Ich gehöre zu den Menschen, die sich Ansagen, Erklärungen oder Erläuterungen gerne in expliziter Form wünschen. Das heißt: Die Auffassung, manche Dinge verstünden sich implizit, also ohne konkrete Sprachliche Äußerung, teile ich nicht oder doch zumindest seltener als viele andere. Implizite Kommunikation setzt voraus, dass die Gruppe, innerhalb derer kommuniziert wird, geschlossen ist und einen verlässlichen Rahmen an Konventionen teilt. Das ist seltener gegeben, als oft geglaubt wird. Wer sich auf den Zauber der impliziten Kommunikation verlässt, findet sich nicht selten deswegen in ernstzunehmenden Missverständnissen wieder.
Den Fehler, manche Dinge nicht explizit darzustellen, erleben wir auch oft auf politischen Versammlungen, da aus der gemeinsamen Zugehörigkeit zu einer politischen Partei fälschlicherweise auf ein ausreichendes Maß einheitlicher Konventionen zur impliziten Kommunikation geschlossen wird.
So möchte ich die theoretischen Voraussetzungen einer Begebenheit beschreiben, die auf dem grünen Länderrat am Sonntag bei der Abstimmung über den Antrag zum Verfassungsschutz zu Verwirrung gesorgt hat.
Ich hatte zum Antrag des Bundesvorstandes einen Änderungsantrag gestellt. Dieser besagte, eine Forderung zu streichen und statt dessen weiter hinten einen zusätzlichen Punkt zur Diskussion zu stellen. Der Bundesvorstand wollte das nicht übernehmen, zunächst auch nicht in modifizierter Form. Nach meiner dadurch erforderlichen mündlichen Einbringung des Antrages bestand aber immerhin Konsens darüber, dass zumindest die Ergänzung des Diskussionsteils unschädlich ist.
Das wurde aber nicht ausdrücklich (explizit) anhand der Formulierung des Änderungsantrages bekanntgegeben. Die Versammlungsleiterin (Theresa Schopper) sprach lediglich davon, der Antrag werde „modifiziert übernommen“. Eine modifizierte Übernahme setzt allerdings voraus, dass eindeutig dargestellt wird, was übernommen wird und was nicht. Die Folge war nun, dass einige Delegierte nicht wussten und auch nicht wissen konnten, worüber sie genau abstimmten. Die Rücksprache (leider erst nach der Abstimmung) mit Theresa ergab nun: Die von mir beantragte Streichung der Zeilen 211/212 fand nicht statt. Die von mir beantragte Ergänzung des Diskussionsteils wurde übernommen. Der zusätzliche Spiegelstrich lautet: „Welche Regeln zur Zusammensetzung parlamentarischer Kontrollgremien sollen künftig gelten? Wie verträgt sich der Wunsch nach grundsätzlicher Einbindung aller Fraktionen mit dem ebenfalls berechtigten Anliegen, die Kontrolle durch Beteiligung etwa der NPD nicht unnötig zu erschweren?“
Zum vollständigen Beschlusstext geht es hier entlang.
Ich hoffe, damit letzte Verwirrung, sofern noch welche bestand, aufgelöst zu haben. Ich wünsche mir, dass künftige Präsidien egal welcher Gremien sich im Zweifel immer für die ausführliche und gründliche Erläuterung entscheiden. Der in diesem Zusammenhang gelegentlich als „Erklärbär“ bezeichnete Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern soll in dieser Hinsicht gerne als positives Beispiel genannt werden.