Workshop und Lesung mit Konrad Ott und Toralf Staud
Dass unser übermäßiger Konsum sich nicht gut mit ökologischen Zielen verträgt, ist zwar immer noch wahr, aber eine olle Kamelle. Allein die Geschwindigkeit, mit der Ressourcen aufgebraucht werden und Ökosysteme durch Produktion und Entsorgung vernichtet werden, lässt Umweltbesorgten die Mundwinkel sinken. Was die Shopping-Mentalität für eine lebendige Demokratie bedeutet, wird bisher kaum thematisiert. Welche Rolle spielen Werbung, Shoppen und Entertainment bei der politischen Abstinenz der Bürger/innen und bei der Unfähigkeit (oder Trägheit?) der Gesellschaft, die längst als notwendig anerkannte umweltpolitische Wende zu vollziehen?
Was hat Konsumismus mit bürgerlichem Engagement zu tun? Können wir von Konsument/innen erwarten, dass sie sich Politiker/innen wählen, die ihrer Kauflust Steine in den Weg legen? Lassen sich Zielkonflikte durch „grünen“, also öko-sozial korrekten Konsum, aus dem Weg schaffen? Gibt es realistische Alternativen?
Die AG Konsumkritik der Grünen Hochschulgruppe Greifswald lädt dazu ein, zu diesen Fragen Lösungsstrategien zu entwickeln. Konrad Ott und Toralf Staud werden die Diskussion mit ihren spannenden Gedanken zum Thema bereichern.
Im Anschluss, nach einer etwa halbstündigen Pause, wird Toralf Staud aus seinem vor Kurzem erschienen Buch „Grün, grün, grün ist alles, was wir kaufen“ lesen. Darin entblößt er auf unterhaltsame Weise zahlreiche Fälle, in denen durch geschicktes Marketing, umweltschädlichen Produkten ein grünes Image verliehen wird. Der Autor lässt uns hinter die Marketing-Maske blicken und liefert damit unverzichtbare Information, damit man den Verheißungen nicht auf den Leim geht.
Prof. Konrad Ott: Professor für Umweltethik an der Uni Greifswald
Toralf Staud: Journalist u.a. für die ZEIT und das Greenpeace Magazin, Autor u.a. des Buchs „Wir Klimaretter“und Initiator des Blogs www.klima-luegendetektor.de
Anne Klatt: Moderation, Studentin, AG Konsumkritik und Grüne Hochschulgruppe Greifswald
Ablauf:
17:00 – 19:30 Diskussion
19:30 – 20:00 Kleine Stärkung mit politisch korrekten Schnittchen
20:00 Autorenlesung mit Toralf Staud: „Grün, grün, grün, ist alles, was wir kaufen“
Ein interessantes Thema. Was hat Konsumismus mit bürgerlichem Engagement zu tun? Meine Antwort: Nichts.
Bei diesen Themen muss ich immer an meinen über alles geliebten und geschätzten Großvater denken, der oftmals sagte: Vornehm geht die Welt zu Grunde und der zu gern Politik mit weißem Käse verglich.
Nun gut, ich freue mich jedenfalls, dass es eine Partei gibt, die dieses Thema Konsum konkret anspricht.
Sah ich doch gestern abend eine Sendung mit Kerner, der bestimmt über eine halbe Stunde Sendezeit nutzte, um den Zuschauern zu erklären, dass es Käse gibt, der gar kein Käse ist, sondern eine aus Pflanzenfett, Milcheiweis und anderen Zusatzstoffen zusammen gerührte und irgendwie hart gemachte Pampe. Das darf in Deutschland verkauft werden, ohne dass der Kunde davon eine Ahnung hat.
Das ist nur ein Beispiel, aber davon gibt es eine Vielzahl.
Was mich sehr wütend macht, sind giftige Stoffe im Kinderspielzeug, eine absolute Sauerei.
Und für alle, die mitunter eine bestimmte Wortwahl nicht mögen, schreibe ich jetzt mal in Deutsch: Beschiss ist eben Beschiss und Giftstoffe in Kinderspielzeug eine riesen Sauerei.
Ich wünsche den Grünen viel Kraft, denn ich will wissen, was ich esse.
