Es gab einmal… *Update*

…ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Das gab es zwar immer schon (Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG), trotzdem musste das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber im Februar 2010 ausdrücklich daran erinnern. Das Grundrecht gilt bundesweit, nur in einem kleinen Kreis am Rande der Republik bin ich mir da nicht mehr so sicher. Während wir die ständige Verletzung dieses Grundrechts durch das Jobcenter Greifswald bereits seit längerem kennen, kommt jetzt der Kreis hinzu.

Der verfassungsrechtliche Leistungsanspruch „gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit (…), als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst, denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen.“

Der von der Verwaltung vorgelegte Entwurf der Richtlinien zu den Kosten der Unterkunft im SGB II und SGB XII für den Kreis Vorpommern-Greifswald, der auf der Tagesordnung der Kreistagssitzung vom 03.12.12 steht, wird diesem Anspruch nicht gerecht. Aber kein Wunder, hieß es doch aus dem Umfeld des ausgezeichneten Jobcenters Greifswald, dass diese Richtlinien „der Beitrag des Jobcenters zur Konsolidierung des Kreishaushaltes“ seien. Ich will Euch/Ihnen die vielen Details der von uns und den Linken eingereichten 23 Änderungsanträge ersparen. Es ist jedoch festzustellen, dass (wieder einmal) der Kreistag die Arbeit der Verwaltung übernehmen muss. Einen kleinen Überblick zum erheblichen Nachbesserungsbedarf gibt das Beratungsergebnis des Sozialausschusses vom 19.11.12.

Der Entwurf sieht vor, dass es lediglich zwei Vergleichsräume für die gültigen Mietobergrenzen geben soll (der Norden und der Süden des Kreises). Allen Ernstes glaubt die Verwaltung, dass die Mieten in Greifswald oder auf der Insel Usedom beispielsweise mit denen in Tutow vergleichbar seien. Es sollen die gleichen Mietobergrenzen gelten. Für eine 60 bis 75 m² große Wohnung z.B. soll ein maximaler m²-Preis von 3,83 Euro gelten. Weitere Einzelheiten (Änderungsanträge bei den Heizkosten, Mietkautionen, Umzügen etc.) zu der absurden Vorlage schenke ich mir an dieser Stelle.

*Update*

Die Änderungsanträge von uns und der Linksfraktion sind hier zu finden. Die Stellungnahme der Verwaltung hier.

 

18 Kommentare bei „Es gab einmal… *Update*“

  1. Hahahahahahaha… Entschuldigung bitte, aber ich könnte da gerade Geschichten erzählen…
    Die Menschenwürde bleibt schon beim Nähertreten an den Arbeitsplatz des Sachbearbeiters auf der Strecke. Sobald man seinen Begehren nach Unterstützung Ausdruck verliehen hat, verpufft sie auf der Strecke.
    Menschlichkeit – Null
    Respekt – Null
    args – nein, ich kriege schon wieder Hitzewallungen und wirkliche Wut, wenn ich daran denke.
    Miete/Wohnungen
    Ich lebe in einer Einraumwohnung, 58 qm INKLUSIVE Hof (ca. 14 qm) und zahle 440 warm – zu teuer und MANN hat mir gesagt, dass ich, sollte ich länger als das bewilligte halbe Jahr die Leistungen in Anspruch nehmen wollen, auf jeden Fall ausziehen müsste. Das Jobcenter ließe noch nicht einmal gelten, dass ich auf Grund meiner gesundheitlichen Konstitution eine Erdgeschosswohnung wie diese hier einfach brauche. Es gibt in Greifswald ausreichend billigeren Wohnraum – Basta!
    Ich habe wirklich eine große Klappe, aber da blieb mir die Spucke weg – und ich bin sehr, sehr dankbar, dass ich wirklich gute Freunde habe, die mir nach dem halben Jahr geholfen haben, damit ich auf keinen Fall in die Verlängerung gehen musste. Zugestanden hätte sie mir, vorallem nachdem ich den Laden geschlossen habe und alle haben mir einen Vogel gezeigt, dass ich diese Unterstützung in den Wind schieße.
    Sorry, ist jetzt was lang geworden – aber das ist eines der Themen in Greifswald, das mich furchtbar aggressiv macht. Und der „HERR“ Sachbearbeiter gehört definitiv zu den Wesen, dem ich jegliche soziale Kompetenz, über die er auf solch einem Posten eigentlich verfügen sollte, abspreche.
    Aber auch für ihn gibt es jemanden, der ihm den Allerwertesten pudert – anders ist nicht zu erklären, dass er trotz juristischer Klagen gegen ihn immer noch auf die Menschheit losgelassen wird.
    Danke für die Aufmerksamkeit und Geduld
    bigi

