Wie wäre es mit ein wenig Hintergrund? *Update*

Erfreulich ist, dass sich die OZ auf S. 4 der gedruckten Ausgabe des Themas „Hartz IV“ annimmt („Immer mehr Arbeitslose rutschen direkt in Hartz IV“, s. auch den Kommentar S. 2). Leider schafft sie es zum wiederholten Male nicht, den nötigen Hintergrund zu vermitteln. Auch die Folgen für die Betroffenen werden nur ungenügend beleuchtet.

Dabei ist es gar nicht so schwer: Erklärtes Ziel der Hartz-Reformen war die Herstellung und der Ausbau eines Niedriglohnsektors. Denn wie sagte der Oberreformer und Chef der für die Einführung der Hartz-Reformen verantwortlichen rot-grünen Regierung, der damaliger Kanzler Gerhard Schröder, auf dem Weltwirtschaftsforum Januar 2005 in Davos: Wir müssen und wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt… Was war nochmal das Ziel der Hartz-Reformen? Frank-Jürgen Weise, der Chef der Bundesagentur für Arbeit, erklärt es  uns. Aus dem zitierten SPON-Interview: Das Ziel der Hartz-Reform war es, den Arbeitsmarkt flexibler zu gestalten. Davon erfahren wir leider nichts aus der OZ, auch der Kommentar schweigt sich dazu aus.

Auch die für die Betroffenen verheerenden Folgen des Absturzes ins Arbeitslosengeld II bleiben unerwähnt. Zwar heißt es zum Grund in einem Zitat: Oder der früher erzielte Lohn war zu niedrig, um mit dem Arbeitslosengeld den Bedarf zu decken, und der Beroffene muss mit Hartz IV aufstocken.

Doch was bedeutet das für die Betroffenen? Sie sind, obwohl mit einem, wenn auch niedrigen, ALG I-Anspruch ausgestattet, dem System „Hartz IV“, der Verfolgungsbetreuung und unmenschlichen Behandlung durch die Jobcenter gnadenlos ausgeliefert. Denn mit dem Bezug von gleichzeitigem ALG I mit aufstockendem ALG II sind nicht die relativ günstigen Regeln des SGB III mit Ansprüchen auf Maßnahmen wie Qualifizierung etc., sondern die des SGB II für sie maßgeblich. Mit allem was dazu gehört: Keinerlei Ansprüche auf Maßnahmen, nur im Ermessen der Behörde stehende Leistungen, ins Existenzminimum eingreifende Sanktionen, Zwangsarbeit, Einordnung in eine Bedarfsgemeinschaft usw. Hier, und nicht in der OZ, ist einiges dazu beschrieben.

*Update*

Der OZ-Blogger stellt den Artikel und den Kommentar in einen anderen Zusammenhang; „Nichts Neues“

7 Kommentare bei „Wie wäre es mit ein wenig Hintergrund? *Update*“

  1. „Erfreulich ist, dass sich die OZ auf S. 4 der gedruckten Ausgabe des Themas “Hartz IV” annimmt“

    Im Grunde genommen ist es nicht erfreulich, weil wieder vertuscht, oberflächlich beschrieben und somit ein falscher Eindruck erzeugt wird.

    Dass die OZ sich des Themas annimmt, hat zwei Gründe:
    1. Materialknappheit
    2. Alle berichten, viele kostenlos; also gab es Agenturmaterial zum Verwursten

    „Dabei ist es gar nicht so schwer“

    Doch, für die OZ so schwer, dass sie es nicht kann und auch in Zukunft daran nichts ändern wird.
    Zu bedenken ist, dass Alg 2-Berechtigte kaum OZ-Abonnenten sind. Hinzu kommt und wiegt schwerer, dass die OZ seit sechs Jahren über Alg 2-Berechtigte schrieb, als seien alle Betroffenen selber schuld, faules Pack, das betrügt, wann und wo es nur geht, das überwacht werden muss und auch noch wagt, gegen falsche Bescheide oder gegen Sanktionen vorzugehen. Deshalb ist es richtig, aus ihnen Ein-Euro-Sklaven zu machen, die für jede (Drecks-)Arbeit unter elendesten Bedingungen eingesetzt werden können.Dagegen sind die Mitarbeiter in den Argen Lämmer, die nichts falsch machen. Wie können Redakteure, die so oder so ähnlich jahrelang Propaganda betrieben haben, ganz locker nun ausgewogen und kenntnisreich über das Thema schreiben? Ausgeschlossen. Weder wollen sie es noch können sie es.
    Damit reiht sich die OZ bildlich ein in die Reihe der nachplappernden Medien, die sich zu Gehilfen jener machen, die letztendlich mitverantwortlich sind für (bildlich) die soziale Kälte in Deutschland.

  2. Noch bevor das neue Jahr beginnt, jetzt schon Danke!

  3. @ Lupe: Vielen Dank für die Anmerkungen und guten Rutsch!
    @ Frank: Dankeschön und ein gutes Jahr 2012!

  4. Was bitte schön ist „Verfolgungsbetreuung“?

  5. @ Gregor Kochhan

    Für das Dankeschön und die guten Wünsche bedanke ich mich und erwidere sie gerne, denn Sie engagieren sich ja für Benachteiligte dieser Gesellschaft sehr. Ich ermuntere Sie gern, so weiter zu machen und auch so oft es geht unbequem zu sein!

    Ich bin 1989 nicht für diese unerträglich steigende Armut, Ausgrenzung und Oberflächlichkeit in dieser Gesellschaft auf die Strasse gegangen, sondern damals für eine wirklich demokratische DDR ohne Mauer.

    Die Chancen, die man 1990 hatte, aus beiden Ländern und deren Errungenschaften für ALLE Bürger ein soziales und lebenswertes Deutschland zu schaffen, sind wohl vertan!

    Mit Sorge denke ich daher oft an meine Tochter und Enkelkind!

    Frank

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