Hallo Bürger,
ich behaupte, dass die Konsumkultur sehr wohl Einfluss auf das Tun & Lassen der Menschen hat. Werbung dient dazu, in uns Wünsche & Begehren zu wecken. D.h., nicht daran zu denken, was der Gesellschaft als solches vielleicht gut tun würde, sondern was MIR eventuell das Leben netter machen könnte. Sie fördert das Selbst-Verständnis als (selbstbezogene) Konsumenten und nicht das als (gesellschaftsbezogene) Bürger.
Auch nimmt der Akt des Angebote-Sichten, von Werbung „inspirieren“ lassen, einfach mal Einkaufs-Bummeln usw. IMMER MEHR Zeit und Raum in unserer Gesellschaft ein. Das bindet geistige Ressourcen, lässt kritische und kreative Potenziale verkümmern und puffert einen von politischen Vorgängen ab (Wenn bspw. die Aldi-Seite der Zeitung intensiver gelesen wird als das Inhaltliche…)
Aber es gibt auf jeden Fall jede Menge Diskussionsstoff für Dienstag!
[Wenn ich von Konsumkultur oder einfach nur Konsum(ismus) rede, meine ich immer das Übermaß; also Marke „Hobby: Shoppen“ usw. ]
Liebe Anne, ich bin mir sicher, wir meinen beide das Gleiche.
Wenn ich schreibe: Was hat Konsumismus mit bürgerlichem Engagement zu tun und meine Anwort „Nichts“ ist, beziehe ich mich auch auf das Übermass. Wirtschaft ankurbeln heisst doch für viele Politiker kaufen, kaufen,kaufen.
Die Konsumkultur, wie sie derzeitig betrieben wird, ist meiner Meinung nach einfach nur noch krank.
Yupp! So weit die Diagnose -aber welche Therapie? Und wie sähe eine „gesunde“ Konsumkultur aus?
Liebe Anne, eine gesunde Konsumkultur braucht erst einmal gesunde Menschen.
Da sie in unserer Oberschicht leider nicht zu finden sind, mache ich mir da ehrlich gesagt wenig Hoffnung.
Das mag sich jetzt vielleicht sehr böse anhören, aber wer sich intensiv damit beschäftigt, wird sehr viel finden
Sorry, wenn die ich die Existenz einer „gesunden Konusmkultur“ anzweifle. Konsum ist ein Mechanismus des unreflektierten Einverleibens und nicht von den kapitalistischen Rahmenbedingungen abtrennbar wie ich hier: http://blog.gruene-vorpommern-greifswald.de/2009/08/17/konsumkritik bereits beschrieben habe. Eigentlich hatte ich den Eindruck, dass Anne unter dem Begriff Konsumkritik ebenfalls eine tiefgreifendere Kritik versteht, insofern verwundert mich ihre Reduktion der Kritik auf die durch Werbung produzierte Suggestion. Wenn ich von Konsumkritik rede, meine ich gerade nicht das Übermaß, weil dies in meinen Augen eine Folgeerscheinung ist. Es kann nicht sein, dass vorgeblich emanzipatorische Politik auf erzieherischer Ebene tätig wird und nicht bereit ist, Strukturen kritisch zu hinterfragen… Nebenbei stört mich an dem einleitenden Beitrag auch massiv, dass weiter unreflektiert mit schwammigen Begriffen handtiert wird und keine Bereitschaft bei den Grünen zu erkennen ist, sich einer Grundsatzkritik zu stellen. Aus jeder Zeile prangt der reformistische Ansatz, den der sozialliberale Realoflügel den Grünen aufgezwungen hat und der uns mit jeden Tag näher an den Abgrund führt.
Lieber Ronald,
ein wunderbarer Beitrag! Genauso habe ich mir die Diskussion vorgestellt! 😉
Ich habe lange überlegt, ob es ein „gesundes“ Konsumniveau geben kann und diese Frage auch im Workshop diskutieren lassen. Ausgangspunkt der Überlegung ist, dass jeder Mensch ein gewisses Maß konsumieren muss, um zu überleben (Du siehst, ich bezeichne nicht nur das Übermaß als Konsum; selbst die Lebensmittelkette hieß ja zu DDR Zeiten „Konusm“…). Und dann gibt es auf der anderen Seite der Skala solche Menschen, die gar nichts mehr selber mit ihren eigenen Händen kreieren und shoppen (inkusive darüber nachzudenken, was sie noch brauchen und kaufen könnten) standardmäßig als dominantes Tageswerk erleben. Hier ist klar, es geht nicht um die Befriedigung von Bedürfnissen durch das Kaufen, sondern das Kaufen selber ist das Bedürfnis.
