In der Reihe „Wohnen weitergedacht“ fand am 6. Mai im Roten Salon der Brasserie Hermann eine öffentliche Diskussionsveranstaltung mit Silke Gajek, Obfrau für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ sowie Cornelia Kampe vom Kreisverband BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vorpommern-Greifswald statt.
Mit der Veranstaltungsreihe möchte die Landtagsfraktion die Ergebnisse der Enquete-Kommission vorstellen, mit den Menschen vor Ort diskutieren und erste Ansätze für eine demografiesensible Neuausrichtung der Wohnungspolitik weiterdenken.
„Wenn wir den demografischen Wandel positiv gestalten wollen, dann brauchen wir Mut zur Veränderung und auch eine gute Portion an Bereitschaft zum Quer- und Neudenken“, so Gajek.
Wohnen im Alter verbinden die meisten Menschen mit dem Wunsch, so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben im vertrauten Wohnumfeld zu führen. Die Politik steht damit vor der Herausforderung, zukunftsfeste Lösungen für ein Zusammenleben der Generationen zu finden, die diesem Anspruch gerecht werden. Was muss die Politik tun, um möglichst lange ein aktives Altern daheim und vor Ort zu ermöglichen – nicht nur im städtischen Bereich, sondern auch in den ländlichen Räumen?
Diesen Fragestellungen widmet sich der erste Zwischenbericht der Enquete-Kommission, aus dem Silke Gajek im ersten Teil des Abends erste Ergebnisse präsentierte.
Mit anschaulichen Beispielen verdeutlichte sie den massiven Handlungsbedarf für den Ausbau weitgehend barrierefreier Wohnungen. Schon heute fehlen in Mecklenburg-Vorpommern 35.000 (weitgehend) barrierefreie Wohnungen und für 2030 muss ohne politisches Gegensteuern mit einer Bedarfslücke von rund 53.000 (weitgehend) barrierefreien Wohnungen gerechnet werden.
Auch die Versorgungsquote mit ambulanten Pflegewohngemeinschaften liegt deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt. Das Angebot an betreuten Wohnanlagen müsste, um nur annähernd bedarfsdeckend zu sein, verdoppelt werden. Silke Gajek: „Der demografische Wandel bringt für uns alle Veränderungen und erfordert es auch beim Wohnen weiterzudenken. In Zukunft muss das Angebot an barrierefreien aber auch alternativen Wohnformen in Mecklenburg-Vorpommern deutlich wachsen. Männer und Frauen mit oder ohne Unterstützungsbedarf sollen aus einem vielfältigen Wohnangebot auswählen können, das ein selbst bestimmtes Leben im vertrauten Wohnumfeld befördert.“
Einen weiteren Schwerpunkt widmete Silke Gajek den Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission zum Ausbau der Wohnberatung, einem sozialraumorientierten Quartiers-, Stadt- und Dorfmanagement, der Schaffung von weitgehend barrierefreiem Wohnraum sowie der Städtebauförderung.
Einen besonderen Fokus legte Sie auf das Wohnumfeld: „Wohnungspolitik hört nicht vor der Haustür auf! Angefangen von der Barrierefreiheit im öffentlichen Raum über die Nahversorgung bis hin zu innovativen Mobilitiätskonzepten entscheiden eine Vielzahl an Faktoren über die Grenzen und Möglichkeiten einer selbständigen Lebensführung“, so Gajek.
Mit den Gästen, unter anderem aus der WGG und dem Seniorenbeirat, diskutierten Silke Gajek und Cornelia Kampe vom Kreisverband BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vorpommern-Greifswald über die Herausforderungen. Dabei wurden durchaus unterschiedliche Ansätze in der Beurteilung der Situation im ländlichen Raum deutlich. Cornelia Kampe verdeutlichte: „Das Land muss einen Ansatz finden, die Entleerung des ländlichen Raums zu verhindern. Die erforderliche Infrastruktur für ältere Menschen auf dem Land muss gewährleistet werden.“
Silke Gajek machte auf die Chance aufmerksam das Aktivitätspotential im ländlichen Raum zu nutzen: „Neben investiven Maßnahmen in die Gestaltung der Infrastruktur ist es notwendig Angebote zu schaffen, die das Gemeinschaftsgefühl stärken, die Kooperation verbessern und die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger stärken“, erläuterte Gajek. Als ein Modell stellte sie das Projekt: „Zeitbank“ vor, das darauf gründet, dass SeniorInnen jüngeren Menschen günstigen Wohnraum zur Verfügung stellen und die jüngeren MitbewohnerInnen im Gegenzug Zeit für Einkäufe, Gespräche, Hilfe im Haushalt etc. zur Verfügung stellen. Das Projekt stieß insbesondere beim Vertreter des Seniorenbeirats auf offene Ohren. Denn in Greifswald gibt es bereits Gespräche zwischen Seniorenbeirat und AStA zu einem solchen Modell.
Einig waren sich die Anwesenden, dass mit den finanziellen Mitteln konzentrierter und effektiver umgegangen werden sollte. Kurzfristige Projekförderungen wurden nicht als zielorientiert angesehen. Stattdessen solle das Geld besser in kontinuierliche und qualitativ hochwertige Arbeit und Projekte investiert werden.