„Die Grünen im Umfragehoch“ *Update*

meint Nico Fried bei suedeutsche.de und kommentiert:

„Für solche Menschen sind die Grünen die bequemste Partei. Mit ihr kann man irgendwie für den Einsatz in Afghanistan sein, aber gleichzeitig ein schlechtes Gewissen haben. Als Sympathisant der Grünen kann man Karriere in der Ellenbogengesellschaft machen und sich dafür über die staatlich organisierte Solidarität freikaufen. Und als Grüner in Berlin ist man ganz sicher unter vielen Gleichgesinnten, wenn man die Thesen von Thilo Sarrazin ganz schrecklich findet, aber das eigene Kind wegen des hohen Ausländeranteils an der einen Schule lieber in eine andere schickt.“

Gleichzeitig erleben Demonstrationen neuen Zulauf, die Demo-Pullis werden wieder ausgepackt. Egal ob es gegen Großprojekte oder die Atompolitik geht…

Doch wo blieben die Proteste, als es gegen den Sozialabbau, die Klientelpolitik, die Begünstigung der Reichen und „Besserverdienenden/Leistungsträger“ hätte gehen müssen? Einen Erklärungsversuch unternimmt Roberto J. De Lapuente bei ad sinistram.

Deutschland im Herbst:

„…Warum bereiten abgerissene Bahnhöfe schlaflose Nächte, während der mit der Abrissbirne traktierte Sozialstaat, der anhand halbseidener Gesetzgebung auch den Rechtsstaat in Mitleidenschaft zieht, nur wenigen Bauchkrämpfe bereitet?

Im deutschen Herbst des laufenden Jahres zählen andere Werte als „um sich schlagen“ – selbst sich als links und solidarisch einstufende Jugendliche verachten den Sozialstaat, der nur Verlierer durchfüttere. Und die Elterngeneration empfindet es ganz ähnlich. Es schlagen die einen nicht um sich, weil sie durch jahrelangen Bezug von Transferleistungen und die einhergehende Häme, die man ihnen medial bereitete, mürbe und ausgetrocknet sind – und die anderen schlagen nicht um sich, weil es sie nichts angeht, weil sie ihre Energie für Bahnhofsabrisse verpulvern. Selbst tendenziell links positionierte Menschen gelangen durch jahrelange Medienberieselung, durch Sarrazinaden und Sloterdijkinen, durch Clementina und Westerwellen, durch wirtschaftliche Aufrechnung und ökonomische Programmatik, zu dem Eindruck, dass es ausreichend linksgedreht sei, für saubere Umwelt und gegen Atomstrom zu sein oder gegen die Halsstarrigkeit einer bahnhofszerdeppernden Obrigkeit zu stiefeln. …“

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*Update* Eine Erwiderung zu Nico Fried:

Reinhard Bütikofer: Jetzt werde ich auch mal polemisch

5 Kommentare bei „„Die Grünen im Umfragehoch“ *Update*“

  1. Welch ein Quark…
    Ich staune immer wieder über diejenigen Linken, denen etwa der Protest gegen den Tunnelbahnhof in Stuttgart nicht passt, weil da auch Leute dabei sind, mit denen man aus Prinzip nichts zusammen machen möchte.
    Am Ende ist S21 sogar noch eine soziale Wohltat. Schließlich wird die Anbindung des Flughafens an das Fernbahnnetz ja deutlich verbessert.

    1. Nirgends steht, dass der Protest gegen S21 oder gegen den Kotau vor der Atomindustrie falsch, weil die angeblich falschen Leute mit dabei sind.
      Zitat: „…Halsstarrigkeit einer bahnhofszerdeppernden Obrigkeit…“
      Es fehlt nur das Heer der Protestierenden, wenn es gegen Sozialabbau oder anderes geht.