Und ich frage mich, wie lässt sich das voneinander abgrenzen? Wo beginnt das „Übermaß“? Wodurch kommt es, dass Menschen zum Geld ausgeben verführt werden? Dass sie sich cool fühlen, wenn sie mit Nike-Turnschuhe und einer Coke durch die Gegend stapfen? Und dass sie unglücklich sind, wenn sie sich etwas nicht leisten können, was sie aber unbedingt haben wollen usw.?
Es ist ein interessantes Gedankenspiel, wie sich das im Sozialismus, Kommunismus, Anarchismus oder wo auch immer verändern würde. Und wenn ja, wovon diese Änderung verursacht werden. Und ich kann mir vorstellen, dass die Werbung da durchaus ein relevanter Faktor ist. Ist ja nicht umsonst auf Kuba verboten worden.
Eine sehr interessante und ernstzunehmende These ist auch die von Mesching/Stuhr, dass einer der treibenden Kräfte der Wiedervereinigung der Wunsch nach Westprodukten war.
Fazit: „gesund“ und „krank“ erscheint mir eine brauchbare Metapher, da jeder sofort begreift, dass es eine subjektive Skala ist, eine Wertung impliziert ist und man nicht ohne weiteres sagen kann: „das ist krankhaft“ und „das nicht“ – denn so einfach ist das in der Medizin auch nicht.
Liebe Anne,
zuerst würde ich erstmal das gesunde Maß dessen, was der Mensch zum Leben benötigt nicht als Konsum bezeichnen; Konsum beschreibt in meinen Augen immer auch ein Besitzstanddenken „Ich muss es haben, ich muss es besitzen.“ Die Notwendigkeit einer Bedürfnisbefriedigung wird es wohl auch in jeder nachkapitalistischen Zeit geben, egal wieviele Menschheitsepochen uns noch gegeben sind, aber nach uns wird es keinen Konsum mehr geben, weil dies unser Planet nicht verkraften würde. Es gibt heute ganz simple Beispiele, die durchaus mit euren Ansätzen konform sind, sei nur mal das Car-Sharing genannt: Warum muss jeder Bürger ein Auto besitzen?
Als nächstes stören mich Wörter wie kaufen oder shoppen, diese machen nur Sinn solange die bürgerliche Eigentumslogik überlebt und sie wird es definitiv nicht in eine nachkapitalistische Zeit schaffen, dies ist ökologisch begründbar, sofern wir nicht das Aussterben des Menschheit riskieren wollen.
Die ganze Markenlogik ist mir bestenfalls eine Randnotiz wert, die Notwendigkeit des Sterbens der Marken und des damit verbundenen Patentwesens wird schon heute in der pharmazeutischen Industrie sichtbar. (Stichwort: Aids in Afrika)
Und zu deinen Vergleichen Kuba etc… nein das sind keine Modelle die mir vorschweben: Stell dir vor es gibt keine Länder und keine Regierungen mehr, alle Regionen sorgen für sich selbst, was sicher auch zu einer gewissen Völkerwanderung führen wird und stehen aber in einem interregionalen Kontakt und einem weltweiten Solidarverbund z.b. durch ebenfalls weltweite Foren, um auf diesem Wege nach den besten Problemlösungen zu suchen…
Vielleicht sollte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, daß es in Greifswald mindestens ein praktiziertes Car-Sharing-Modell gibt: Die Grünen Vorstandsmitglieder Ruth Terodde, Gregor Kochhan und meinereiner teilen sich mit dem KV insgesamt ein Auto. Ersparnis: Drei Blechhaufen in der Greifswalder Innenstadt.
