Beides geht nicht

Einer der wenigen Punkte, an denen sich der gesamte Landkreis Ostvorpommern einig ist, betrifft den Wiederaufbau der Karniner Brücke, um schnelle Bahnverbindungen Berlin – Ducherow – Insel Usedom zu ermöglichen.
Lieblingsgegner ist Landesverkehrsminister Schlotmann, der unter Berufung auf die allgemeine Finanzsituation darauf verweist, dass man durch die Bevorzugung des Bahnprojektes den Bau einiger Umgehungsstraßen gefährde. Der SPD-Politiker scheint dabei davon auszugehen, dass diesen Straßenbauvorhaben im Zweifel Priorität einzuräumen sei. Die Lokalpolitiker im Landkreis wollen sowohl das eine als auch das andere.
Die Auffassung, dass im Zweifel das Bahnprojekt Vorrang haben muss, damit die vielbeschworene Verkehrsverlagerung nicht nur eine Worthülse bleibt, ist weniger verbreitet. Dabei sollten die von Schlotmann konkret genannten Straßenbauprojekte tatsächlich generell hinterfragt werden. Dass neue Straßen generell zusätzlichen Verkehr erst induzieren, setze ich als bekannt voraus. Genauso sollten alle wissen, dass die Bevölkerung der Region nicht zunimmt, eher im Gegenteil. Es werden also mehr Straßen für weniger Menschen gefordert.
Auf der B109 zwischen Greifswald und der BAB-Anschlussstelle 25 besteht zwar die dringende Notwendigkeit eines straßenbegleitenden Radweges, nicht aber für irgendeine Ortsumgehung. Eine vollständige Stadtumgehung von Anklam wird im Norden immer durch das Naturschutzgebiet Peenetalmoor führen müssen, auf andere Ideen sind wir nichtsdestoweniger natürlich gespannt. Und auch für Wolgast fände ich es spannend zu erfahren, wo eine Umgehung eigentlich hin soll. Der Rückstau zu den Brückenöffnungszeiten wird sich jedenfalls so oder so nicht einfach in Wohlgefallen auflösen.
Wenn wir uns entscheiden müssen, dann also gerne für die Karniner Brücke. Und wenn dann kein Geld mehr übrig ist, könnten diejenigen, die gerne am lautesten alles wollen, auch mal sagen, wie der Staat, der das ja alles bezahlen soll, die dafür notwendigen Einnahmen erzielen soll.

7 Kommentare bei „Beides geht nicht“

  1. Zur Ortsumgehung Wolgast gibt es schon konkrete Pläne.
    Die OZ hat erst kürzlich darüber berichtet:
    http://www.ostsee-zeitung.de/ozdigital/archiv.phtml?param=news&id=2688036
    Und es steht geschrieben: “ Der Bund ist mit dem Entwurf für das Millionenprojekt einverstanden. Der Architektenwettbewerb kann beginnen. …
    Für die Wolgaster Ortsumgehung, die insgesamt 6,7 Kilometer lang werden soll, gilt eine Bauzeit von vier Jahren als realistisch. Sollte das Planfeststellungsverfahren also zeitnah beginnen, könnte das Bauwerk mit der Brücke als neues Wolgaster Wahrzeichen 2014/2015 fertig sein. Nach OZ-Informationen gibt es derzeit vielversprechende Verhandlungen der Verkehrsministerien von Land und Bund, um die nötigen Gelder in die Etats einzustellen. …“

  2. Jaja, für 6,7 Kilometer 70 Millionen ausgeben. Bei der Karniner Brücke betragen die Kosten für die gesamte Strecke 160 Millionen. Irgendwo muss mal der Anfang vom Ende des Umgehungsstraßenunfuges gemacht werden. Zum Beispiel in Wolgast. Oder wir finanzieren sowas künftig vollständig privat, was dann auf dasselbe rausläuft. Man wird dann nämlich keinen Investor für solche Projekte finden, die sich nicht rechnen.

