Diesmal: Unsere sozial Schwachen
Unangenehm weit verbreitet ist in diesen Tagen eine bestimmte Verwendung des Begriffes „sozial Schwache“ für Leute mit wenig Geld. In Wirklichkeit sind also Menschen gemeint, die über geringe finanzielle Mittel verfügen. Diese als „sozial schwach“ zu bezeichnen ist diskriminierend. Denn sie sind nicht vermindert sozialfähig, sondern haben kein oder zuwenig Geld. Nicht erst in der aktuellen Berichterstattung, zum Beispiel über die Einrichtung einer kostenlosen Rechtsberatung in Greifswald (OZ vom 27.07.11, S. 9), fällt diese unzulässige begriffliche Gleichsetzung auf.
Für uns sind diejenigen sozial schwach, die Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren, wie dies zum Beispiel die Banken in der Finanzkrise vorgeführt haben. Eine solche Missachtung des Gemeinwohlinteresses ist ein Zeichen sozialer Schwäche im besten Wortsinne.
Sozial schwach sind insbesondere auch geistige Brandstifter wie Thilo Sarrazin und andere, die Menschen mit wenigen finanziellen Mitteln, wie z.B. ALG II-Berechtigte, pauschal als unfähig darstellen, mit Geld umgehen zu können. Die immer wieder kehrenden Kampagnen zur angeblichen sozialen Hängematte, in der es sich viele gemütlich machen, sprechen eine deutliche Sprache. Die Debatte über „die alles versaufende Unterschicht“ (Buschkowsky) oder die „spätrömische Dekadenz“ (Westerwelle) und das Bild, das dabei über finanziell schlechter gestellte Menschen entsteht, wird durch einen Begriff wie „sozial schwach“ verstärkt. Wir bevorzugen einen sorgfältigen Sprachgebrauch und sprechen uns deshalb dafür aus, diesen Begriff nicht mehr zu verwenden. Stattdessen könnten wir von „sozial Benachteiligten“ sprechen, um so die Ausgrenzung durch die Gesellschaft zu verdeutlichen.
Im bündnisgrünen Programm müssen wir in dieser Angelegenheit nicht lange blättern, um zu lesen, worauf es ankommt. Denn schon in der Präambel ist zu lesen: „Unsere Politik folgt einem positiven Menschenbild. Wir wollen daher eine Gesellschaft, die niemanden ausgrenzt und von allen mitgestaltet werden kann. Soziale Ungerechtigkeit und willkürliche Ungleichheit führen zu massiven Folgeproblemen. Wir wollen stattdessen den Abbau aller gesellschaftlichen und finanziellen Barrieren.“
Quelle: Bundesregierung