Diesmal: Finanzpolitik ohne Populismus
Einerseits soll der Staat seine Aufgaben erfüllen, Geld für Dinge ausgeben, die eine Gesellschaft braucht. Dann aber auch meine Steuern senken. Und außerdem nicht so viele Schulden machen. Und am besten natürlich alles zugleich und sofort.
„Drei Wünsche auf einmal, das kann ja niemand erfüllen!“ Und im Gegensatz zum Überraschungsei gibt es bei den öffentlichen Finanzen auch kein „Aber“. Im Gegenteil. Die Politik, die alles auf einmal will, scheitert immer daran, dass sie Logik und Mathematik nicht aus den Angeln heben kann. Ganze Staaten gehen Bankrott oder stehen kurz davor, die verbreitete Realitätsverweigerung hält unterdessen an, besonders hartnäckig in den USA und bei der FDP.
Gleichwohl müssen wir uns natürlich entscheiden, was wir wollen. Eines ist dabei klar: Kurzsichtige und populistische Steuersenkungen nützen nur ein paar Wenigen, die es eher nicht nötig haben. Eine Auffassung, die unsere potentiellen Wähler_innen ohnehin bereits teilen.
Zwei Argumente sprechen gegen weniger Staatseinnahmen. Zum einen gibt es viele Dinge, die ein Gemeinwesen finanzieren muss, damit die Gesellschaft nicht auseinanderfällt. Um zum Beispiel einzusehen, dass Logik und Mathematik durch keine Ideologie der Welt außer Kraft gesetzt werden können, bedarf es zum Beispiel einer Bildung, die diese Erkenntnis ermöglicht. Auch viele andere Ausgaben, etwa in den Bereichen Soziales, Kultur oder Infrastruktur, halten wir wie viele andere auch für sinnvoll. Auf der anderen Seite steht der Wunsch nach weniger Schulden. Auch der ist berechtigt, schließlich engen Schulden den finanziellen Handlungsspielraum künftiger Generationen ein, sie sind also alles andere als „nachhaltig“. Schulden sollten also „gebremst“ werden.
Das führt nun allenthalben zum Instrument der „Schuldenbremse“. In ihrer üblichen starren und unflexiblen Ausführung diese nicht unproblematisch. Sie sorgt praktisch für Sparzwänge, die der Politik ihren Gestaltungsspielraum nehmen kann. Auf kommunaler Ebene sehen wir jetzt schon allenthalben, wohin „Kaputtsparen“ führen kann. Wohl kann durch den Verzicht auf überteuerte Prestigeprojekte und durch die generelle Berücksichtigung aller Folgekosten (Straßen müssen auch unterhalten werden) noch einiges erreicht werden, doch die Unterfinanzierung der Kommunen beseitigen wir allein dadurch nicht.
Bündnisgrüne Finanzpolitik heißt daher: Eine Schuldenbremse, die einfach nur eine Neuverschuldung untersagt, ist keine nachhaltigte Lösung der Finanzkrise. Antizyklische Staatstätigkeit muss auch künftig möglich sein. Wir befürworten dahen Modell nach dem Vorbild der Schweizer Schuldenbremse, mit der Einnahmen und Ausgaben über den Konjunkturzyklus hinweg im Gleichgewicht gehalten werden.
Und: Selbstverständlich muss auch die Einnahmenbasis der öffentlichen Haushalte gesichert werden. Steuersenkungspopulismus gibt’s bei uns daher nicht.
Finanzpolitik ist ein schwieriges Thema für Grün – auch an diesem Beitrag zu sehen. Hier nur über Kaputtsparen, kreativere Schuldenbremse oder ein bisschen ‚gegen Steuersenkungen‘ zu argumentieren, ist viel zu dünn. Dem Staat wurden über längere Zeiträume systematisch Einnahmen entzogen – auch unter Rot-Grün (Senkung des Spitzensteuersatzes, um ‚international wettbewerbsfähig zu bleiben‘). Dazu kam dann Hartz IV, um langfristig die Sozialausgaben zu senken (gab auch noch andere Gründe – aber dies ist einer). Die Armen haben also z.T. die Steuersenkung der Reichen finanziert – mal wieder. Also müsste zu den Forderungen deutlich die Forderung nach Verbesserung der Einnahmeseite kommen und nicht nur nach Erhaltung Status Quo (keine Steuersenkung, ein bisschen Kosmetik bei der Schuldenbremse) oder Verbesserungen auf der Ausgabenseite zu erreichen (weniger Prestigeprojekte etc.). Eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes wird immer wieder mal diskutiert – natürlich nicht im Zuge der ‚Entlastung unterer und mittlerer Einkommen‘ seitens der Regierung. Denn von einer Steuerreform würden wie immer vor allem die Spitzenverdiener profitieren, nur sagt das natürlich keiner.
Es kommen noch weitere schöne Projekte in Frage: Vermögenssteuer, Finanztransaktionssteuer, usw. Alles Dinge, die die Einnahmeseite des Staates verbessern würden. Hier würde sich vor allem zeigen, wo die Grünen derzeit stehen.
Hallo Ralf, eins nach dem anderen. Auch die Verbesserung der Einnahmebasis steht im Programm drin. Auf Seite 122 der Druck- und PDF-fassung steht einiges zu den Punkten „Erhöhung des Spitzensteuersatzes“ und „Wiedereinführung der Vermögenssteuer“. Gerade der letztgenannte Punkt käme dabei den Ländern zugute.