Stefan Fassbinder: Solche Beratungen müssen öffentlich stattfinden
Um die Hauptsatzung für den neuen Kreistag wird weiterhin ein Geheimnis gemacht. Am vergangenen Freitag stand sie im zuständigen Ausschuss der Hansestadt Greifswald zur Beratung an – im nichtöffentlichen Teil.
Stefan Fassbinder, Mitglied dieses Ausschusses für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, beantragte die Öffentlichkeit dieses Tagesordnungspunktes. „In der Hauptsatzung wird die Arbeit des neuen Kreistages geregelt. Dazu gehören zum Beispiel die Zahl der Ausschussmitglieder, die Art der Bekanntmachung der Tagesordnung, die Zahl der Beigeordneten oder die Höhe der Aufwandsentschädigung für die ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen und -politiker. Zudem wird festgelegt, für welchen Zeitraum die Landrätin oder der Landrat gewählt wird. Ich kann nicht verstehen, warum dies unter Ausschluss der Öffentlichkeit beraten wird.“
Fassbinder, zugleich Landratskandidat von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, hält den Ausschluss der Öffentlichkeit auch von den gesetzlichen Regelungen nicht gedeckt: „In Kommunalverfassung und Hauptsatzung ist abschließend geregelt, wann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden darf. Doch keiner der dort benannten Fälle lag am Freitag vor.“ Gleichwohl stimmte die Mehrheit des Ausschusses gegen die Herstellung der Öffentlichkeit.
„Als Landrat des neuen Großkreises werde ich mich dafür einsetzen, dass die Bürgerinnen und Bürger in Zukunft von Beratungen zur Arbeitsweise der von ihnen gewählten Gremien nicht ausgeschlossen werden.“ betont Stefan Fassbinder. „Das Tagen hinter verschlossenen Türen muss so weit überhaupt möglich vermieden werden.“
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Ein paar ergänzende Hintergrundinformationen:
Die Kommunalverfassung regelt die Öffentlichkeit der Gemeindevertretung in §29, Abs. 5: „Die Sitzungen der Gemeindevertretung sind öffentlich. Die Öffentlichkeit ist auszuschließen, wenn überwiegende Belange des öffentlichen Wohls oder berechtigte Interessen Einzelner es erfordern. Der Ausschluss der Öffentlichkeit kann in diesem Rahmen in der Hauptsatzung oder durch Beschluss der Gemeindevertretung angeordnet werden. Über den Ausschluss der Öffentlichkeit wird in nichtöffentlicher Sitzung beraten und mit der Mehrheit aller Gemeindevertreter entschieden.“
Zu den beratenden Ausschüssen ergänzt §36, Abs. 6, Satz 2 und 3: „Die Hauptsatzung kann bestimmen, dass die Ausschusssitzungen öffentlich stattfinden. In diesem Fall gelten § 17 Abs. 2, § 29 Abs. 5 und 6 sowie § 31 Abs. 3 entsprechend.“
Die Hauptsatzung der UHGW wiederum legt in §6, Abs. 3 fest: „Die Sitzungen der beratenden Ausschüsse sind mit Ausnahme der Sitzungen des Rechnungsprüfungsausschusses öffentlich. § 4 Abs. 1 gilt entsprechend.“
Und in §4, Abs.1 heißt es schließlich: „Die Sitzungen der Bürgerschaft sind öffentlich. In folgenden Fällen ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen: 1. einzelne Personenangelegenheiten außer Wahlen und Abberufungen, 2. Steuer- und Abgabenangelegenheiten Einzelner, 3. Grundstücksangelegenheiten, 4. Rechnungsprüfungsangelegenheiten mit Ausnahme der Abschlussberichte, 5. Vergabe von Aufträgen.
Die Bürgerschaft kann im Einzelfall, sofern rechtliche Gründe nicht entgegenstehen, Angelegenheiten der Ziffern 1-3 und 5 in öffentlicher Sitzung behandeln. In nicht aufgeführten Fällen ist die Öffentlichkeit durch Beschluss auszuschließen, wenn überwiegende Belange des öffentlichen Wohls oder berechtigte Interessen Einzelner es erfordern.“
Wir stellen nun fest:
1. Der Ausschuss zur Vorbereitung der Kreisgebietsreform ist ein beratender Ausschuss. Damit hat er grundsätzlich öffentlich zu tagen.
2. Die Beratung der Hauptsatzung des künftigen Fusionskreises erfüllt keine der konkret genannten Voraussetzungen für einen Ausschluss der Öffentlichkeit.
3. Das Vorliegen „berechtigter Interessen Einzelner“ ist nicht zu erkennen.
Bleiben die „überwiegenden Belange des öffentlichen Wohls“. Das ist so zu verstehen, dass durch öffentliche Beratung die Gefahr eines konkreten Nachteils für die Gemeinde oder ihre Einwohner_innen entstehen müsste. Konstruierbar ist im juristischen Universum ja vieles, aber hier muss man schlicht feststellen: Einfach so Nichtöffentlichkeit beschließen geht nicht. Eigentlich. Uneigentlich geht vieles. Sollte tatsächlich mal jemand eine entsprechende Klage anstrengen und gewinnen, weisen wir vorsorglich schon mal darauf hin, dass dann alle unzulässiger Weise nichtöffentlich gefassten Beschlüsse rechtswidrig wären.