  2. Schlechtreibfehler bitte sammeln und für einen guten Zweck spenden – Danke.

  3. Ach was, beschi…wird im ganzen Land Germany:

    …..Dazu passt auch Lutz Haussteins Zusammenfassung der Wirklichkeit (anklicken) unter der Knute der Hartz-Gesetze.

    http://feynsinn.org/?p=16389

    Schade, dass es nicht viel, viel mehr aufrichtige Menschen gibt:
    Ein Kanzlerkandidat, der stolz ist, einen hohen Marktwert zu haben, prahlt damit, dass er käuflich sei.
    Für einen solchen Bewerber kann ich als …

    http://www.wodarg.de/show/5601856.html

    aber diese Menschen sind nicht marktorientiert genug, daher werden die zwei ins Rennen geschickten Politiker (Trittin u. Steinbrück, der Fairniss verspricht, aber keine Augenhöhe)um die Macht streiten.

  4. „Subsidarität läßt den Menschen ihre Würde“….

    http://www.wodarg.de/zur_person/index.html

    Wir brauchen keinen Gesundheitsmarkt, der Seuchen erfindet, schreibt Dr. Wodarg. Das finde ich auch und wir brauchen auch keine Gesundheitsämter in Stadt, Land und im Bund, die alles nachplappern, was die Pharmabranche will, um deren Gier zu stillen und Militär in Afghanistan und sonst wo auf der Welt brauchen wir ebenso nicht.

    Beim Militär und der Pharma könnte soviel Geld gespart werden und dann bräuchte es sicher keine Bepuderten mehr, die der Bigi dumm und dämlich kommen.

  5. Der Bepuderte hat mit meiner Menschenwürde nichts zu tun. Der ist, wie er ist und kommt laut vieler „Betroffenen“ jedem dumm und dämlich, der sich seinem Schreibtisch nähert und ihn beim Kauen stört.
    Die Menschenwürde fällt dem Prozess, beginnend mit der Antragstellung, zum Opfer. Mir fällt kein Zacken aus der Krone, wenn ich gezwungen bin, um Hilfe zu bitten. Wenn ich aber um zu überleben, um existieren zu können schon Anträge ausfüllen muss, die der einfach strukturierte Mensch kaum verstehen kann, das Leben auf links gedreht wird und man zudem damit klar kommen muss, dass einem noch durch die Blume unterstellt wird, man wolle nur schmarotzen, dann geht das auch an die Würde.

  6. Natürlich geht das an die Würde. Ich hätte hier jetzt auch gar nichts weiter geschrieben, aber ich habe aus Ihrem Bericht herausgelesen, dass Sie ein Handycap haben (die nötige Erdgeschosswohnung) und ich kenne die Mieten in Greifswald.

    Es gehört schon eine gewisse Portion Dreistigkeit und Unanständigkeit dazu, einem Menschen mit einem gewissen Handycap Schmarotzertum zu unterstellen.

    Es gibt etliche Bepuderte und ebenso etliche Bigis.
    So ist nunmal diese Gesellschaft, die sich am Markt orientiert.

    Wird der Mensch, er oder sie nicht mehr gebraucht oder ist er oder sie nicht mehr so zu gebrauchen, wie der Markt es gerne hätte, werden wir fallen gelassen und können froh über das sein, was wir bekommen und werden wir sanktioniert, von Bepuderten bspw., hin bis zur Obdachlosigkeit, ist das für diesen Raubtierkapitalismus auch in Ordnung.

    Warum gibt es wohl kein Recht auf Arbeit? Genau. Es gibt gar keine Arbeit für alle, so einfach ist das und weil es diese Gesellschaft nicht zugeben will, darf es eben Bepuderte geben.
    Nun genug davon.

  7. Menschenwürde, wie sie die manchmal zu theoretische Demokratie versteht, ist ein Rechtsanspruch – Menschenwürde, wie sie die Kräfte des freien Marktes verstehen, ist ein Revolver mit einer letzten Patrone, den man für den Fall der Fälle in der Schublade aufbewahrt. Sinnbildlich. Aber auch als konkrete Vorstellung in den Gedankengängen mancher neoliberaler Missionare und Markttheologen. Sie empfänden es als würdige Handlung, wenn Menschen, die aus der Produktivität fielen, noch einmal einen produktiven Augenblick hätten. Wie auch immer sie sich dann auch wegmachen – man ist ja liberal, man kann sich aussuchen, wie man verschwindet. Revolver oder Madagaskar, Schlinge oder unter die Brücke.

