Podium des Stadtfrauenrates: Die Männer sind im Wahlkreis 16

Die meisten Kandidat_innenpodien für den Wahlkreis 15 fanden bislang irgendwo im Kreis Vorpommern-Rügen statt. Es gab in einer ganz frühen Phase mal ein AStA-Podium. Danach war es in Greifswald erst mal ruhig, bis gestern der Stadtfrauenrat ins Haus der Begegnung im Ostseeviertel lud. Die Veranstaltung war demzufolge gut besucht. Der thematische Schwerpunkt lag auf Frauenpolitik, Gleichstellung, Arbeitsmarkt und Sozialem.
Die meisten Kandidat_innenpodien für den Wahlkreis 15 fanden bislang auch irgendwie ohne die CDU statt. Dialog ist nicht so die Sache der hiesigen Kandidatin (sie fühlt sich dabei etwas unwohl) und mit Vertretungen tat sich die CDU auch schwer. Gestern gab es einen Eindruck, warum. Kurzfristig wurde Mechthild Thonack aufgeboten, weil weit und breit die einzige Frau, die die Greifswalder CDU finden konnte.
Es war, nun ja, beeindruckend. Wenn sich eine Vertreterin einer Partei auf ein solches Podium setzt, dann vertritt sie diese Partei. Muss man anscheinend gelegentlich dran erinnern. Kostproben: Eine Quote bräuchten wir nicht, die „Zeit“ werde alles regeln. „Wir diskutieren das aus“ hieß es, wo nach einer klaren Position zum Mindestlohn gefragt war. Immerhin wurde so deutlich, dass das Sowohl-als-auch der CDU in Wirklichkeit ein völliger Wirrwar ist, also das genaue Gegenteil eines klaren Konzeptes. Und natürlich: „Frau Merkel hat im TV-Duell gesagt, dass da etwas passieren muss.“ Super! Wer regiert hier eigentlich seit acht Jahren?
Auch Gino Leonhard (FDP) ließ sich vertreten und zwar von Katja Wolter, wohnhaft offenbar auf einem anderen Planeten. So tun, als ob prekäre Beschäftigung durch Ignorieren verschwindet, null Antwort auf die Frage, ob ein Arbeitslohn denn nicht zum Leben reichen muss, das ist FDP. Dazu sprach Wolter gerne über banale Dinge statt über Politik und beklagte sich über den selbstfabrizierten Fachkräftemangel. Auch hier dürfen wir gerne fragen, wer hier Wirtschaftsminister gestellt hat in den letzten vier Jahren. Für die FDP ist der Staat grundsätzlich mal böse, und wo man ihn dann doch mal braucht, darf er halt nicht „Staat“ heißen. Wer nicht will, dass Politik die Gesellschaft gestaltet, sollte auch nicht gewählt werden.
Die Rolle von Susanne Wiest gleitet hingegen immer mehr ins Tragikomische ab. Die Aufgabe eines Wahlpodiums kann es wohl kaum sein, ein großes Bingo zu füllen, in dem einzig der Begriff „Grundeinkommen“ eingetragen ist. Ein Allheilmittel als Lösung für alles, ach, wenn die Welt mal so einfach wäre. Wenn es konkret werden soll, hört sich das dann ungefähr so an: Zur Finanzierung des BGE „gibt es da verschiedene Modelle“. Mehr war in den letzten fünf Jahren offenbar nicht drin. Über eine Frauenquote wiederum denke sie nach. Das macht Merkel unter Umständen auch. Zur Vermögenssteuer macht Susanne Wiest den Nerz und liegt unbeabsichtigt richtig, denn natürlich hat die Piratenpartei zu finanzpolitischen Grundsatzfragen keine Position.
So viel Unterhaltung konnten Claudia Müller, Sonja Steffen und Kerstin Kassner nicht bieten. Das grün-rot-rote Trio war sich bei vielen Themen ziemlich einig, sei es Quote, sei es Mindestlohn (abgesehen von der Frage, wie hoch er sein soll), sei es Leiharbeit. Für die Differenzen fehlte ansonsten die Zeit und die entsprechenden Fragen. Einzig die für mich arg verwunderliche Aussage im Schlussstatement von Sonja Steffen, in der Landwirtschaft laufe es in MV gut, war bemerkenswert, ging aber leider etwas unter. Wer also neben einer vernünftigen Frauen-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik auch die Agrarwende möchte, sollte also lieber Grün wählen, die SPD ist da noch nicht so weit.
Und was auch zu meinem beständigen Leidwesen mal wieder nicht gefragt wurde: Passen die Wünsche und Programme insgesamt in einen Haushaltsplan? Und dass dann sowieso nicht mehr viel übrig bleibt, weil da auch die Linke ausscheidet, ist bekannt.

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