Das Auftaktpodium für die Bundestagswahl 2013 in Greifswald veranstaltete gestern abend der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA), vermutlich damit das Ganze noch in der Vorlesungszeit stattfindet.
Die Einladung an die Kandidatinnen und den Kandidaten des Wahlkreises 15 erfolgte in der letzten Woche atemberaubend kurzfristig. Unter diesem Aspekt war es erfreulich, dass diejenigen, deren Kommen zu erwarten war, auch da waren. Auch der Besucher_innenzuspruch war ganz ordentlich.
Leider war der Erkenntniswert der Versammlung nicht allzu hoch. Das lag nicht nur an den Beiträgen der Kandidat_innen und sonstigen Parteienvertreter, sondern auch an der Konzeption der Veranstaltung.
Wer sechs Parteien einlädt, sollte sich bei solchen Podien Gedanken machen, wie eine gewisse Langatmigkeit vermieden wird. Das heißt: Redezeitbegrenzungen sind sinnvoll. Fragestellungen sollten präzise sein. Zwischendurch mal Formate wie eine Kurzfragenrunde mit Einwortantworten einzuschieben könnte zur Auflockerung beitragen. Und hin und wieder das Los entscheiden zu lassen, zum Beispiel über die Reihenfolge, hilft auch gelegentlich.
Das alles fehlte gestern allerdings und so war die Veranstaltung phasenweise etwas zäh. Die Moderation ließ auch nicht immer eine klare Linie erkennen und die Anwesenheit des StuPa-Präsidenten als siebter Mitdiskutant war verzichtbar. Denn die studentische Meinung kann sich ja auch in Publikumsfragen äußern.
Die waren allerdings kaum besser. Wer die Frage „Was sagen Sie zu Ägypten?“ stellt, sollte sich zur Abwechslung mal überlegen, ob er umgekehrt selbst mit dieser Art Fragen etwas anfangen könnte. Und auch Dozenten der Geographie sollten eine Ahnung davon haben, dass auf vollkommen allgemeine Fragen keine besonders präzisen Antworten möglich sind. So wurden auch Unterschiede zwischen den Bewerber_innen nicht immer erkennbar. Und auch solche Gesinnungsfragen wie die unvermeidliche zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr finde ich bei manchem schwierigen internationalen Konflikt deutlich zu unterkomplex für eine Behandlung so nebenbei. Kann da nicht mal wer „ich bedanke mich für diese holzschnittartige Frage“ oder sowas entgegnen?
Immerhin drei Vertreter_innen hatten ein klar erkennbares Konzept. David Wulff, der für die FDP da war, spielte eine alte Platte mit dem Text „Wettbewerb“ ab. Inhaltliche Tiefe und Bewusstsein für wesentliche Probleme waren dagegen Fehlanzeige, beim Thema Agrarpolitik wurde es gleich richtig gruselig. Egbert Liskow vertrat die CDU und bestand darauf, dass grundsätzlich immer die anderen schuld sind, obwohl die CDU in Bund wie Land seit Jahren regiert oder mitregiert. Und Susanne Wiest hält das Grundeinkommen generell für die Lösung aller Probleme, auch wenn der Zusammenhang sich auch bei bester gedanklicher Verrenkung nicht erschließen wollte. Zu allen anderen inhaltliche Fragen waren konkrete Aussagen von ihr nicht zu bekommen, aber das ist ja, siehe Punkt 1, eh alles unwichtig.
Vermutlich ist es einfach so: Wer sich, wie unsere GRÜNE Kandidatin Claudia Müller oder auch Sonja Steffen (SPD) und im Wesentlichen auch Kerstin Kassner (LINKE) bemüht, die gestellten Fragen sachlich und gewissenhaft zu beantworten, ist in der heutigen Zeit wahrscheinlich zu uncool.
Ich finde allerdings, ein bisschen Politik tut einem solchen Wahlkampf ganz gut. Da ist sachlich und gewissenhaft schon mal ein ganz brauchbarer Ansatz.
Ach ja: Und dass der AStA die Wahlkreiskandidatin der CDU gar nicht erst angefragt hat, sondern sich stattdessen den örtlichen Landtagsabgeordneten selbst aussuchte, fand ich merkwürdig. Sie hätte im Falle durchaus anzunehmender persönlicher Verhinderung wenigstens die Möglichkeit bekommen sollen, ihre Vertretung selbst zu bestimmen.
Ich muss eine kleine Korrektur anführen: Die Runde war nicht die erste Podiumsdiskussion im WK 15, diese Ehre gebührt dem Seniorenbeirat in Stralsund und fand schon am 31.05. statt. Hier war Frau Merkel übrigens angefragt worden und hatte eine nette Absage geschrieben (sie wurde den anderen Teilnehmerinnen zur Kenntnis gegeben). Es kam dann aber KEINE Vertretungsperson von der CDU – und dies war wohl im letzten Wahlkampf nicht anders.
Interessanterweise war Merkel an dem Tag selbst in der Region, war aber lieber bei der Schornsteinfegerinneninnung zu Gast und hinterher gab es noch ein parteiinternes Grillfest.
Das Podium in Greifswald war somit aber das erste bei dem tatsächlich alle Parteien vertreten waren.
Auftakt für Greifswald. Steht auch im ersten Satz. Manchmal kommt es auf jedes Wort an.
Auch da war jemand schneller: die IG Metall, allerdings nur für regionale Funktionäre, nicht öffentlich.