    Würde, wie sie sie verstehen (In Greifswald): keine Unkosten erzeugen.

    http://ad-sinistram.blogspot.de/2011/12/die-letzte-patrone.html

  8. Die Greifswalder Mieten mit den Mieten in Tutow zu vergleichen ist schon ein übel kalkuliertes Stück! Chapeau und Hut ab!

    Damit kann diese Verwaltung vielen ohnehin schon gekniffenen Menschen sicher mal bei Mondenschein in Trantow begegnen.

  9. Während wir die ständige Verletzung dieses Grundrechts durch das Jobcenter Greifswald bereits seit längerem kennen, kommt jetzt der Kreis hinzu.

    Ständig, seit Längerem? Kann doch gar nicht sein, müsste doch ständig was drüber in der Lokalzeitung stehen, die allen Ernstes immer noch von sich behauptet, hier zu Hause zu sein. Ironie zu Ende.

    Ich schätze, zuerst müsste, notfalls durch ein Gericht, geprüft werden, wie die Angemessenheit der Miete durch den Leistungsträger ermittelt wurde. Ich schätze, schon da bräche das Kreiskonstrukt zusammen.

    Wer sich nicht wehrt, macht was verkehrt.
    Im Übrigen ist nun für jedermann zu erkennen, wo der Kreis zu sparen gedenkt.

  10. Demnach muss der Leistungsträger die nach der Personenzahl einer Bedarfsgemeinschaft zulässige Wohnungsgröße, die sich aus den landesrechtlichen Vorschriften des sozialen Wohnungsbaus der einzelnen Bundesländer ergibt, mit dem ortsüblichen durchschnittlichen Quadratmeterpreis (Kaltmiete!) im unteren Standard – jedoch nicht unterstem Standard – multiplizieren. Wichtig ist, dass dabei nicht die Nebenkosten miteinbezogen werden dürfen, denn das würde einer verbotenen Pauschalierung der Neben- und Heizkosten entsprechen (vgl. auch BSG Urteil vom 2.Juli.2009, B 14 AS 36/08 R). Sind im Mietpreis, den der Leistungsträger übernehmen muss, Kosten für beispielsweise einen PKW-Stellplatz oder bereits vorhandene Einrichtungsgegenstände enthalten, werden diese mit zur Kaltmiete gezählt.

    http://www.gegen-hartz.de/hartz-iv-wohnung/index.php

  11. letzter Grundsatz sachgerecht entsorgt.

    „Sozial mit den Hartz-Gesetzen….

    http://feynsinn.org/?p=16415

    Es stößt immer wieder bitter auf.

  12. Warum werden eigentlich noch immer 45 qm Wohnfläche für eine einzelne Person angenommen? Laut Bundessozialgericht [B 4 AS 154/11 R / 16.5.12] beträgt der angemessene Wohnraum 50qm für eine einzelne Person. Also schnell Überprüfungsanträge stellen. Dann muss nämlich nachgezahlt werden.

  13. http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/schrittzaehler-fuer-hartz-iv-bezieh

    Schrittzähler für Hartz IV Bezieher….das kann nur eine Ente sein oder der Kommentarschreiber, der schrieb: „Der Faschismus kehrt wieder“ hat recht.

  14. Wer sich nicht wehrt, macht was verkehrt. Die Idee der Kreisverwaltung dürfte rechtswidrig sein:

    http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/rechtswidrige-hartz-iv-mietobergrenzen-in-zwickau-9001231.php

  15. @Lupe: Danke für den Hinweis. Hier hatten wir übrigens darauf hingewiesen, dass die Verwaltung den Entwurf zu den KdU in der Sitzung zurück gezogen hat. Unbestätigt blieb, dass sie Angst vor einer Klatsche hatte.

  16. ein erneuter Versuch: über ….(finde keine Worte, um das auszudrücken, es fällt mir so scwer)) den Chef des Brandenburger Jobcenters

    http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartiv/schrittzaehler-fuer-

  17. http://www.freitag.de/autoren/gebe/schritte-zaehlen-fuer-das-jobcenter

    Die Aktion sei ein Teilprojekt der Aktion 50plus.

    Unter gleichem Motto zwingt das Jobcenter Nienburg derzeit ältere Hartz IV Betroffene an einem Kurs zur Raucherentwöhnung teilzunehmen.

    Ob ich mich verlesen habe? Das klingt alles so plemmplemm.

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