Einnahmen brechen weg, und darum sieht sich die Universitäts- und Hansestadt gezwungen, eine Haushaltskonsolidierung einzuleiten. Lobenswert sind die Fortschritte im Verfahren, die eine breite Debatte ermöglichen.
Die Einnahmen aus Kommunalsteuern kann man gar nicht so weit steigern, dass man damit das Defizit voll ausgleichen würde, so dass sich der Blick zwangsläufig auf die Einsparpotentiale richtet. Im ohnehin weniger angespannten Vermögenshauhalt stößt man immer wieder auf einzelne Vorhaben, auf die man ohne schlechtes Gewissen auch erst mal verzichten kann. Für den Verwaltungshaushalt erscheint es hingegen vermessen, von „Potential“ zu sprechen. Man kann es drehen und wenden wie man will: Ein Großteil der vorgeschlagenen und theoretisch möglichen Sparmaßnahmen kann man im Hinblick auf die gesamtgesellschaftliche Perspektive nicht wollen oder sie wären schlicht unverantwortlich. Aus dem Kreis Ostvorpommern ist zu hören, dass die Situation da noch weitaus prekärer ist und die dortige Haushaltsdebatte im Grunde eine Farce ist.
In einer Situation, in der die Kommunen nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern also eindeutig unterfinanziert sind und keinen wirklichen Gestaltungsspielraum mehr besitzen, meinen nun aber auf Bundesebene CDU, CSU und FDP, Bund, Ländern und Gemeinden nicht nur die Steuereinnahmen vorenthalten zu müssen, die sie brauchen, sondern diese Summe sogar noch senken zu müssen. Darum sei hier nochmal deutlich darauf hingewiesen: Es gibt zwischen diesen beiden Punkten einen direkten Zusammenhang.
Wer also ernsthaft erwägt, in größerem Umfange Steuern zu senken, nimmt vielen kommunal geförderten Einrichtungen die finanzielle Grundlage: Freie Sozialarbeit, Jugendhilfe, Bibliotheken, Träger freier Bildung, Sportförderung und einiges mehr werden so in Frage gestellt und möglicherweise gegeneinander ausgespielt. Wenn jetzt, wie es abzusehen ist, Greifswalder Vertreter von CDU und FDP Krokodilstränen über so genannte Sachzwänge vergießen oder sich über mögliche Kürzungen in den genannten Bereichen beklagen sollten, kann man ihnen nur empfehlen, erst mal ihre eigenen Parteien am 27.9. nicht zu wählen.
Und diese Feststellungen gelten bereits unabhängig von Fragen der Steuergerechtigkeit, wo Schwarz und Gelb ebenfalls die falschen Akzente setzen wollen. Eine wünschenswerte Entlastung des momentan besonders benachteiligten Einkommensbereiches knapp über der derzeitigen Freibetragsgrenze kann aber nur funktionieren, wenn gleichzeitig die oberen Einkommensbereiche stärker zur Finanzierung der gemeinschaftlichen Aufgaben herangezogen werden, so wie das zum Beispiel im Grünen Neuen Gesellschaftsvertrag vorgeschlagen wird.
Man sollte vielleicht noch ergänzen, warum die Kommunen Probleme bekommen, wenn die Einkommenssteuer gesenkt wird. Die Kommunen erhalten nämlich prozentuale Anteile an dieser Steuer (auch der Mehrwertsteuer). Gerade die gestiegenen Einkommenssteuerbeträge führen in diesem Jahr dazu, dass der Haushalt Greifswalds fast ausgeglichen ist.
Noch etwas ist zu hinterfragen. Wie möchte denn Schwarz-Gelb eine solche Steuersenkung durchsetzen? Der Bundesrat muss zustimmen, da es ja auch die Länderfinanzen betrifft. Und einige Bundesländer mit CDU-Regierung haben schon abgewunken. Das können sie sich nicht leisten. Und das Märchen, niedrigere Steuern würden sich selbst finanzieren, da wir wieder stärker wachsen, sollte man auch nicht glauben.
Trotz Wirtschaftsaufschwung lag die durchschnittliche Wachstumsrate der letzten 10 Jahre (ohne 2009) bei rund 1,5% (wurde die Bundeskanzlerin im TV-Duell zu gefragt – dazu fiel ihr aber nur ein, dass mit der FDP Wachstumskräfte freigesetzt würden…). Mehr wird das nicht mehr. Selbst in den Boomjahren waren es nur um die 2,5%.
Also, Finger weg von Steuersenkungen. Sonst gehen die Kommunen endgültig baden.