Strategien gegen Rechtsextremismus diskutierte die grüne Bundesvorsitzende heute vormittag am Museumshafen mit einigen Interessierten. Es war ein gutes Gespräch, in dem alle, die etwas zu sagen hatten, auch zu Wort kamen und teilweise auch interessante, seltener genannte Aspekte zum Thema beisteuerten.
Claudia Roth gehört zu den Politikerinnen, denen das Gespräch im kleinen Kreis offensichtlich liegt, jedenfalls mehr als die Fensterrede auf Parteitagen, und gerade diese Kombination sollte man eher positiv als nachteilig vebruchen. So konnten wir nach Klärung anfänglicher Unklarheiten der „Geschäftsordnung“ die Situation in Vorpommern recht umfassend schildern. Dabei konnte Claudia oft den Vergleich mit den Verhältnissen in Bayern anführen, was zeigte, dass Rechtsextremismus grundsätzlich nicht in direktem Zusammenhang mit Wohlstand und sozialer Situation sein muss.
Die Anregungen reichten von stärkerer Berücksichtigung mancher sozialer Themen über den Wunsch nach umfassendem Beratungsmaterial für Aktive vor Ort bis hin zur gezielten Stärkung der betroffenen Gemeinden und Regionen, etwa durch Einsetzung von „Dorfmanagern“, das Ganze unterfüttert mit sachkundigen historischen Exkursen. Ein kurzer Ausflug in die Welt der Verschwörungstheorien rundete das übliche Spektrum grüner Veranstaltungsfolklore ab.
Claudia Roth hat ihre Sommertour anschließend auf Rügen und in Stralsund fortgesetzt. Wer die grüne Bundesvorsitzende weiter auf ihrem Weg durch die Republik verfolgen will, kann das im Übrigen hier tun.
Es wäre mutig gewesen zu sagen, einigen Anwesenden fehlte das Verständnis für dekonstruktivistische Ansätze, was wohl auf der anderen Seite an einer etwas ungeschickten Form der Darstellung gelegen haben mag, aber alles was über den Horizont deiner empirisch-numerischen Nachweisbarkeit hinaus geht in den Bereich der Folklore und Verschwörungstheorie zu verbannen, ist nichts weiter als billige Polemik.
In dem von dir gegeißelten Statement ging es um die Frage, in wie weit Strukturen, die uns in der Wahrnehmung unseres täglichen Wahnsinns als selbstverständlich erscheinen, eine Basis für faschistische Ideologien bilden und bei einigen Anwesenden offenbarte sich schon an dieser Stelle ein Denkverbot, welches für gewöhnlich mit dem Begriff Unreflektiertheit umschrieben wird. Wie sagte Claudia doch gleich „Was können wir Demokraten tun?“ und in dieser Frage sind bereits zwei Unsauberkeiten enthalten. Zum einen wird ein nicht existentes „wir“ konstruiert, welches im Umkehrschluss eine Legitimation einer elitären Meinungsführerschaft darstellt, zum anderen wird sämtlichen DiskussionspartnerInnen unterstellt, dass sie „Demokraten“ wären, was im Prinzip nichts anderes heißt, dass alle Anwesenden VertreterInnen einer auf Mehrheiten basierenden Herrschaftsideologie seien.
Fur Personen, die sich tiefgreifender mit Demokratie- und Herrschaftskritik beschäftigen wollen, sei an dieser Stelle empfohlen sich mal etwas mit den Theorien aus dem Umfeld von Jörg Bergstedt zu beschäftigen z.B.:
http://www.projektwerkstatt.de/hoppetosse/emanzipat/debatte.html
Um noch einen zusätzlichen Denkanstoß (auch an die.Linken und Piraten-Mitleser) zu liefern, sei mir noch ein Zitat erlaubt:
„Eine Gesellschaft ohne Arbeit, Geld und Staat bedeutet auch eine Gesellschaft ohne „Parteien“. Es bedeutet, dass gänzlich andere Bewegungsformen für gesellschaftliche Konflikte genutzt werden als die bekannten – eben auch andere als „Parteien“. Es ist unmöglich, Geld mit Geld abzuschaffen, Parteien mit Parteien oder Staat mit Staat. Wir werden das Alte nicht auf dem Feld des Alten schlagen, sondern wir müssen ein neues Feld konstituieren.“ (Stefan Meretz)