Die Bündnisgrünen füllen anlässlich der Wahl von Winfried Kretschmann die Spalten der Zeitungen bzw. der entsprechenden Online-Auftritte. Die taz stellt ein Strategiepapier von Claudia Roth vor, in dem diese, leicht beschönigend, dafür wirbt, die Grünen müssten ihre Kompetenzen in der Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik „schärfen“.
Die Zeit lässt Arvid Bell, bezeichnet als junger Hoffnungsträger der linken Grünen, zu Wort kommen. Dieser fordert, Bündnisgrüne müssten „radikal und provokant bleiben“.
Als ich dies so las, erinnerte ich mich an eine Diskussion mit einem Kollegen vor ca. zwei Wochen. Schnell waren wir uns einig, dass Bündnisgrüne für die Zukunft Politikfelder brauchen, bei denen wir anderen Parteien, so wie wir es in der Atomfrage waren, voraus seien müssen. Auch waren wir uns einig, dass dies u.a. auch die Sozialpolitik sein müsste.
Umso mehr kann ich dem heutigen Kommentar von Ines Pohl, Chefredakteurin der taz, folgen, die in Bezug auf den Atomausstieg feststellt, der grüne Gründungsauftrag [sei] eigentlich erfüllt und weiter fragt: Und nun? Ein gelöstes Problem taugt nicht, um damit Stimmen zu fangen. Sicher, die Grünen haben irgendwie das Copyright auf den Atomausstieg. Aber dieser Ruhm wird verblassen.
Auch meint sie: Als sinnstiftendes Thema ist der Atomausstieg passé. Wollen die Grünen dauerhaft eine führende Rolle in der deutschen Parteienlandschaft spielen, werden sie nicht darum herumkommen, in der Sozialpolitik Farbe zu bekennen: Wollen sie wirklich einen höheren Hartz-IV-Satz, den ihre Klientel zahlen müsste? Wollen sie wirklich eine Bürgerversicherung, die die grünen Besserverdienenden zur Kasse bittet? Sind sie mutig und innovativ genug für eine echte Debatte über das bedingungslose Grundeinkommen?
Recht hat sie. Wir in MV, wo vieles ja gerne 50 Jahre später kommt, sind da ganz schön weit. Zu einer wirklich fortschrittlichen Sozialpolitik, die den Bündnisgrünen abgenommen werden kann, gehören für mich zunächst gewisse Eingeständnisse. Soweit sind wir schon, wenn zentrale Regelungen von Hartz IV in einem Beschluss der LDK 2009 in Schwerin als „Fehler“ angesehen werden. Zwar ist uns die LDK damals nicht in unserem Antrag, Hartz IV insgesamt als Fehler zu bezeichnen, gefolgt, aber mit dem gefundenen Kompromiss kann ich leben. Mehr dazu hier.
Auf der letzten LDK, Anfang April 2011 in Rostock, haben wir beschlossen, dass der Landesverband unverzüglich nach der LT-Wahl (vorher ist schlicht und ergreifend keine Zeit) mit einem zweitägigen Fachtag zum „bedingungslosen Grundeinkommen“ die Sozialpolitik in den Fokus nimmt und ernsthaft in diese Debatte einsteigt.
Also, schärfen wir mal unser Profil…
[…] grüne Politik ohne Lösung der sozialen Frage und ohne Gleichberechtigung nicht funktioniert. Gelegentlich müssen wir uns selbst daran erinnern. In Sachen Gleichberechtigung fällt im Übrigen auf, dass […]
„… grüne Politik für die linke Mitte …“
Alleine dafür kann Claudia Roth schon ein Patent beim Deutschen Patentamt der politischen Beliebigkeiten anmelden.
Nur diese sonnige Mitte ist doch schon gelb, rot und natürlich schwarz besetzt.