Über Gedöns…

Es ist ja nicht immer einfach zu erläutern und damit gehört zu werden, dass Sozialpolitik uns alle angeht. Auch und gerade in grünen Kreisen nicht. Hier nun einige Auszüge aus einem Gespräch von Gabriele Goettle (taz) mit Wilhelm Heitmeyer, Dr. phil. habil., Soziologe, Direktor der Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld und Autor der Studie „Deutsche Zustände„.

Dazu gehört vor allem das, worüber nicht oder kaum diskutiert wird, zum Beispiel Demokratieentleerung. Diesen Begriff habe ich 2001 entwickelt – also noch vor der Analyse von Colin Crouch über ,Post-Democracy‘ von 2004 … Ach, den kennen Sie nicht … Ein Engländer, seine These ist, dass die Demokratie zwar in ihren Säulen erhalten bleibt, dass aber ihre innere Substanz sich verändert und schwindet.

Und ein dritter schleichender Prozess, über den nun überhaupt nicht öffentlich gesprochen wird, ist die Ökonomisierung des Sozialen. Richard Sennett, ein amerikanischer Soziologe, hat sich damit beschäftigt. Bei dieser Ökonomisierung des Sozialen, da dringen Kategorien, die aus der Ökonomie kommen, wie Effizienz, Verwertbarkeit und Nützlichkeit, in die sozialen Verhältnisse ein.

Insbesondere dies sollten sich alle die, die immer noch von Hartz IV-Empfängern reden, hinter die Ohren schreiben:

Die Umbenennung der Arbeitslosen (das Wort bezeichnete noch den Verlust) in Hartz-IV-„Empfänger“, die plötzlich etwas empfangen, worauf sie zuvor einen Anspruch hatten, die von „Leistungen“ leben, ohne etwas dafür zu tun, die hatte System. Herr Heitmeyer nickt und sagt energisch: „Ja, das hat System. Es gibt eindeutige Zusammenhänge zwischen der Forderung an die sozial Schwachen, ihre kritische Lebenssituation selbst zu bewältigen, und ihrer Abwertung. Sehr deutlich zeigt das ja auch diese Broschüre vom Bundesarbeitsministerium, aus der ich Ihnen das ,Parasiten‘-Zitat genannt habe.

Das Zitat aus der offiziellen Broschüre (Vorrang für die Anständigen – Gegen Missbrauch, ,Abzocke‘ und Selbstbedienung im Sozialstaat) des Bundesarbeitsministeriums lautet:

Biologen verwenden für Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihrer Wirte – leben, übereinstimmend die Bezeichnung ,Parasiten‘.

Hier geht´s zum Gespräch auf taz.de.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.