nicht offen gelegt. Ich finde aber, mensch sollte das Bemühen um Offenheit nicht einstellen, nur weil diese manches Mal einen Kompromiss erschwert. Der unsouveräne Umgang des Landesvorstands mit P1-0079 wog für mich auch deswegen ziemlich schwer, weil es gute Politiker_innen normalerweise auszeichnet, solche Vorschläge sinnvoll zu integrieren.
Im Teil 3 wird es dann um die Bildung gehen.