Wenn in Greifswald Studierendenparlament (StuPa), Akademischer Senat und Fakultätsräte gewählt werden, ist das kein Ereignis, das vor dem nicht (mehr) akademischen Teil der Stadt Halt machen sollte. Die Hochschulpolitik im Land ist ohne die akademischen Gremien nicht denkbar. Und wenn man für eine lebendige Hochschulautonomie ist, muss man auch den Anspruch erheben, dass die innere Organisation von Hochschule und Studierendenschaft demokratischen Grundsätzen genügt.
Deswegen von mir zu den aktuellen Gremienwahlen zwei Bemerkungen:
Die erste betrifft die unterschiedlichen Wahlsysteme für StuPa und Senat. Der Senat und die Fakultätsräte werden nach Verhältniswahl in offenen Listen gewählt, wobei die Studierendenschaft einen eigenen geschlossenen Wahlkreis bildet. Somit ist eine Wahl gezielt nach der politischen Ausrichtung der KandidatInnen möglich. Wird die oder der bevorzugte KandidatIn nicht persönlich gewählt, so besteht doch immerhin die Garantie, dass die Stimme innerhalb der Liste mit Leuten ähnlicher Programmatik verbleibt. Die Liste „Solidarische Universität“, auf der auch VertreterInnen der Grünen Hochschulgruppe antreten, ist ein solcher Listenzusammenschluss.
Beim StuPa hingegen wird seit Urzeiten nach Personenmehrheitswahl gewählt. Zwar ist die politische Ausrichtung der einzelnen Kandidatinnen bekannt – auch das Vorhaben, explizit für die Interessen bestimmter Fachrichtungen, etwa Medizin anzutreten, ist eine politische Aussage. Doch eine Abbildung des WählerInnenwillens gemäß der politischen Ausrichtung ermöglicht das Wahlverfahren nicht. Für die stimmenstärksten KandidatInnen ist ihr zum Teil erheblicher Vorsprung nutzlos bzw. verschenkt, weil eine Übertragung an andere Leute ähnlicher Auffassung nicht möglich ist. Möchte man das Prinzip der Personenwahl weiter aufrechterhalten, müsste es eigentlich in Richtung eines Systems übertragbarer Einzelstimmen (STV) entwickelt werden. Da dieses Modell in Deutschland nicht etabliert ist, bliebe nur die Listenwahl. Was vor 15 Jahren bei einem Drittel der heutigen Studierendenzahl aus damals noch vertretbaren Gründen kein Thema war, müsste heute in anderem Lichte diskutiert werden. Eigentlich hätte die „Solidarische Universität“ auch versuchen können, ihre Strukturen zu nutzen, um den SympathisantInnen eine solidarische Stimmabgabe zu ermöglichen. Wer WackelkandidatIn ist, lässt sich ja anhand von Erfahrungswerten zurückliegender Wahlen recht zuverlässig bestimmen. Diese Leute müssten also gezielt unterstützt werden.
Die zweite Bemerkung bezieht sich darauf, dass die Wahlen für Senat und Fakultätsräte in der Diskussion nur vorkommen, insoweit die studentischen VertreterInnen zu wählen sind. Wenn die anderen Gruppen, die dieses Jahr nicht dran sind, wählen, interessiert sich für die politischen Positionen ihrer KandidatInnen komischerweise kaum jemand, obwohl es doch am Ende stets einE HochschullehrerIn ist, die oder der am Ende zum Beispiel RektorIn wird und der Anteil der Studierenden in diesen Gremien ein wenig (zu) niedrig ist. Auch der derzeitige Rektor hat vor langer Zeit mal im Senat angefangen – wo er damals auch gelegentlich schon durch wenig hoffnungsvolles Gelaber aufgefallen ist. Aber, wie gesagt: interessiert halt keineN.