  3. […] Beides geht nicht – Greifswald wird Grün […]

  4. Die OU Wolgast ist seit DDR-Zeiten in Planung weil schon damals die Probleme in Wolgast gravierend waren. Nach aktuellen Zählungen wälzen sich täglich 13.000 – 16.000 Kfz auf der B111 durch die mittelalterliche Altstadt von Wolgast (dandernorts – bspw. auf der Autobahn A14 bei Schwerin – zählte man nur um die 6000 Kfz pro Tag).
    Wenn eine OU nötig ist, dann diese. Sie wurde nur so lange herausgezögert, weil die Kosten und der Planungsaufwand überdurchschnittlich sind.
    Bei der Karniner Brücke die Kosten mit 160 Mio anzugeben finde ich unverantwortlich. Wenn man von 2.000.000 Euro pro km Gleis ausgeht (das ist schon niedrig angesetzt) sind allein für die 40 km Gleis 80 Millionen Euro nötig. Dazu kommen Brückensanierung/neubau Karniner Brücke, Überführungsbauwerke über alle Bundesstraßen bzw. Verlegung der Bundesstraßen (Bahnübergänge sind rechtlich problematisch und würden zu noch mehr Verkehrschaos führen), restliche Bahnübergänge bzw. weitergehende Verlegungen von Wegen, Straßen, etc.
    Ich bin mir sicher, dass die Gesamtkosten für alle Beteiligten wesentlich höher liegen werden.
    Und am Ende wäre da noch die Frage der Nutzung. Schon jetzt überlegt die Bahn die Fernzüge auszudünnen. Nach Barth fahren schon keine Fernzüge mehr, nach Binz vereinzelte.
    Nicht das ich einseitig gegen die Brücke Karnin bin, aber man muss alles in Relation sehen und viele sehen dies meiner Meinung nach nicht. Mir fehlt bislang ein tragfähiges Konzept, in dem beschrieben ist, was z.B. außerhalb der Saison passiert, wie man die Leute bewegen möchte, den Zug zu nehmen, das Auto stehenzulassen, was die polnische Seite beisteuert, überhaupt welches Potenzial in der Strecke steckt etc.

  5. Generell widerspricht jede Maßnahme, die zusätzlichen Autoverkehr ermöglicht oder begünstigt, allen Klimaschutzzielen. Wenn wir hier konsequent sein wollen, dürfen wir uns nicht davor drücken, auch den Verkehrsbereich vollständig einzubeziehen. Um es daher nochmal zu verdeutlichen: Ich bin nicht gegen den Bau einer bestimmter Umgehungsstraße. Ich bin, aus klimapolitischen Gründen, generell gegen den Bau zusätzlicher Straßen.
    Und da hier ja auch wieder mit Zahlen gespielt wird: Nicht einmal die Unterhaltskosten für die zusätzlichen Straßenkilometer tauchen regelmäßig in irgendwelchen Kostenrechnungen auf. Wenn aber der ach so böse Winter ein paar Schlaglöcher hinterlassen hat, ist das Gejammer groß.

    1. Da hast du Recht und als langjähriges grünes Parteimitglied bin ich sonst auch gegen alle sinnlosen Straßenprojekte. Bspw. wird aus meiner Sicht die OU Spandowerhagen nicht gebraucht. Auch die OU Greifswald ist durch die Fertigstellung der A20 mit Rügenzubringer in meinen Augen total sinnlos. Die OU Gützkow und die OU Anklam dagegen sind hilfreich.
      Das Problem mit dem Verkehr wird sich auf Usedom auch durch die OU Wolgast nicht lösen. Wie beschrieben werden andernorts für derartige Verkehrsmengen autobahnähnliche Straßen geplant. Aber das kann nicht das Ziel sein. Da sind Gesamtkonzepte gefragt und sicher wäre auch Maut bzw. Sperrung in meinen Augen sinnvoll. Alles kann aber nur im Einklang mit der UBB passieren, vllt. sollte man mal über einen zweigleisigen Ausbau und Straßenbahnähnlichen Verkehr (ähnlich Belgische Nordseeküste) nachdenken.
      Durch meine Arbeit als Fachplaner für die DB AG kann ich noch anfügen, dass die Bahnunterlagen auch Unterhalt und Wartung benötigen (Weichen müssen geschmiert, Schienen geschliffen und Signallampen ausgetauscht werden). Und frage besser nicht nach, was die Bahn einsetzt damit auf den Gleisen/dem Schotterbett keine Pflanzen wachsen.

  6. Moin,
    OU- Straßen hin oder her. Dieser Unfug kennt keine Grenzen!
    Die Karniner Brücke muss wieder aufgebaut werden! Einerseits wird Swinemünde und Usedom Vollbahnmäßig an das Schienennetz im Berliner Raum angebunden – andererseits wird die Unity Line Fährschifffahrt von Swinemünde damit noch besser ausgelastet – Die LKW-Fahrer haben damit gesetzmäßige Ruhezeiten auf der Fähre nach Schweden – der Transit auf der 96a wird in Rügen entlastet, der verlängerte Ast vom A20 Zubringer entlastet und auf Rügen wird der 96a-Bau sinnlos.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.