Diesmal: Ein Tourismus, der nicht am eigenen Ast sägt
Selbst wenn es hier, wie in den letzten 14 Tagen häufig, auch mal mitten im Sommer so zugeht wie im schottischen Herbst, ist der Trend unaufhaltsam. Der Tourismus brummt an der vorpommerschen und mecklenburgischen Küste und noch mehr auf den vorgelagerten Inseln.
Auf der einen Seite ist die Freude groß. Touristinnen und Touristen bringen Geld und halten einen nicht unbedeutenden Teil der Wirtschaft am Laufen. Einige angenehme Nebeneffekte sind auch nicht von der Hand zu weisen. So ist Mecklenburg-Vorpommern deutlich mehr Menschen ein Begriff als einige andere (und größere) Bundesländer, durch dauerhaften Zuzug in landschaftlich attraktive Regionen wird der demographische Abwärtstrend leicht gedämpft.
Auf der anderen Seite stehen Entwicklungen, die Anlass zum Innehalten geben:
Da wird auf vielen Straßen, besonders auf den Inseln und ihren Zufahrten, der Stau zum üblichen Zustand des Verkehrs und es ist eigentlich allen klar: Mehr Autoverkehr kann nicht mehr untergebracht werden.
Da berichten auf Usedom ansässige Menschen (die ja fast alle mehr oder weniger mit der Tourismuswirtschaft zu tun haben) von Zuständen, die man mit allem Möglichen identifizieren möchte, bloß nicht mit dem Begriff „Erholung“.
Da platzt der unmittelbare Küstenbereich aus allen Nähten, doch zehn Kilometer landeinwärts bleibt vom Tourismusboom nicht mehr viel übrig. In vielen, landschaftlich durchaus attraktiven Regionen kommt nicht viel an.
Zusammengenommen wird klar: Der Tourismus darf nicht den Ast absägen, auf dem er selbst sitzt. Wer in Mecklenburg-Vorpommern Urlaub macht, tut dies um der Landschaft und des Naturerlebnisses willen. Oberstes Ziel einer Tourismuspolitik, die diesen Namen verdient, muss es daher sein, Erholungsräume zu schützen. Das heißt: Unbedachte Großprojekte mit erheblichen Eingriffen in Natur und Landschaft sind am Ende kontraproduktiv und zerstören mehr, als sie nützen.
Wir wollen den Tourismus weiterentwickeln, indem wir auf drohende oder tatsächliche Fehlentwicklungen reagieren. Wesentliches Augenmerk muss der Entwicklung des Hinterlandes und bislang vernachlässigter Räume gelten. (Der Begriff „Hinterland“ ist immerhin eine der erfolgreichsten Innovationen der deutschen Sprache.) Dazu sind Formen des Tourismus zu fördern, die hierfür besonders geeignet sind. Zu nennen sind hier der Kulturtourismus, der Fahrradtourismus sowie die Verknüpfung von Tourismus und naturnaher Landwirtschaft. Schließlich sind konsequent Verkehrskonzepte zu entwickeln, die alle Verkehrsträger des Umweltverbundes so miteinander verknüpfen, dass von der eigenen Haustür an bis an Peene, Bodden und Streckelsberg durchgängig eine Fortbewegung ohne Auto bequem ermöglicht wird.
Wenn wir erreichen wollen, dass Mecklenburg-Vorpommern weiterhin ein attraktives Urlaubsland bleibt, dürfen wir nicht alle Dinge einfach laufen lassen.