      1. Wenn man diie Geschichte und die Diskussionen zu S21 im Zusammenhang betrachtet, muss man diese Interpretation zwischen den Zeilen so lesen. S21 ist aus klassisch sozialdemokratischer Sicht nun einmal „Fortschritt“. Die Altsozis und ihre publizistischen Verbündeten bei der SZ, die gerne über die ach so „bürgerliche“ Zusammensetzung des Protestes die Nase rümpfen, denken genau so.
        Den Großprotesten gegen S21 und gestern gegen die Atompläne von Regierung und Konzernen, soweit nicht sowieso dasselbe, die soziale Komponente abzusprechen heißt nicht wahrhaben zu wollen, dass hier in erheblichem Maße soziale Aspekte betroffen sind.
        So zu tun, als habe Energiepolitik und Verkehrspolitik mit sozialen Fragen nichts zu tun, ist arg denkfaul.

    2. Warum nur so dünnhäutig? Neid muss man sich hart erarbeiten, Mitleid bekommt man geschenkt!
      Mit dem „Phänomen Grün“ beschäftigte sich just auch das ND und versuchte sich dem so anzunähern:
      – „Retter der Wurzeln der deutschen Weinkultur“
      http://www.neues-deutschland.de/artikel/179924.retter-der-wurzeln-der-deutschen-weinkultur.html
      Da der Beitrag, außer dem erweiterten Anriss, nur für Abonnenten bzw. auf Antrag freigeschaltet ist, hier ein Auszug:
      „… Die Grünen haben es geschafft plausibel zu machen – dank diverser Krisen, dem Klimawandel, der maroden Atommülllager und der angeblich integrationsunwilligen Muslime –, dass die Beschäftigung mit ihren Themen nicht mehr unbedingt »links« ist, sondern gesellschaftlich notwendig. … Doch bei ihren Veranstaltungen und Klausurtagungen halten sie sich mit solchen Sachen nicht lange auf. Elend ist keine schöne Sache, gewiss, kennt man aber selbst nicht. Zu den Veranstaltungen zum »Green New Deal« schicken die Konzerne längst Vertreter ihrer »Zukunftsabteilungen«, und die moderneren mittelständischen Unternehmer gehören zu den Stammgästen.
      Jene Teile der urbanen, bürgerlichen Milieus von Menschen, die vor 20 oder zehn Jahren noch zu FDP- oder CDU-Wählern herangewachsen wären, trennt heutzutage kaum mehr etwas von den Grünen. …
      Wer ist grün?
      … Die Grünen gelten als verantwortungsbewusste Gutmenschen, die weniger zur persönlichen Bereicherung neigen als andere, weil sie genug haben und bereit sind, etwas abzugeben. …
      Phänomen Grün
      Das Erstaunlichste, das wahre Phänomen Grün aber ist folgendes: Anders als allen anderen Parteien schadet den Grünen das Regieren nicht. Seit in ihnen niemand mehr den parlamentarischen Arm der sozialen Bewegungen sieht, verzeihen ihnen die Wähler offenbar alles. Der erste deutsche Angriffskrieg (»wegen Auschwitz«) und das größte Verarmungsprogramm seit 1945 – na und? …
      Die Wählerschaft der Grünen stehe »wie ein Fels hinter der Partei«, sagte der Wahlforscher Richard Hilmer. …“ –
      Aber zurück zum Anfang des Kommentars, den ich nicht verstehe. Wer und wo sind die kritisierten „diejenigen Linken“? Sie dürften sowohl bei den Grünen als auch bei der SPD nur in homöopathischen Dosen zu finden sein. Also, Quark wäre aus derzeitiger Grüner-Sicht doch schon zu viel der Mengenannahme oder „Hochmut kommt vor dem Fall“ (Westerwelle lässt grüßen!).

  2. Nico Fried in der „Sueddeutschen“ lässt sich mit intellektuellem Gestus über die GRÜNEN aus, streift nebenbei die anderen Parteien, lässt, sieht man’s richtig, an keiner ein gutes haar und bedient sich dabei eines kleinen Kunststücks: er erwähnt die LINKEN nicht! (auf bayerisch: suaddeutsch)

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