Nachtrag: Da ich am Ende etwas in Utopie ausgeartet bin und ich S. Fassbinder keine Basis zur Polemisierung geben will, sei mir noch ein Zitat von Wolfgang Pohrt erlaubt: „Zwar ist das Kapital nur begreiflich, wenn man es abschaffen will, aber wenn man es abschaffen will, ist es immerhin tatsaechlich zu begreifen.“ … einfach nur zum Nachdenken…
Lieber Ulrich,
ich habe auch nicht behauptet, dass die Grünen gegen alternative Politik wären, nur ist diese immer weniger spürbar… mal von Freiburg und einigen wenigen anderen Orten abgesehen und das Gefühl eint mich offenbar u.a. auch mit Jutta Ditfurth. Die Grünen sind als Widerstandsbewegung entstanden und sollten sich dessen besinnen und nicht den reformistischen Weg einer SPD gehen, die sich z.B. von Mördern wie Noske beeinflussen ließ, nachdem sie diese zu Ministern gemacht hat… Allerdings habe ich da nach dem Katholiken (besonders betont aufgrund der fatalistischen Grundausrichtung) Fischer im Aussenministeramt (Stichwörter: Kosovo, Afghanistan) so meine Zweifel.
Sorry wenn ich immer wieder vom Thema abschweife, irgendwie habe ich die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, dass die Grünen irgendwann erkennen, dass Reformen ein System vielleicht verschieben aber nicht wirklich verändern können. Das ganze reformistische Gesülze führt lediglich zu einer Systemstabilisierung, was nun auch wieder am Beispiel der Gewerkschaften nachweisbar wäre… Wenn ein Haus den Ansprüchen nicht mehr genügt, muss ein neues Haus gebaut werden, denn ein Innenarchitekt wird die stützenden Wände sicher nicht entfernen und die Grünen verhalten sich als wären sie Innenarchitekten bzw. „Krankenpfleger am Bett des Kapitalismus“…
Um es nochmal auf den Punkt zu bringen das Meretz-Zitat aus den Roth-Sommertour-Kommentaren:
„Eine Gesellschaft ohne Arbeit, Geld und Staat bedeutet auch eine Gesellschaft ohne “Parteien”. Es bedeutet, dass gänzlich andere Bewegungsformen für gesellschaftliche Konflikte genutzt werden als die bekannten – eben auch andere als “Parteien”. Es ist unmöglich, Geld mit Geld abzuschaffen, Parteien mit Parteien oder Staat mit Staat. Wir werden das Alte nicht auf dem Feld des Alten schlagen, sondern wir müssen ein neues Feld konstituieren.“
Zitat: „Lassen sich Zielkonflikte durch „grünen“, also öko-sozial korrekten Konsum, aus dem Weg schaffen?“
„Grüner Konsum“ ist also „öko-sozial korrekter Konsum“. Was mich an den Grünen wirklich tierisch nervt, ist deren Glaube an eine absolute Wahrheit. Die dann natürlich immer nur ihre eigene Wahrheit sein kann. Und zwar ausschließlich. Dass man selbst bis dahin chilenischen Rotwein trank, dazu französische Gänseleberpastete aß und am liebsten nach Italien in den Urlaub flog, ist plötzlich vergessen.
Übrigens hat der Konsum in der Generation der Kinder und Enkel von ’68 erst dieses heutige Ausmaß angenommen. Darüber sollte man mal nachdenken.
Völliger Quatsch.
Hier geht es mit Sicherheit nicht um Rotwein, französische Gänseleberpastete oder Urlaubsreisen ins Ausland.
Was glauben Sie, warum Allergien immer mehr zu nehmen, gerade bei kleinen Kindern?
Von den Werbeprospekten, die mir sagen wollen, dass ich bestimmte Dinge unbedingt für mein Wohlbefinden benötige, lasse ich mich auch nicht besudeln, aber es piept mich an, dass ich beim Einkaufen bald eine Lupe benötige, um das Kleingedruckte lesen zu können.
Was glauben Sie, warum es immer noch die tollen Produkte für Diabetiker, die vor allem sehr teuer sind, in den Regalen gibt, obwohl sie eher schädlich als nützlich für Diabetiker sind. Die Bundesregierung weiss das seit 10 Jahren und unternimmt nichts dagegen?
Hier geht es nur ums Geld und es ist den Herstellern erlaubt, zu tricksen, zu täuschen …….