Soll die Welt dereinst untergehen, dann ziehe ich nach Mecklenburg, da geschieht alles 100 Jahre später, dieses Zitat des alten Bismark wird gelegentlich strapaziert, wenn der Landstrich und seine Bewohner beschrieben werden. Das dieser Satz dem Reichsfürsten tatsächlich über die Lippen kam, ist hingegen nicht zweifelsfrei belegt. Aber er geistert durch die Hirne und scheint bisweilen, auch wenn Greifswald nicht in mecklenburgischen Landen liegt, Gedanken und Handeln des ein oder anderen
Lokalpolitikers und Verwaltungsangestellten zu beeinflussen. Wer will schon gern als rückschrittlich gelten? Also macht man sich auf, bestenfalls mit Halbwissen geschlagen, und will sich an die Spitze des vermeintlichen technologischen Fortschritts stellen.
Überall dort, wo Mensch und Umwelt in Mitleidenschaft gezogen werden, ob beim Lubminer Steinkohlekraftwerk, dem Wiecker Schlag oder neuerdings bei der Grünen Gentechnik, die Jungs und Mädels der Christdemokraten in Politik und Verwaltung verschließen beinahe reflexartig die Augen vor möglichen Gefahren, gerieren sich als die innovative und vor allem kompetente Elite, welcher niemand, schon gar nicht die mit ihr nicht in einer Kooperation verbandelten Fraktionen der Bürgerschaft, das Wasser reichen kann. Dreht sich der Wind, der gesunde Menschenverstand obsiegt, zieht man sich greinend, schmollend in eine Ecke zurück und versucht, wie mit der Forderung nach einer Videoüberwachung des öffentlichen Raumes, populistisch andere Themen zu besetzen. So war es beim Wiecker Schlag, so wird es vermutlich bei der Einrichtung der Gentechnikfreien Region Greifswald sein.
In Sachen Grüner Gentechnik offenbaren die Christdemokraten, vertreten durch den ihnen zugehörigen Liegenschaftsamtleiter, eine erschreckend gefährliche Ahnungslosigkeit.
In Österreich, Griechenland, Ungarn und Frankreich existieren nationale Anbauverbote für gentechnisch veränderte Organismen. An diesem Montag haben die Umweltminister von 22 EU-Staaten mit 282 von 345 Stimmen den Vorschlag der EU Kommission abgelehnt, die Gentechnik-Verbote in Österreich und Ungarn aufzuheben.
Während also die Mehrheit der europäischen Staaten die Risiken der Grünen Gentechnik erkannt haben, fürchtet der CDU-geprägte Teil der städtischen Verwaltung, dass bei einer Selbstverpflichtung der Verpächter und Landwirte „die gesamte Region vom züchterischen Fortschritt“ abgekoppelt wird.
Mit den angeführten Argumenten erweckt die Stellungnahme den Eindruck, als wäre sie von Lobbyisten und Gentechnikbefürwortern diktiert.
Wie ahnungslos man ist, zeigt sich in der Befürchtung, dass der Verzicht auf GVO zu verringerten Pachtzahlungen führen könnte. Das Gegenteil dürfte der Fall sein. Landwirte aus der Nachbarschaft von Agrarflächen, auf denen GVO freigesetzt werden, hätten bei der breiten Ablehnung dieser Technologie in der Bevölkerung, deutlich geringere bis gar keine Erlöse zu erwarten. Im Zweifel droht diesen Landwirten gar der Ruin mit Folgen auch für die städtischen Einnahmen.
Die evangelische Kirche ist da schon weitaus weiter. Im EKD-Mustervertrag zur Verpachtung kircheneigener Äcker, wird den Pächtern der Anbau von genmanipulierten Saatgut schlichtweg untersagt.
„Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht,“ beginnen die „Nachtgedanken“ des alten Zynikers Heine. Ähnliche Gedanken dürften die aufgeklärten, mündigen Greifswalderinnen und Greifswalder befallen, wenn sie an den „schwarzen Block“ und den ihr parteipolitisch verbundenen Teil der Verwaltung denken.
Geistige Zahlungsunfähigkeit I